Von Set-Point, BMI und Körpergewicht
Was würde eigentlich jemand vom Fach dazu sagen, was der Set-Point ist, ob man Angst haben muss von einer Essstörung in die nächste zu rutschen und was nötig ist, um die Drehtür Essstörungserkrankung zu verlassen? Annabell hat Ihrer Ernährungstherapeutin auf den Zahn gefühlt und viele spannende Antworten bekommen. Am besten du liest dir zunächst den ersten Teil des Interviews durch, wo schon viele grundlegende Fragen beantwortet wurden.
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Annabell: „Schön, dass Sie sich nochmal die Zeit für mich genommen haben. Mir sind nach unserem letzten Treffen noch einige weitere Fragen eingefallen. Außerdem würde ich bei einigen Themen gerne noch tiefer einsteigen.“
Frau Pabst: „Super gerne. Die Welt der Ernährungstherapie ist unfassbar vielseitig und faszinierend.“
Kann es passieren, dass man während der Genesung in eine andere Essstörung rutscht, also zum Beispiel von der Anorexie in die Bulimie oder ins Binge Eating?
Es wäre gelogen zu sagen, dass das nicht passieren kann. Genauso wie es gelogen wäre zu sagen, dass Anorexie Erkrankte keine Essanfälle entwickeln können. Und um das nicht eintreten zu lassen, ist es ja so wichtig hinzuschauen, welche Themen wirklich hinter dem Essen/Nicht-Essen stecken, regelmäßig und genug zu essen und auf eine ausgewogene Lebensmittelauswahl zu achten. So kann die Angst einen ständigen Hunger zu spüren und in z.B. die Bulimie zu rutschen, minimiert werden. Symptome, egal ob restriktives oder übermäßiges Essverhalten, sind weder gut noch schlecht, sie sind immer dysfunktional. Jede Essstörung hat eine Funktion, die sich hinter diesen Symptomen versteckt.
Was würden Sie zu einer Patientin sagen, die an sich gesund werden will, aber Angst hat, endlos zuzunehmen?
Das ist tatsächlich eine Angst, die ich oft zu hören bekomme. Hier ist es wichtig auf die Vorgeschichte zu schauen. Wenn die Patientin zum Beispiel bereits vor der Essstörung übergewichtig war, eine unregelmäßige Mahlzeitenstruktur und eine ungesunde Lebensmittelauswahl hatte, ist die Angst angebrachter, als wenn die Patientin vor der Essstörung im Setpoint-Bereich lag und sich somit nur gefühlt im Übergewicht eingeschätzt hat. Denn wie bereits erwähnt, ist eine Essstörung ein Emotionsregulator, dem in diesem Fall nicht vertraut werden kann.
Um Ihnen diese Frage vollständig beantworten zu können, braucht es erstmal noch Hintergrundwissen zum Thema Körpergewicht, Wiegen, Set-Point und Co.
Okay, was sagen Sie denn zum Thema Gewicht und Wiegen? Und was ist der Set-Point überhaupt?
Zu Beginn sollte man das Gewicht im Blick behalten. Sprich, zunächst zweimal die Woche wiegen, dann einmal und später in größeren Abständen. Anhand der Gewichtskurve ist oft zu erkennen, dass das Gewicht zu Beginn der Ernährungstherapie einer Anorexie stärker ansteigt. Hier entwickeln sehr viele Patientinnen dann eben auch die Angst, dass es nie mehr aufhört. Doch das Steigen des Gewichts ist zu Beginn vollkommen normal. Ab dem 17/18er BMI normalisiert sich der Stoffwechsel und die Sättigungskurve stellt sich ein. Ab hier kann es teilweise sogar schwer werden noch weiter zuzunehmen. Viele Patientinnen sind dann der Meinung, ihren Set-Point erreicht zu haben. Das ist aber nicht richtig.
Der Set-Point ist ein Gewichtsbereich, den der Körper von Natur aus anstrebt. Im Set-Point-Bereich laufen alle Körperfunktionen so ab, wie sie abzulaufen haben, sprich Kälte- und Wärmeregulation, Hormonhaushalt und störungsfrei funktionierende Organfunktionen. Im Normalfall liegt er im Normalgewicht, also über einem BMI von 20 und kann stabil zwischen ein bis drei Kilo schwanken. Je älter die Person, desto höher der Set-Point, da es im Alter natürlicherweise mehr Reserven braucht. Zudem spielt die Körperzusammensetzung, die sportliche Aktivität und das Geschlecht eine große Rolle. Denn Frauen haben von Natur aus einen höheren Fettanteil.
Sie haben den Begriff BMI erwähnt, inwieweit spielt dieser eine Rolle in der Ernährungstherapie?
Oft wird einem durch die Medien versucht darzustellen, dass ein BMI über 25 schon adipös sei, was für mich nicht unbedingt richtig ist. Es gibt noch ganz andere Einflussfaktoren auf das Gewicht. Beispielsweise haben Menschen mit einem höheren Muskelanteil auch einen höheren BMI, was aber nicht heißt, dass sie adipös sind. Und auch hier gilt sich die Frage zu stellen: möchte ich mich einschränken, nur um an einem niedrigen BMI festzuhalten? Ein BMI kann auch dadurch beeinflusst sein, wie ich mich entscheide zu leben. Legt eine Person großen Wert auf Genuss und möchte sich beispielsweise das tägliche zusätzliche Stück Kuchen am Nachmittag nicht verwehren, welches rein zur Lebensqualität beiträgt und nicht unbedingt für den individuellen Tagesbedarf notwendig wäre, dann sollte sich die Person auch bewusst sein, dass ihr BMI womöglich auch ein wenig höher liegen könnte.
Was sagen Sie zu der Aussage: Einmal Essstörung immer Essstörung?
Es kommt ganz darauf an wie sehr die Patientinnen bereit sind, dysfunktionale Verhaltensweisen aufzugeben, die ja eine Funktion erfüllt haben. Es gibt viele Patientinnen, die es aus der Essstörung raus schaffen, also möglich ist es auf jeden Fall. Je näher Betroffene dem Set-Point kommen und diesen auch beibehalten können, desto realistischer ist es, die Essstörungswelt immer mehr hinter sich zu lassen. Wenn Betroffene sich entscheiden mit der Krankheit zu leben und damit einen Kompromiss mit der Essstörung eingehen, kann dies funktionieren, ist aber deutlich anstrengender. Zum Beispiel wäre es ein Kompromiss mit der Essstörung zu sagen: Ja ich nehme bis zum Normalgewicht zu, aber bleibe im unteren Normalgewichtsbereich. Somit muss sich die Patientin beim Essen immer einschränken, um nicht weiter zuzunehmen. Ein anderes Beispiel wäre ein Kompromiss beim Thema Bewegung: Ja, ich esse genug. Aber nur dann, wenn ich auch mindestens meine x Schritte gegangen bin und mir somit das Essen verdient habe. Kompromisse einzugehen bedeuten also nicht gleich Freiheit. Zu sich selbst ehrlich zu sein, hat auch hier wieder eine super große Wichtigkeit! Die Aussage ist somit nicht wahr, aber auch nicht falsch. Es ist sehr individuell.
Vielen lieben Dank, dass Sie sich erneut die Zeit genommen haben. Ich glaube jetzt kann sie jeder ein Bild machen, was Ernährungstherapie bedeutet.
HIER GEHT ES ZU TEIL 1 DES INTERVIEWS
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In diesem Artikel haben wir uns der Einfachheit halber an die weibliche Form der Personen gehalten. Natürlich gibt es auch männliche Ernährungstherapeuten, Psychotherapeuten und Patienten.
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