Ohnmächtig oder selbstbestimmt? Du entscheidest!
Ohnmächtig
Ich schrecke hoch und starre auf mein Handy. So ein Mist. Ich bin wieder eingeschlafen. In 35 Minuten muss ich im Zug sitzen, zehn Minuten brauche ich bis zum Bahnhof. Das wird verdammt knapp. Mein Magen krampft sich zusammen.
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Wieso passiert mir das immer wieder? Und dann auch noch genau heute, wo wir die ersten beiden Stunden Anatomie bei Frau Dr. R. haben. Sie empfindet jedes Zuspätkommen als persönliche Beleidigung und stellt denjenigen erst mal bloß. Ich hasse das. Ich springe aus dem Bett, die Laune längst im Keller. Eigentlich ist der Tag jetzt schon gelaufen.
Gestresst starte ich im Bad:Zähne putzen, schnell Gesicht waschen. Duschen ist nicht drin, Deo und Trockenshampoo müssen reichen. Zurück ins Schlafzimmer. Irgendetwas überziehen. Weiter in die Küche, schnell einen Kaffee drücken. Für Essen ist keine Zeit. Ich schnappe mir im Vorbeilaufen einen Schokoriegel und eine Banane. Kann ich ja im Zug essen. Noch einen Kaffee für den Weg. Eigentlich viel zu viel Koffein für mich, aber er hilft wenigstens gegen die Müdigkeit und den Hunger.
Schnell aufs Rad und los. Bei jedem Tritt reibt die Naht meiner Socken an meinen Füßen. Die Jeans kneift an den Oberschenkeln und scheinbar habe ich das Schild im Pullover nicht richtig rausgeschnitten. Das Kratzen macht mich wahnsinnig.
Als die Panik mich überrollt
Die große Bahnhofsuhr leuchtet mir schon von Weitem entgegen. Knapp, aber machbar. Ich renne durch die Halle, wie immer voll mit Menschen um diese Uhrzeit. Es ist laut, es riecht unangenehm und ständig streifen mich Leute. Ein kurzer Blick auf die Anzeigetafel und ich erstarre. Ein anderes Gleis. Oh nein, wo war das noch gleich. Wo muss ich hin. In dem Moment spüre ich es aufsteigen. Mein ganzer Körper beginnt zu vibrieren. Die Anzeigetafel verschwimmt, in meinen Ohren setzt ein Pfeifen ein. Bitte nicht. Nicht jetzt. Die Panik kriecht langsam hoch. Wo sind meine Kopfhörer? Wo ist mein Ring? Zu Hause liegen gelassen… ich bin so dumm.
Mein Herz rast, das Klopfen dröhnt in meinen Ohren. Überall Menschen. Jeder rempelt mich an. Es stinkt nach Schweiß und fettigem Essen. Ein Druck legt sich auf meine Brust. Ich bekomme kaum noch Luft. Mir wird schwummerig. Ich muss hier raus. Sofort. Nicht rennen. Nicht hinfallen. Nicht durchdrehen. Konzentrier dich. Zum Ausgang. Atmen. Endlich draußen. Eine Bank. Ich setze mich und versuche zu atmen. Jacke aus.
Einatmen 1-2-3-4
Luft anhalten 1-2-3-4
Ausatmen 1-2-3-4-5-6-7-8
Mein Kopf dröhnt, mein Mund ist trocken, mein ganzer Körper tut weh. Tränen laufen mir über die Wangen. Ich hasse es, wenn die Panik übernimmt und ich nichts tun kann. Ich habe die Kontrolle verloren… schon wieder.
Ich schleppe mich zu meinem Rad und fahre nach Hause. Ich kann nicht mehr. Zu Hause angekommen hole ich mir die Packung Schokoriegel und eine Cola aus der Küche und gehe damit direkt zurück ins Schlafzimmer. Jacke auf den Boden, Licht aus, Fernseher an und ab ins Bett. Jetzt ist eh alles egal. Scheißtag. Ich habe versagt… mal wieder.
Selbstbestimmt
Ich schrecke hoch und starre auf mein Handy. So ein Mist. Ich bin wieder eingeschlafen. In 35 Minuten muss ich im Zug sitzen, zehn Minuten brauche ich bis zum Bahnhof. Das wird verdammt knapp. Mein Magen krampft sich zusammen.
Wieso passiert mir das immer wieder? Und dann auch noch genau heute, wo wir die ersten beiden Stunden Anatomie bei Frau Dr. R. haben. Sie empfindet jedes Zuspätkommen als persönliche Beleidigung und stellt denjenigen erst mal bloß. Ich hasse das. Ich springe aus dem Bett. Meine Laune ist im Keller. Eigentlich ist der Tag jetzt schon gelaufen.
Gestresst starte ich im Bad, Zähne putzen. Ich schaue mich im Spiegel an. Stopp. So geht das nicht.
Tief durchatmen.
Ein Morgen in meinem Tempo
Ist es überlebenswichtig, pünktlich in der Schule zu sein? Ist meine Ausbildung in Gefahr, wenn ich eine Stunde später komme? Nein und nein. Daraus wird ein Ja zu mir. Plötzlich habe ich richtig viel Zeit. Ich dusche mich in Ruhe ab. Haare waschen verschiebe ich auf später, das kostet zu viel Kraft. Allein der laute Föhn. Ein Hoch auf das Trockenshampoo. Handtuch umgebunden und erstmal in die Küche.
Der erste Schluck Kaffee am Morgen ist immer der Beste. Ich gönne mir einen Latte Macchiato und stelle eine Kanne koffeinfreien Kaffee für unterwegs an. Dann ziehe ich mich an. Heute muss ich mich unbedingt wohlfühlen. Also Kuschelsocken, eine bequeme Hose und ein warmer Pullover.
Zurück in die Küche. Ich bitte Alexa um meine Guten Morgen Playlist und schmiere mir zwei Brote. Eins für jetzt, eins für die Zugfahrt. Eine Banane und einen Schokoriegel packe ich auch ein. Am Bahnhof kann ich mir später noch etwas Leckeres für mittags kaufen. Ich genieße mein Brot und schaue einfach aus dem Fenster in unseren schönen Garten. Ein Eichhörnchen klettert den Kastanienbaum hoch. Der Schreck des Morgens verblasst. Frau Dr. R. macht mir immer noch Bauchschmerzen, aber das kann ich gerade nicht ändern.
Es wird langsam Zeit. Ich schnappe mir meinen Rucksack und packe meine Noise Cancelling Kopfhörer ein. Dann ziehe ich meine Jacke an und fühle, ob mein Akkupressurring auch in der Tasche steckt. Alles an Ort und Stelle. Ich radel entspannt los. Ich genieße die frische Luft und sehe schon von Weitem auf der Bahnhofsuhr, dass ich noch genügend Zeit habe.
Entspannt betrete ich die Halle. Um diese Uhrzeit ist es zum Glück nicht so voll. Ein Blick auf die Anzeigetafel. Oh, ein anderes Gleis heute. Wo war das noch gleich? Ach ja, da komme ich direkt am Bäcker vorbei. Also gönne ich mir ein belegtes Brötchen für die Mittagspause und genieße den Geruch von Frische Gebackenem. Er vermischt sich mit dem Duft von Kakao, den die Dame neben mir bestellt hat. Dann gehe ich weiter zum Gleis.
Der Zug ist schon da und sogar relativ leer. Ich suche mir einen ruhigen Platz am Fenster und setze vorsichtshalber meine Kopfhörer auf. Dann hole ich mein Buch heraus und freue mich auf die etwa einstündige Fahrt, in der ich ungestört lesen kann. Fast hätte ich mein zweites Brot vergessen. Dazu schmeckt der Kaffee heute besonders gut. In Osnabrück angekommen steigt langsam die Nervosität vor der Reaktion der Lehrerin. Ich streife meinen Akkupressurring über meinen Daumen. Ich gehe bewusst Schritt für Schritt. Nicht rennen. Es kommt auf die paar Minuten jetzt auch nicht mehr an. Ordne deine Gedanken. Bleib ruhig. Es sind nur Worte und du hast dich heute für dich entschieden. Sei stolz auf dich. Niemand anderes weiß, was du heute schon geleistet hast.
Ein leiser Moment von Stärke
Ich bin da. Treppe hoch, rechts, letzte Tür. Na dann los. Tief durchatmen. Ich rolle noch einmal an meinem Ring, klopfe und drücke die Türklinke herunter. „Ach Frau N., schön, dass Sie sich auch mal die Ehre geben. Was haben Sie heute für eine Ausrede?“, begrüßt mich Frau Dr. R. Alle Augen sind auf mich gerichtet. Die Hitze steigt mir ins Gesicht. „Entschuldigen Sie, Frau Dr. R. Ich möchte nicht respektlos erscheinen. Es hat mich heute sehr viel Kraft gekostet, hier zu sein. Können wir uns bitte nach der Stunde in Ruhe unterhalten, wenn ich wirklich angekommen bin?“ Alle starren mich an. Die Lehrerin holt Luft für ihre übliche Tirade, stockt dann, schluckt ihre Worte herunter, schaut mir in die Augen und sagt nur: „Okay.“ Ich setze mich auf meinen Platz und spüre, wie mein Atem sich beruhigt.
Ich habe es geschafft.
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Anina
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