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Quelle: Marie Böse

Zurück ins Sein

Quelle: privat

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Wir schreiben das Jahr 2017: eine 30-tägige Reise nach Schweden, in Beziehung mit einem Musiker

Schweden… 30 Tage Natur, 30 Tage durchatmen, 30 Tage das klare Nass der eiskalten Seen, das Lagerfeuer in den rosa Morgenstunden, der köchelnde Tee. Wanderungen zwischen Moor und Moos, zwischen Farn und Fels. Das Lagerfeuer in den goldenen Abendstunden, die Süßkartoffeln in der Glut, der Blick in die Ferne auf das klare Nass.

Nächte im Heu, Nächte im satten Grün. Du und ich, eine Liebe verbunden durch Natur und Musik, durch Kunst und Krankheit. Mein Gewicht, eine Zahl die mich begleitete, eine Zahl die es unmöglich schienen ließ die Reise zu überleben, in Haut und Knochen gekleidet. Ein Schatten meiner Selbst, eine Hülle grau und kraftlos und dennoch so unendlich, so unfassbar stark und stur. Ein Kampf gegen mich selbst.

Rückblick: der Beginn des Achtgebens in Bezug auf meine Nahrung

Ich war noch ein Kind, gerade sechs Jahre alt geworden. Diagnose: Pilz im Magen, gefüttert und verbreitet durch den Konsum von Zucker, hieß es. Es begann: die erste Maßnahme auf meine Ernährung Acht zu geben, Verzicht zu üben. Der Pilz verschwand unter Kontrolle. Ich wurde älter, vergaß den Pilz und machte mir vorerst keine Gedanken mehr. Meine Zeit als Teenager verbrachte ich zwischen Chips und nur der nötigsten Bewegung.

Dann: mein erster Freund. Ärztesohn. Fassade eines Modells. Ein Urlaub auf Borkum mit seinen Eltern. Sein Vater warf mir dann auf der schönen Insel Borkum, zwischen Moor und Dünen, ungefragt an den Kopf, dass mich Übergewicht kleidete. Schlagartig hörte ich auf zu essen. Seine Worte wurden zu meiner Wahrheit, zu meiner Wahrnehmung. Zurück zu Hause begann meine erste Diät. Haferflocken, Honig und Obst am Morgen und Spargel zu Mittag.

Mit der Anmeldung im Fitnessstudio trat ich dann meine Reise in das Leben zwischen Kontrolle und der Angst vor dem Verlust dieser an. Zwischen Ernährung, der intensiven Auseinandersetzung damit und unachtsamem Training. Nach meinem Fachabitur und der Trennung des Ärztesohnes fand ich mich im Theater wieder, baute Bühnen, nahm die Assistenz einer Regie an, trieb weiter Sport und genoss die Zeit mit den Menschen an meiner Seite. Ich achtete auf meine Ernährung diesmal anders, intensiver. Fitnessmodels schlichen sich als Vorbilder in meine Gedankengänge. Dann verlor ich den Genuss und begann Essen in Mathematik umzuformen. Einmal die Woche entwickelte sich aus Mathematik Kontrollverlust und Unvernunft. Ein Tag, an dem ich es zuließ Zuckerbomben in mich hinein zu lassen. Cheatday. Ich baute eine Fassade auf, Ziegelsteine aufeinandergesetzt, aufgesetzt. Ich begann mir eine Maske zu kreieren, verklebt und verspachtelt, verzierte sie nur mit den schönsten Steinchen und Federn.

2016 : ein Jahr zwischen Theater und Bühnenbau, Sport und Missachtung meines Körpers, erste Untersuchungen

Mein Körper wurde schwächer, mein Blut verlor die Kontrolle und ich mitten drin. Erste Diagnose: Verdacht auf Knochenmarkkrebs. Da saß ich nun, in der Onkologie, bemitleidet von zwei älteren Herren, die der Krebs bereits eingenommen hatte.

Drei Monate späte: kein Krebs. Es begann eine Untersuchung nach der anderen, ein Krankenhaus nach dem nächsten, ein Arzt, der es besser wusste als der nächste und ich mitten drin. Ich flüchtete mich in die nächste Liebe und rutschte ab, rutschte tief und weit. Ich begann mich zu verlieren. Verlor mich in dieser Seele, in dieser Liebe und in Marihuana. Es begann eine Zeit des unaufhaltsamen Treibenlassend, eine Zeit in der ich mich halbierte und die Übelkeit unaushaltbar wurde. Ich zog mit ihm, dem freien und doch so klammernden Musiker in das Haus seiner Mutter. Wir lebten mit ihr unter einem Dach, mein Herz wurde schwer, meine Augen trüb und meine Lebensfreude verbarg sich unter einem grauen Schleier, der sich über das ganze Haus zu legen schien. Ich bemerkte es selbst nicht, hatte jedes Gefühl für das Außen verloren – und da war er, ein Spiegel , golden verziert, stehend in meinem kleinen Atelier, in den ich schaute und mich fragte wie das nur passieren konnte. Jeden Tag fiel ich mehr zusammen, wurde grauer und schwächer. Entzog mich jedem Kontakt, nur er, er durfte bei mir sein.

Die regelmäßigen Arzttermine seit meiner ersten Diagnose waren geprägt von Vermutungen, von Angst und Hoffnung. Es schlich sich das Gefühl ein, auf der Suche nach Licht zu sein, umhüllt und erfüllt von Dunkelheit. Ich gab die Arbeit im Theater auf und plötzlich fand ich mich auf dem Hof seiner Tante wieder. In den Morgenstunden suchte ich Halt bei den Hühnern, half mittags der Goldschmiedin bei der Arbeit und hörte mit Hazy, der kleinen Taube auf meiner Schulter Hörbücher. Ich verlor mich am Nachmittag in der Kunst, malte, erfüllt von Sonne und Farben.

Erst der Abend sollte dem Essen gehören. Bis dahin war wieder ein Tag vergangen, an dem eine ayurvedische Hafermilch bis zum Sonnenuntergang mein System zu versorgen versuchte. Ich verspürte keine Lust, keinen Hunger kein Gefühl, keinen Sinn. Abends ging es dann, plötzlich und viel.

Meine Familie wollte ich nicht sehen, Freunde nur selten. Trüb und bekifft, mager und grau, wollte ich niemandem begegnen. Ich sah mich genau so, eingefallen und grau, sah dass mein Umgang mit mir, meinem Körper und der Nahrungsaufnahme krank war, sah wie schlimm es um mich stand und hatte dennoch keinen Willen dies zu ändern. Trotzdem begann ich eine Ausstellung vorzubereiten, mit letzter Kraft malte und zeichnete ich. Alle waren eingeladen, alle waren da, alle waren schockiert mich so zu sehen. An diesem Tag verlor ich eine weitere Ladung an Kraft und fand mich am Abend beim Lagerfeuer wieder, rauchend, trinkend und wieder hungrig.

Das Wechseln von Arzt zu Arzt, von Untersuchung zu Untersuchung ging weiter. Eine Diagnose nach der anderen wurde in den Raum gestellt. 24 Stunden Urin, Körpertemperatur, Puls am Morgen. Stress, Herzrasen und Verlust meines Blutdrucks. Mein Überleben stand in Frage. Schafgarbe und Melisse sollten nun ein Weg zur Heilung sein. Der Anthroposophische Ansatz der Naturmedizin, ließ mich hoffen. In diesem Zustand realisierte ich  meine Reise gegen  die Vernunft und in die Mooslandschaften Schwedens.

Meine Rückkehr aus Schweden und das Leben danach.

30 Tage. Wanderungen Stunde um Stunde, das Waschen in den kalten Seen und das Sammeln von Holz ließen meinen Körper kämpfen. Ich kam zurück aus den Wälder. Ich versuchte zu leben. Weitere Untersuchungen begannen erneut, das Blut floss in die Röhrchen. Die Zeit bei ihm und seiner Mutter wurde unerträglich. Ich verlor Tag für Tag mehr von mir. Ich bröckelte ab, spürte den Verlust meines Seins, hörte das Rauschen meines Blutes und die Kälte.  Ich existierte bloß. Mein Atem flach. Die Zeit verging und mein Körper kämpfte jeden Tag, um mich am Leben zu halten.

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2018: Meine Mutter holte mich zurück zu sich

Da saß ich, schlief ich, lebte ich, bei meiner Mutter im Arbeitszimmer. Weiß nicht wie ich hier hingekommen bin. Meine neues, altes zu Hause. Die folgende Zeit wechselte ich von Couch zu Couch, von Mensch zu Mensch, von Wein zu Wein. Dann fuhr ich fort, einfach weg, zu meiner Cousine aufs Land, um meine Umgebung nicht weiter ertragen zu müssen, um mich abzugrenzen von diesem Mann. Ich trank mehr, rauchte mehr, aß mehr und verlor mich, rutschte tiefer. Ich reiste zurück, immer wieder mit dem Gefühl es mit letzter Kraft getan zu haben. Zurück in der Heimat folgte eine Ausleitung von Schadstoffen, basierend  auf der Vermutung, eine Bleivergiftung entdeckt zu haben. Eine Woche verging und mein Gewicht sank. Wieder ein Missbrauch meines Vertrauens in die Medizin.

Ich wurde 21: Wir waren getrennt, ich war frei und stand vor einer Entscheidung

Dann stand es im Raum: Klinik. Nein. Krank unter Kranke, um Heilung zu finden – in diesem Augenblick , für mich ein Gefühl, dass keine Alternative zuließ. Eine solche Entscheidung ist sehr individuell und mit Vorsicht und Acht anzugehen. Ich wollte lieber allein sein. Ich wollte mich kennen lernen. Wollte mich heilen. Dieser Weg schien für mich in diesem Moment, in meiner Situation richtig zu sein. Ich zog allein in eine kleine Wohnung am Wald, isolierte mich einige Monate und versank zwischen Wein, Malerei und Reflektion. Die Nächte gehörten der Heilung meiner Seele, zwischen Staffelei, Mondschein und dem gefüllten Weinglas.

 

In Behandlung des anthroposophischen Arztes trank ich tagsüber Kannen gefüllt mit Schafgarbe, neigte zum Überfluss und floss über. Während dieser Zeit verschwand mein Arzt und damit auch der anthroposophische Ansatz in den Ruhestand, also war ich gezwungen erneut zu wechseln. Voller Vertrauen suchte ich eine Ärztin auf, die ich aus meiner Jugend kannte. Auch hier unterzog ich mich vielen Untersuchungen. Die Diagnose jetzt: Toxische Leber. Heilkräuter vergifteten mich, durch meinen unachtsamen Umgang, mein Körper war kraftloser denn je. Notaufnahme.

Dem Tode eine Hand anreichend alberte ich mit den Ärzten herum, denn egal was bis hierhin passiert war, mein Lachen hatte ich noch nicht verloren. Plötzlich geschah etwas: Ich realisierte den Ernst der Lage. Oft genug habe ich mir ausgemalt zu sterben, doch nun war ich diesem Gefühl, diesem Licht, dieser Dunkelheit so nah, dass mein Instinkt zu überleben reagierte. Mein Entschluss für mich, für mein Sein in dieser Welt, um Geschichte zu schreiben, Worte zu formen, zu formulieren und dessen Schönheit weiter zu geben stand fest. Ich suchte Hilfe. Bat um Grammangaben für meine Nahrung, denn jegliches Gefühl, jegliche Wahrnehmung einer normalen Menge war von Augenblick zu Augenblick in diesem Jahr verloren gegangen. Der Wein wandelte sich in Traubensaft, die Drogen in Lavendel. Haferflocken und Kartoffeln prägten nun die Tage, denn das Gift sollte so gezogen werden. Ich wog ab, ich begann Kontrolle zu gewinnen und verlor mich darin. Da war sie wieder, die Mathematik.

Die Heilung begann mit mir, in mir.

Die Leinwände, die mich auch durch dunkle Zeiten begleitet hatten, wurden bunt, von Licht erfüllt, die Zeichnungen von schwach zu intensiv. Die Tagebücher füllten sich mit Gedanken und Gefühlen, mit Reflexion. Die Nächte wurden kürzer und der Schlaf erholsamer, die Morgende erfüllt von Yoga und Tee.

Und dann kam der Tag, an dem ich den Mut aufbringen konnte an die vegane Schokoladenmanufaktur „Das Bernsteinzimmer“ zu schreiben,. Ein Traum, den ich mir erfüllen durfte. Ich begann, Pralinen herzustellen, Genuss und das Kreieren wiederzufinden. Heilung schlich sich ein und ich merkte, wie Gewicht und Visionen sich umarmten. Meine Werte normalisierten sich, mein Körper war erfüllt von Glück und Heilung. Ich spürte mich, spürte die Schönheit des Lebens, begann das Gefühl von Liebe zu mir und Geborgenheit neu zu entdecken und bemerkte wie Wünsche sich zu Visionen formten und Visionen zu Realität. Meine Realität.

Der Moment der Veränderung

Da stand ich, an der Bushaltestelle, ließ die Sonne meine Nase kitzeln und verspürte den Wunsch zu tanzen. Eine Woche später fand ich mich im Ballettsaal wieder und spürte erneut den Unsinn des Lebens. Ich begann zu schwimmen, begann zu genießen. Meine Wohnung eröffnete ich für Menschen, die ich wieder zu lieben lernte. Doch die Kontrolle durfte noch nicht schwinden. Sie war ein Teil von mir, irgendwie Sicherheit.

Es vergingen Momente des Entdeckens, des Lernens und Liebens, des Schreibens und des Austauschs. Eine Busfahrt, in Gedanken versunken und plötzlich war es so klar, so greifbar. Plötzlich wusste ich wohin, wusste welchen Weg ich einschlagen möchte und ich begann zu kämpfen. Eine Woche die sich wie eine Ewigkeit anfühlte, geprägt von Bewerbungen, Gesprächen und Belohnung. Ich war also Studentin, eingeschrieben und angenommen: Soziale Arbeit. Ich wusste nicht wohin mit all den Glücksgefühlen, die mich plötzlich einnahmen wie tausende Insekten, die es sich zur Aufgabe machten all meine verwelkten Blumen gleichzeitig zu bestäuben, um sie in allen Farben erblühen zu lassen.

Ein weiterer Wandel folgte, ein Umzug. Eine WG. Für mich und meine Krankheit bislang unvorstellbar. Menschen – Menschen, die mich beobachten, die mich auf mein Essverhalten und die ausgiebige Auseinandersetzung mit gesunden und zugleich veganen Lebensmitteln reduzieren könnten. Eine Herausforderung, die ich annehmen wollte, um selbst zu beobachten, um Normalität zu erfahren und die Mathematik in Genuss zu verwandeln. Es begann eine weitere intensive Zeit der Selbstreflexion, des Entdeckens. Eine Zeit des Zurücksteckens, eine Zeit in der Abgrenzung zur Kunst des Lebens wurde, eine Zeit erfüllt durch Magie, durch Schönheit und Momente, erfüllt von Liebe und grenzenloser Leichtigkeit. Die Zahlen wurden unwichtig, die Liebe zum Essen, zu Genuss und dazu Kreationen zu erschaffen, stieg ins Unermessliche. Die Kontrolle fand neue Fokussierung.

Quelle: Marie BöseQuelle: Marie Böse

Wir schreiben das Jahr 2020: in Dankbarkeit und grenzenlosem Glück

Ballett, Schwimmen und Yoga bleiben ein wunderbar heilsamer Teil meines Lebens. Mittlerweile arbeite ich neben meinem Studium als Bewegungspädagogin in der sozialen Arbeit, in einer heilpädagogischen Praxis. Ich stelle Schmuck her und arbeite an künstlerischen Werken, die in Wuppertal und Umgebung Raum für Verkauf gefunden haben. Mein Körper erholte sich nach und nach von all dem was ich ihm jahrelang angetan habe. Unverträglichkeiten, Angst vor der Liebe und hormonelle Dysbalancen gehören noch zu meinem Alltag, doch meine Selbstliebe, meine unendliche Dankbarkeit und die Schönheit des Lebens strahlen golden und warm über diese kleinen dunklen Rückstände.

Ich bin nach wie vor jeden Tag erfüllt von der Dankbarkeit darüber, was mein Körper geschafft hat. Ich finde mich nun hier in meiner wunderschönen Wohnung am Waldrand wieder, der beste Freund mein Mitbewohner, ein kleines Kätzchen im Garten die Sonne genießend. Sehnsüchtig wartend auf den Frühling und all die Kräuter und Blumen. Und dann kam der Mann, der mir zeigte was es bedeutet bedingungslos, erwartungslos und vollkommen frei Liebe zu spüren und die Angst für einige Augenblicke zu vergessen.

Wir leben um Erinnerungen zu schreiben,
sie zu formulieren und deren Schönheit weiterzugeben.

Quelle: Marie BöseQuelle: Marie Böse

 

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Amelie

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Quelle: Free Photos

Wer bin ich eigentlich? Sich selbst wiederfinden nach einer Essstörung

Katha

„Wie viele Kalorien habe ich heute schon zu mir genommen? Und wie viele verbraucht? Nachrechnen, wieder und wieder, alle paar Minuten. Jeden Tag, jahrelang.“ So ging es Katharina in ihrer Essstörung. Freunde treffen, Lesen, Filme schauen, bedenkenlos auf dem Sofa liegen, war für sie unmöglich. Immer wieder funkte das „Kaloriengrübeln“ dazwischen. Wer sie eigentlich war, spürte sie nicht mehr. Hier erzählt sie, wie sie wieder lernen will, Katharina zu sein.

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So wollte ich nicht weiterleben!

Mit meiner Essstörung verlor ich nach und nach die Freude an allem. Ich konnte nur noch zufrieden mit mir sein, wenn ich ausreichend Sport gemacht und gehungert hatte. Die Tagesbilanz musste stimmen. Und wenn mein Gehirn mal kurz nicht daran dachte, war da nur noch Leere.

Irgendwann war ich an dem Punkt angelangt, an dem mir klar wurde, dass ich so nicht weiterleben wollte. Auf der einen Seite war ich körperlich komplett kraftlos – manchmal fühlte sich sogar einfach nur daliegen und atmen zu anstrengend an. Auf der anderen Seite hatte ich auch den Kontakt zu mir, meinem eigentlichen Ich komplett verloren.

Mir wurde nach und nach klar, dass es an meinem Essverhalten lag, dass ich so wenig Kraft hatte. Außerdem erkannte ich, dass ich aufgrund meiner Essstörung oft Entscheidungen traf, die mich eigentlich unglücklich machten und quälten. Ich entschied für die Essstörung, nicht für mich. Doch diese beiden Erkenntnisse waren der erste wichtige Schritt in ein Leben ohne Essstörung. Ich wollte lernen, wieder frei zu sein und mein Leben selbst zu gestalten.

Ich bin nicht meine Essstörung

Mit dieser Erkenntnis machte ich mich auf die Suche zurück zu mir selbst. Da ich kein Gefühl mehr dafür hatte, was ich eigentlich mochte, habe ich angefangen, mir selbst Fragen zu stellen. Sie haben mir geholfen, mich selbst wieder kennenzulernen – bis heute.

„Was habe ich früher gerne gemacht?“

Quelle: Bild von Free-Photos auf PixabayQuelle: Bild von Free-Photos auf Pixabay
Listen zu schreiben hat Katharina sehr geholfen

Die eigenen Gedanken unter Kontrolle zu bekommen, nicht ständig wieder ans Essen zu denken, fiel mir sehr schwer, weshalb ich mich erst einmal auf Aktivitäten konzentriert habe. So habe ich mir eine Liste mit den Dingen geschrieben, die ich früher gerne gemacht habe. Darauf stand dann unter anderem: Am Wochenende einen ganzen Tag im Bett verbringen und ein Buch lesen. Die Nachmittage bei Freundinnen verbringen, ins Bett gekuschelt quatschen und Musik hören oder Kekse backen.  Kreuzworträtsel lösen. Spazieren gehen, einfach so. Filmabende mit Freunden. Schreiben.

Ich habe versucht, mich daran zu erinnern, warum ich diese Dinge mochte und wie ich mich dabei gefühlt habe. Auch das habe ich mir aufgeschrieben, um den Kontakt zu meinen Empfindungen wiederzufinden. Da steht dann zum Beispiel:

  • Einen Nachmittag bei einer Freundin verbringen. → Ausgelassenheit, Wärme, Intimität, Spaß.
  • Spazieren gehen. → Freiheit, eine angenehme Distanz zur Welt und meinen Pflichten, Ruhe.

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Ins Tun kommen: Schritt für Schritt

Anschließend habe ich versucht, diesen Aktivitäten, bei denen ich mich früher sehr wohlfühlte, wieder Raum in meinem Leben zu geben. Dabei bin ich in kleinen Schritten vorgegangen und habe Abmachungen mit mir selbst getroffen. Ich habe mir zum Beispiel ein Buch genommen und versucht, eine halbe Stunde zu lesen. Eine halbe Stunde, ohne dabei ans Essen zu denken. Danach durfte ich wieder.

Oder ich habe mit mir vereinbart, spazieren statt joggen zu gehen, und versucht, die Eindrücke der Natur ganz bewusst wahrzunehmen und zu genießen. Ohne dabei an die Kalorien zu denken, die ich dabei verbrauchte.

„Was waren früher meine Themen?“

Worüber habe ich früher eigentlich gerne gesprochen, nachgedacht, herumphilosophiert? Auch diese Frage musste ich mir stellen. Und da stellte ich fest, dass das mal ganz schön tolle Sachen waren: meine Lieblingsbücher, Geschichten, die ich selbst geschrieben habe, Tiere, das Alte Ägypten, Mythologie.

Auch hierzu habe ich mir Listen gemacht und versucht, mich wieder neu für diese Themen zu begeistern. Immer mit der Frage im Hinterkopf, was mich früher daran so fasziniert hat, aber ohne diese Empfindung zu werten oder in Frage zu stellen. Dann habe ich angefangen, mich wieder mehr über diese Themen zu informieren und mit anderen Menschen darüber zu sprechen.

„Welche Werte sind mir wichtig?“

Meine eigentlichen Werte, nach denen ich mein Leben ausrichten wollte, hatten sich während der Essstörung zwar nicht geändert, aber sie waren aufgrund der Essstörung in den Hintergrund gerückt.

Zum Beispiel habe ich mich einmal dazu entschieden, joggen zu gehen, anstatt einem Menschen, der mir sehr wichtig ist, zu helfen. Das war auch ein sehr markantes Erlebnis für mich, das mir zeigte, dass ich so nicht sein will. Ich habe mich gefragt, nach welchen Werten ich leben möchte und in welchen konkreten Situationen ich mich gegen die Stimme der Essstörung und für meine eigentlichen Werte entscheiden konnte. Heute nehme ich mir Zeit in mich hineinzuhören und mich möglichst dann für meine wirklichen Werte zu entscheiden. Meistens gelingt mir das auch.

„Was sind meine Stärken und wie kann ich sie ausbauen?“

Wenn ich etwas mache, das ich gut kann, fühle ich mich gut. Was konnte ich also gut außer Kalorienzählen? Wieder schrieb ich mir eine Liste und darauf stand dann: Schreiben, Yoga, Zuhören, neugierig auf Neues sein, verrückt sein und die Menschen in meiner Umgebung zum Lachen bringen.

Der letzte Punkt stammte übrigens von einer Freundin, mit der ich über mein Selbstfindungsproblem gesprochen habe. Und das war auch etwas, das mir sehr weitergeholfen hat: Mit meiner Familie, meinen Freunden zu sprechen, sie zu fragen, was sie von mir in Erinnerung haben, bevor die Essstörung mein ganzes Leben übernommen hatte.

„Worin möchte ich gerne erfolgreich sein?“

Auf welchen Gebieten wollte ich wieder Erfolge haben, die nichts mit dem Thema Essen zu tun haben? Was kann ich dafür tun? Ich habe zum Beispiel wieder mit dem Schreiben von Geschichten begonnen und sie anderen gezeigt. Ihre Anerkennung dafür hat mir sehr gutgetan – und tut es heute noch.

„Wer bin ich also?“

Gewappnet mit diesen ganzen Listen habe ich dann versucht, wieder der Mensch zu werden, der ich eigentlich sein wollte und bin. Bis heute befinde ich mich noch auf dem Weg, aber über Essen denke ich schon lange nicht mehr so viel nach. Ich kann einen Nachmittag mit Lesen statt mit Sport verbringen, ohne dass es mich unerträglich quält, ich schreibe wieder, liege manchmal einfach nur im Bett und höre Musik oder telefoniere mit einer Freundin. Es ist ein langer Weg auf dem ich mich befinde. Und ich gehe ihn weiter. Jeden Tag.

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Alin Peeberaterin

Alin

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Quelle: analogicus

Depressionen: Wie ich wieder zu mir zurückfand

Isabelle, 29

@isabelle_knz

Bist du sicher, dass du nicht einfach nur traurig bist? Eine Frage, die nicht nur ich, sondern auch viele andere Betroffene hören, wenn sie zum ersten Mal davon erzählen, dass sie glauben unter Depressionen zu leiden. Sind Depressionen also, wie viele in meinem Umfeld dachten, nicht einfach nur Traurigkeit? In diesem Beitrag erzähle ich euch meine Geschichte.

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Eben nicht einfach nur traurig!

Leider glauben sehr viele, dass depressive Menschen einfach nur faul sind, keinen Ehrgeiz haben, und all diese Vorurteile. Trotz des Unverständnisses vieler Menschen, steigt die Zahl der Betroffenen stetig. So leiden laut des Bundesgesundheitsministeriums weltweit rund 350 Millionen Menschen unter der Krankheit und damit ist sie zur Volkskrankheit aufgestiegen. Doch was bedeutet es depressiv zu sein? Und gibt es eine Chance auf Heilung? Klar, traurig ist jeder mal, aber das geht irgendwann vorbei. Traurig und wütend zu sein war für mich allerdings ein normaler Zustand. Jede Nacht wünschte ich mir, nicht wieder aufzuwachen. Zu leben war für mich unerträglich. Nach außen hatte ich keine wirklichen Probleme. Ich hatte gute Noten, ging gerne zur Schule und hatte Freunde. Meine Wutanfälle hob ich mir für die Menschen auf, die mir am nächsten standen und meine Traurigkeit ließ ich nur raus, wenn ich alleine war. Die Traurigkeit und die Wut wurden alleinnehmend. Suizidgedanken und Selbstverletzung waren Teil des Ganzen. Jahrelang ging das so. Über die Jahre veränderte es sich und die Wutanfälle wurden eher zu einem Leeregefühl. Aber die Wut gegenüber mir selbst blieb. Leben fühlte sich für mich eher nur wie überleben an.

Depressionen erkennen: Wann sollte ich mir Hilfe holen?

Depressionen haben viele Gesichter und können durchaus unterschiedlich verlaufen. Es ist auch schwierig zu wissen, wann normale Gefühle wie Traurigkeit oder Wut zu einem kritischen psychischen Zustand werden. Grundsätzlich ist es immer sehr wichtig mit vertrauten Personen über Probleme, Zweifel und Ängste zu sprechen. Wenn du aber merkst, dass deine Gefühle und Verhaltensweisen dir schaden, du nicht mehr alleine damit zurechtkommst und dir auch keine Gespräche mit vertrauten Personen helfen, solltest du dir professionelle Hilfe suchen. Je früher, desto besser. Für mich kam die Einsicht leider erst ziemlich spät. Jahrelang habe ich stets nach dem Motto „Es geht noch“ gelebt, eine Ausflucht in Alkohol, Partys oder Reisen gesucht. Bis es irgendwann nicht mehr ging und auch diese Dinge nichts mehr unterdrücken konnten. Das Leiden wurde so stark, dass ich mich vor fast drei Jahren dazu entschied, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

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Welche Hilfsmöglichkeiten gibt es?

Diese Entscheidung veränderte für mich alles. Zum ersten Mal wollte ich nicht nur überleben, sondern wirklich leben. Ich begann eine Psychotherapie und da war zum ersten Mal eine Person, die mir das Gefühl gab, verstanden und ernst genommen zu werden. Ich lernte, über meine Gefühle, Gedanken und Probleme zu reden. Mit der Zeit fing ich an, auch andere Dinge auszuprobieren. Ich begann zu meditieren, schloss mich einer Online-Coaching-Gruppe eines früheren hinduistischen Mönchs an und probierte alternative Heilmethoden wie Hypnose und Aufstellungsarbeit – eine Art Visualisierung von sozialen Beziehungen – aus. Vor allem letztere haben mir unglaublich geholfen. Prinzipiell denke ich, dass der erste Schritt immer sein sollte, sich anderen Menschen anzuvertrauen und vor allem professionelle Hilfe aufzusuchen. Allerdings bin ich auch der Meinung, dass für jeden unterschiedliche Dinge funktionieren und es deshalb wichtig ist, Verschiedenes auszuprobieren. Nicht jedem hilft eine konventionelle Psychotherapie und es gibt viele alternative Methoden, die vor allem mir sehr geholfen haben. Falls du also nicht sofort das Richtige für dich findest, gib nicht auf, sondern probiere dich weiter aus. Der Weg zur Besserung ist genauso individuell wie die Krankheit selbst.

Sind Depressionen heilbar?

Quelle: Bild von Jill Wellington auf PixabayQuelle: Bild von Jill Wellington auf Pixabay
Heute ist Isabelle lebensfroh und weiß, worauf sie achten muss.

Die Entscheidung für das Leben hat für mich alles verändert. Trotzdem war es ab da kein steiler Weg nach oben. In den letzten drei Jahren gab es auch Phasen, in denen es mir wieder schlechter ging. Allerdings hatte ich gelernt, mir Hilfe zu holen und nicht mehr so lange zu warten. Jede schlechte Phase half mir noch eine Stufe tiefer in meinem Heilungsprozess zu kommen. Jede Phase war wichtig, um dahin zu kommen, wo ich jetzt bin. Natürlich bin ich mittlerweile auch mal traurig oder wütend, aber ich erlebe diese Gefühle jetzt ganz anders. Es ist kein Dauerzustand mehr, der meine komplette Realität einnimmt, sondern es sind Gefühle, die genau wie alle anderen Gefühle nach einer Zeit vorbei gehen. Ich bin aber auch sehr vorsichtig geworden. Ich achte sehr auf meine Gefühle und Gedanken, rede darüber und schütze mich in Zeiten, die eventuell schwierig sein könnten. Auch bin ich besonders vorsichtig bei der Auswahl der Menschen geworden, mit denen ich mich umgebe.
Ich glaube fest daran, dass Heilung möglich ist. Wie genau der Weg verläuft, ist meiner Meinung nach aber sehr individuell. Wichtig ist, die Hoffnung nicht zu verlieren, immer wieder neue Dinge auszuprobieren, wenn man merkt, dass man nicht weiterkommt und vor allem, mit vertrauten Personen darüber zu reden. Ich sehe Heilung auch nicht als etwas an, was plötzlich vorbei ist, mit dem man irgendwann fertig ist. Für mich ist es eher ein lebenslanger Prozess, in dem man sich stets weiterentwickelt.

Warum ich heute für die schwierigste Zeit in meinem Leben dankbar bin

Auch heute weine ich oft, wenn ich an die Zeit denke, in der ich mir täglich gewünscht habe, nicht mehr zu existieren. Meistens sind es aber Freudentränen, weil ich so dankbar bin für das Leben, das ich jetzt habe. So sehr zu leiden, hat mich gezwungen mich mit mir selbst einschließlich aller Gedanken und Gefühle auseinanderzusetzen – genauso wie an den Beziehungen zu meiner Familie und meinen Freunden zu arbeiten. Ich kann heute sagen, dass ich immer mehr und mehr lerne, mich selbst zu lieben und dass ich unglaublich starke und tiefgründige Beziehungen zu den Menschen in meinem Umfeld habe. Ständig meine Gedanken und Gefühle zu reflektieren, zu verstehen und letztlich umzuwandeln, hilft mir auch, andere Menschen besser zu verstehen und ihnen in schwierigen Situationen zu helfen.

Wenn man unter einer psychischen Krankheit leidet, denkt man oft, man sei ganz allein und niemand würde einen verstehen. Dabei gibt es so viele Menschen, die Ähnliches durchmachen und sich genauso wenig trauen, darüber zu reden. Seitdem ich offen damit umgehe, gibt es so viele Menschen in meinem Umfeld, die mir erzählen, dass sie ähnliche Probleme hatten oder haben. Generell denke ich, dass wir alle Probleme haben und viel offener damit umgehen sollten – unabhängig davon, ob man einen Namen für das Leiden hat oder nicht. Um an sich und seinen Beziehungen zu arbeiten, muss man nicht an einer psychischen Krankheit leiden, aber leider ist es oft so, dass wir Menschen erst anfangen, uns zu ändern, wenn das Leiden zu stark ist. Auch wenn die meisten Jahre meiner Jugend und des jungen Erwachsenenalters von Suizidgedanken, Wut und Trauer geprägt waren, bin ich unglaublich dankbar dafür, dass ich dadurch gezwungen wurde, mein Leben und mich selbst ständig zu reflektieren. Für mich begann vor drei Jahren eine Reise, auf der ich vermutlich mein Leben lang sein werde. Die Reise zurück zu mir zu mir.

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Dilnoza

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Zeit für mich: Auch mal "Nein" sagen

Quelle: privat

Egal ob beim Planen deiner Freizeitaktivitäten, oder wenn andere um einen Gefallen bitten: Es ist wichtig, nicht immer zu allem Ja zu sagen. Das kann sonst schnell auf Kosten der eigenen Gesundheit gehen. Dabei ist das gar nicht so knifflig, wie man sich das manchmal vorstellt. Hier gibt’s ein paar Denkanstöße.

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Ich wusste nicht mehr, wo mir der Kopf steht

Erst kürzlich ist es nach langer Zeit wieder passiert: Ich habe einen Blick in meinem Kalender geworfen und mir wurde ein bisschen mulmig dabei, zu sehen, dass ich in den nächsten Wochen keinen Abend für mich haben werde. Ich habe viele Freunde und sehe alle von ihnen unheimlich gerne. Allerdings brauche ich auch viel Zeit für mich. Nur einen Abend in der Woche für mich zu haben reicht mir einfach nicht. Generell bin ich aber ein “Möglichmacher”: auf keinen Fall möchte ich, dass wegen mir etwas nicht stattfinden kann.

Früher hatte ich immer ein ganz schlechtes Gewissen bei dem Gedanken, ich könnte “Nein” zu einem Terminvorschlag sagen. Auch, wenn ich einen ruhigen Abend bitter nötig hatte, habe ich immer zugesagt. Ich hatte Angst, dass meine Freunde sonst denken, dass ich mir keine Zeit für sie nehmen will. Ich hätte dann das Gefühl gehabt, bei einer Absage meine Freunde im Stich zu lassen. Für manche ist aber auch die Angst, etwas zu verpassen, ein Problem: “Haben die gerade Spaß ohne mich?” “Reden die über mich und dass ich nicht kommen konnte/wollte?”.

Das Resultat meiner bedingungslosen Offenheit gegenüber Unternehmungen? Oft war ich Wochen im Voraus ausgebucht, Zeit für mich war die Ausnahme. Absagen kam für mich überhaupt nicht in Frage. Das hatte verheerende Folgen.

Freizeit-Stress ist schlecht für Körper und Geist

So ein Verhalten ist alles andere als gesund. Ich habe mich in den letzten Jahren ganz oft dabei ertappt, wie ich nach längeren Phasen des übermäßigen Sozialisierens unruhig wurde, schlechte Laune hatte und mich abgestumpft fühlte. Vielleicht kennst du dieses Gefühl auch, dann kannst du dich hier mit anderen dazu austauschen. Die psychische Belastung hat mich jedenfalls auch physisch stark beeinträchtigt: von Kopfschmerzen bis zur totalen körperlichen Erschöpfung war alles dabei. Meine Schlafqualität sank rapide ab und in der Uni und auf der Arbeit fiel es mir oft schwer, mich zu konzentrieren. Sportliche Betätigung, die mir wichtig ist und mich grundsätzlich geistig und körperlich fit und gesund hält, wurde nicht selten zu einer zusätzlichen Plage – abgesehen davon, dass mir die Energie dafür oft sowieso völlig gefehlt hat. Wenn ein Treffen abgesagt wurde, war das für mich wie ein 6er im Lotto.

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Selfcare-Abende sind ein fester Termin

Zum Glück habe ich mir schließlich ein Herz fassen können und mir ganz konkret gesagt, dass das so nicht weitergehen kann. Ich habe ein paar Herangehensweisen in meinem Kopf jongliert und dann schließlich eine ganz einfache Methode entwickelt, die mich schützen soll.
Wenn ich heute neue Termine ausmache, achte ich immer darauf, dass ich zwischendurch regelmäßig Luft für mich habe. Wenn ich merke, dass es eng wird, trage ich mir abends “SELFCARE” ein. Der Tag steht dann schlichtweg nicht als Option für ein Treffen zur Verfügung. Sollte spontan ein Termin ausfallen, sehe ich das als ein Zeichen. Oft suche ich mir keinen Ersatz, sondern genieße es einfach, zuhause ein paar Dingen nachzukommen und ganz entspannt zu kochen und ein Buch zu lesen.

Auch überlege ich mir bei größeren Unternehmungen wie Ausflügen, Konzerten oder ähnlichem, ob der Termin wirklich etwas ist, was ich wahrnehmen will. Eine unmittelbare Entscheidung ist bei solchen Dingen manchmal nicht die beste Idee. Stattdessen ist es gut, erstmal in sich hinein zu hören. Ich überlege mir vorher “Wird mir das guttun?” “Will ich das auch in einem Monat noch?”.

So kümmerst du dich um dich selbst

  • Nutze deinen Kalender nicht nur für Termine mit anderen, sondern auch, um Zeit für dich zu planen.
  • Halte dich an Selfcare-Termine und behandle sie wie Verabredungen mit anderen.
  • Nimm Absagen entspannt und nutze sie als Gelegenheit, runterzukommen.
  • Erlaube dir Bedenkzeit, bevor du zu Unternehmungen zusagst.
  • Wenn es dir schlecht geht, quäle dich nicht unnötig: Absagen ist keine Schande, wenn es einen guten Grund hat.
  • Hab keine Angst, etwas zu verpassen: Deine Freunde bleiben deine Freunde.

Am Anfang hatte ich noch Schwierigkeiten, mich an diese Abende zu halten und vor Zusagen erstmal zu überlegen, aber nach der Zeit war das überhaupt kein Problem mehr für mich. Ich habe außerdem gelernt, dass es auch okay ist, einen Termin abzusagen, wenn es mir nicht so gut geht. Natürlich ist es wichtig, sich an Abmachungen zu halten. Die andere Person hält sich den Termin frei und verlässt sich auf dich, aber kein richtiger Freund wird dir einen Vorwurf machen, wenn es wirklich einen Grund gibt. Wenn dir alles über den Kopf steigt, du körperlich nicht fit bist oder ein Notfall dazwischenkommt, darfst du deine Prioritäten guten Gewissens umstecken.

Du musst nicht immer alles möglich machen

Das gilt nicht nur für Treffen, sondern auch, wenn Leute dich um einen Gefallen bitten. Ich betrachte es keineswegs als negativ, wenn meine Freunde meine Hilfe erfragen. Für mich ist das ein Zeichen von Vertrauen. Andere zu unterstützen ist das Natürlichste auf der Welt für mich, aber auch hier gilt es, Grenzen zu ziehen.

Wenn Leute wirklich kategorisch meine Energie und meine Kraft aufsaugen, versuche ich ähnlich dem Schema oben vorzugehen. Ein direktes Gespräch, in dem du klar deinen Standpunkt kommunizierst, ist oft die beste Lösung, Differenzen aus dem Weg zu räumen. Ein guter Anfang ist “Du weißt, mir ist die Freundschaft zu dir sehr wichtig. In letzter Zeit fühle ich mich aber oft überlastet.” Ein sanfter aber bestimmter Ton ist dabei wichtig, um die andere Person nicht zu verletzen. Reagiert dein Freund/deine Freundin aber sehr stark und greift dich womöglich an, gibt es vielleicht ein größeres Problem, dass ihr weiter ausloten müsst. Wirft die Person dir vehement vor, dass du eine schlechte Freundin wärst und versucht, dich zu manipulieren, solltest du dir überlegen, ob du es nicht vielleicht mit einer toxischen Freundschaft zu tun hast. In den schlimmsten Fällen helfen da auch die längsten Gespräche und die größten Bemühungen nicht.

Wenn du ausgeglichen bist, profitieren alle

Ich habe gemerkt, dass ich mir selbst und anderen viel eher eine Freude und gute Freundin bin, wenn ich gut gelaunt und erwartungsvoll zu den Treffen komme. Durch mein neues Zeitmanagement habe ich oft wesentlich höhere Energiereserven und kann mich reger an Diskussionen beteiligen. Auch mein zwischenmenschliches Gespür ist viel geschärfter: Ich merke sofort, wenn einem meiner Freunde etwas auf dem Herzen liegt.

Natürlich passiert es trotzdem ab und an, dass ich mir unabsichtlich zu viele Termine ohne Pause eintrage. Ich besinne mich dann aktiv nochmal auf meine Checkliste zurück und stelle sicher, dass das in Zukunft nicht nochmal passiert. Es gibt auch Wochen, an denen ich gar keine andere Wahl hab, als alles durchzutakten, weil Geburtstage, Arbeit und Uni wichtige Termine vorgeben, auf die ich nicht verzichten kann und will.

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Bianca Peerberaterin

Bianca

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Schön, dass du da bist. Dieser Text könnte dich sehr berühren. Wenn du eine Essstörung, eine Depression oder Suizidgedanken hast, könnte dieser Text dir gerade nicht guttun. Bitte überlege dir, ob du ihn wirklich lesen möchtest. Hast du Redebedarf? Dann hilft dir vielleicht unser Angebot hier weiter.

Alles Liebe, Deine Incogito-Redaktion.

Magersucht, Bulimie, Body-Positivity: Heute weiß ich, ich bin gut so wie ich bin!

Quelle: privat

Tini

Eine Klassenfahrt war der Auslöser, dass Tini Schritt für Schritt in eine Essstörung hineingerutscht ist. Der Weg zurück war von Rückschlägen geprägt, aber heute sieht sie jeden Tag als Geschenk und verurteilt Body-Shaming in sozialen Netzwerken. Wie sie gelernt hat, ihren Körper so zu akzeptieren wie er ist.

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2012 : Meine neue beste Freundin „Hunger“

Meine Geschichte begann kurz vor der Abschlussfahrt in der 10. Klasse. Bis dato hatte ich mir nie Gedanken darüber gemacht, was ich esse oder wie viel. Ich tat es einfach, wenn ich Hunger hatte und hörte auf, wenn ich satt war.

Auf der besagten Fahrt bekam ich bei den Mahlzeiten mit, wie meine Mitschülerinnen zehn Mal um das Buffet liefen, um das Gesündeste rauszusuchen. Ich dachte mir nur „Was für ein Quatsch, ich esse einfach das, worauf ich Lust habe.“ Doch die Woche blieb nicht ganz ohne Folge. Von da an befasste ich mehr mit Ernährung und stellte fest, dass ich mich noch wesentlich gesünder ernähren konnte, als ich das zu dem Zeitpunkt tat – zumindest vermittelten mir das meine Online-Quellen. Ich achtete fortan darauf, mehr Gemüse und Obst zu essen.

Nach den Sommerferien kam ich in die Oberstufe. Eine Freundin wollte abnehmen, sie erzählte mir von einer App, die einem genau ausrechnet, wie viel man essen darf, abhängig von dem angestrebten Gewichtsverlust pro Woche. „Cool!“, entgegnete ich mir, „da mache ich doch einfach mal mit.“

Wir beide ließen uns eine Zahl berechnen und legten los, komplett ahnungslos. Die ersten Tage waren hart, weil wir beide feststellten, wie schnell eine bestimmte Kalorienzahl erreicht war. Ein ausgiebiges Frühstück und schon war das Budget aufgebraucht. Also: Komplette Umstellung. Am nächsten Tag ging ich mit meiner Mutter einkaufen. Es dauerte ewig, weil ich jedes Lebensmittel erstmal auf dessen Kalorienanzahl überprüfen musste, bevor er im Einkaufswagen landete. Allgemein beschränkte sich meine Auswahl auf Knäckebrot, Putenaufschnitt, mageren Frischkäse und Tomaten. Der Hunger und das tägliche Wiegen gehörten zu meiner Tagesroutine. Hinzu kam sehr bald noch der Sport. Fast jeden Abend ging ich laufen, mittags schwimmen oder machte Zumba – oft mehrmals täglich. Schon sehr bald war ich gefangen in diesem Kreislauf. Ich nahm innerhalb weniger Wochen zehn Kilo ab und fühlte mich echt toll. Ich bekam Komplimente von den Menschen um mich herum, vor allem von meiner Mutter. Ich bekam die Aufmerksamkeit, die ich mir immer gewünscht hatte. Es war die schönste Zeit meines Lebens bis dato.

Es fühlte sich toll an, mit hungrigem Magen ins Bett zu gehen, weil ich dann wusste, dass die Waage am nächsten Tag wieder weniger anzeigen wird.

2013: Blind mittendrin

Partyurlaub mit meinen Mädels stand an. Ich machte mir schon Wochen vorher einen Kopf, wie ich trotz Alkohol und Essen meine Kalorien niedrig halten soll. Während die anderen aßen, hungerte ich mich so durch die Tage. Nach der Woche kam ich mit +1,5 Kilo zurück und war echt geknickt über die Gewichtszunahme. Aber ich wollte wieder durchstarten und weiter abnehmen. Doch es kam alles anders. In dem Urlaub hatte ich einen Jungen kennengelernt, eine Fernbeziehung entstand und wir verbrachten jedes Wochenende zusammen. Sein Vater war Koch und bekochte uns regelmäßig. Ich wollte nicht, dass meine Essstörung auffällt, also versuchte ich wieder normal zu essen. Außerdem gab es ja auch keinen Grund noch weiter abzunehmen, da ich ja jemanden hatte, der mich schön fand.

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2014: Rückschlag und der Beginn meiner Bulimie

Ab dann ging mein Leben irgendwann ziemlich den Bach runter. Ich hatte in einem Jahr die zehn Kilo wieder drauf und sogar noch ein paar Kilos mehr, weil mein Stoffwechsel so runtergefahren war und nicht mehr hinterherkam. Ich war unzufrieden mit mir und das wirkte sich auch auf die Beziehung aus. Es gab immer mehr Stress, Eifersucht und Zweifel. Ein halbes Jahr hielt es noch, dann war Schluss, weil er mich nicht immer wieder aufbauen konnte. Ich war sauer, sauer auf ihn, dass er nicht da war, als ich ihn so sehr gebraucht habe und sauer auf mich, dass ich mein Leben nicht mehr unter Kontrolle hatte.

Es war wie ein Schlag ins Gesicht. Hinzu kam, dass ich niemanden zum Reden hatte. Ich lebte bei meiner Mutter, sie war alleinerziehend und leider sehr viel unterwegs. Wenn ich von meinem Tag erzählte, hörte sie mir nicht zu. Irgendwann hörte ich auf, mit ihr zu reden und zog mich immer weiter zurück. Eines Tages fiel mir auf, dass sie nach jeder Mahlzeit auf die Toilette ging. Ich machte mir Sorgen und lauschte an der Tür. Sie erbrach sich, täglich. Doch ich traute mich nicht, sie darauf anzusprechen. Ich recherchierte im Internet, Diagnose: Bulimie.

Bulimie ist eine Erkrankung, die sich unter anderem durch übersteigerten Appetit und übermäßiges Essen auszeichnet. Sie gehört zusammen mit der Magersucht, der Binge-Eating-Störung und der Esssucht zu den Essstörungen. Ein typisches Merkmal sind Essanfälle, nach denen sogenannte „gegenregulatorische Maßnahmen“ ergriffen werden. Das heißt, die Betroffenen erbrechen sich, hungern, verfolgen extreme Diäten oder machen exzessiv Sport, um zu vermeiden, dass sie durch das Essen zunehmen. Auch der Missbrauch von Abführmitteln und Brechmitteln kann vorkommen.

Ich befasste mich immer mehr mit dem Thema und sah darin die Chance, wieder auf den „richtigen Weg“ zu kommen. Ich begann, mir ebenfalls den Finger in den Hals zu stecken. Anfangs sehr erfolglos, mit der Zeit funktionierte es besser. Ich rutschte in einen Kreislauf aus übermäßigen Essanfällen, gefolgt von mehrmaligem Erbrechen. Es war ein gutes Gefühl, zu wissen, dass ich mein unnatürliches Verlangen nach Süßigkeiten, welches auf meinen seelischen Problemen basierte, stillen und gleichzeitig das Essen wieder loswerden konnte. Ich hätte gerne jemanden zum Reden gehabt, aber wie bereits erwähnt: Meine Mutter war in dieser Angelegenheit nicht der richtige Ansprechpartner. Somit fing ich an alles in mich reinzustopfen (im wahrsten Sinne des Wortes).

Natürlich blieben meine Essanfälle und das Erbrechen nicht unbemerkt. Meine Mutter stellte mich zur Rede, allerdings wies ich ihre Anschuldigungen zurück. Ich wollte mir selbst nicht eingestehen, was ich meinem Körper da antat und mich erst recht nicht vor ihr entblößen. Dass ich dadurch nur noch weiter in die Essstörung rutschte, nahm ich anfangs gar nicht wahr. Immer wieder versuchte ich damit aufzuhören, schaffte es aber nicht. Ich dachte darüber nach, wie einfach es wäre, meinem Leben ein Ende zu setzen. Das ging bis 2016 so.

2016: Neuanfang

Mit Beginn meines Studiums und Umzug in eine WG, weg vom häuslichen Druck durch meine Mutter, begann ich zu einer Therapeutin zu gehen. Ich wusste, dass ich da alleine nicht rauskommen würde.

Ich schämte mich.

Es war nicht einfach, darüber zu reden, mir selbst einzugestehen, was ich meinem Körper da angetan habe. Ich schämte mich dafür, dass ich zu schwach war, um mir selbst zu helfen. Doch die Gespräche halfen mir. Endlich hatte ich jemanden, bei dem ich all meine Sorgen und Ängste loswerden konnte. Ich begann, die Zeit zu verarbeiten und Ordnung zu schaffen. Das Erbrechen wurde immer seltener, die Essanfälle dauerten noch etwas länger an.

Nach drei Monaten wöchentlicher Sitzung gab, es keine offenen seelischen Wunden mehr und damit hörte auch das Verlangen nach Essen auf. Ich hatte mein Leben wieder unter Kontrolle. Ich ging noch ein paar Monate zur Therapeutin, bis wir beide der Meinung waren, dass ich allein weiter machen kann. Seitdem bin ich frei von Rückfällen.

Heute

Es hat nochmal etwa zwei Jahre gedauert, bis ich wirklich komplett mit dem Kalorienzählen aufhören konnte. Da ich mich so intensiv damit befasst hatte, weiß ich heute noch immer bei den meisten Lebensmitteln die genaue Kalorienzahl. Verrückt, nicht wahr?  Ich fing an, meinen Körper immer mehr zu akzeptieren und Stück für Stück zu lieben, denn er leistet jeden Tag so viel für mich, trägt mich überall hin und ist gesund. Das sollte man nicht vergessen.

Auch das Gespür für den eigenen Körper musste ich nochmal neu erlernen. Hungergefühl kannte ich lange nicht. Heute befasse ich mich viel mehr mit meinem Körper, versuche auf seine Signale zu hören und mir etwas Gutes zu tun. Doch in manchen Situationen sind da wieder diese „das darfst du nicht essen“-Gedanken. Das ist meiner Meinung nach nur menschlich und sollte nicht runtergemacht, sondern akzeptiert werden. Denn: Die Gedanken haben nur die Macht an Einfluss, die man ihnen erteilt. Ich nehme sie bewusst war und verabschiede sie wieder mit den Worten: „Oh hi lieber Gedanke, ich tue mir damit jetzt etwas Gutes.“ 

Ich bin der Meinung, dass man eine Essstörung nie ganz verabschieden kann, man kann nur bestimmen, inwieweit sie die eigene Lebensweise noch bestimmt.

Es ist ein stetiger Prozess dagegen anzukämpfen. Und ich kann aus Erfahrung sagen: Es ist kein leichter Weg, der geprägt ist von vielen Rückschlägen. Aber ich habe es durchgezogen und kann sagen: Es lohnt sich immer wieder aufzustehen und sich Mut zuzusprechen. Ich habe wieder meine Lebensfreude zurück, jeder Tag ist ein Geschenk. Natürlich, es gibt immer mal schlechte Tage, an denen man einfach nur im Bett liegen und die Decke weit über den Kopf ziehen möchte, aber gerade das ist die Herausforderung: Aus solchen Tagen das Beste rauszuholen und stolz darauf zu sein.

Wer das Leben genießt, macht nichts falsch.

Ich sage mir das selbst oft genug. Und trotzdem wird diese Einstellung auch auf harte Proben gestellt. Leider werden heutzutage in den Sozialen Medien, vor allem Instagram und TV-Serien, wie „Germany’s next Topmodel„, sogenannte Schönheitsideale als allgemein geltend kommuniziert, die unerreichbar und gefährlich sind. Gerade Frauen werden nur auf ihr Äußeres reduziert. Als „schön“ bezeichnet man einen 90-60-90 abgemagerten Körper und eine makellose Haut. Der Charakter ist nebensächlich, ganz schön oberflächlich!

Kein Wunder, dass vor allem Jugendliche zur stärksten Risikogruppe bei Essstörungen gehören. Wenn in dieser ohnehin schon sehr emotionalen Phase der menschlichen Entwicklung, in der man unbedingt dazu gehören möchte, zusätzlich noch der soziale Druck steigt, „schön“ sein zu müssen, kann es schwer fallen, die Kontrolle zu behalten.

Vor allem in diesem Jahr sind die damit verbundenen Themen Body-Shaming und Body-Positivity sehr präsent.

Body-Shaming ist das Pendant zu Body-Positivity und wird durch das, durch die Gesellschaft bestimmte Schönheitsideal hervorgerufen. Leute, die diesem Ideal nicht entsprechen, fühlen sich ausgeschlossen bis hin zur Scham für den eigenen Körper.

Body-Positivity ist die Gegenbewegung zu Body-Shaming und steht für die Verkörperung von Selbstvertrauen, sich nicht wegen seines Körpers zu schämen. Es gibt kein dick oder dünn. Jeder soll sich wohl fühlen, ohne von der Gesellschaft bestimmte Ideale aufgedrückt zu bekommen. Jeder, der einen Bikini trägt, hat damit eine Bikini-Figur – ganz unabhängig von seinem Äußeren.

Ein sehr inspirierender Instagram Account, den ich jedem, der sich noch mehr mit dem Thema befassen möchte, nur ans Herz legen kann, ist dieser:

Die schweizerische Grundschullehrerin kämpft seit ein paar Jahren gegen diese fehlerhaften Schönheitsideale, hält Vorträge und provoziert gleichzeitig mit charmanten Tanzvideos, in denen sie ihren, wie sie selbst sagt, „nicht makellosen Körper“ präsentiert. Aus ihrer Essstörungsvergangenheit macht sie kein Geheimnis, sondern nutzt ihre Erfahrung, um mit gutem Beispiel voranzugehen. Neben einigen Hasskommentaren, auf die sie mit neuen Tanzvideos reagiert, erntet sie ganz viel Lob und Respekt aus der Community. Sie ist für viele, auch für mich, ein Vorbild.

Sollte nicht jeder selbst bestimmen können, in welchem Körper man sich wohl fühlt und wie man aussehen möchte? Gerade die Individualität jedes Einzelnen macht das Leben doch so lebenswert und aufregend. Meine persönliche Erfahrung mit dem Thema Essstörungen hat mich gelehrt, meinen Körper so zu akzeptieren wie er ist. Nicht jeden Tag, aber jeden Tag ein Stückchen mehr.

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Mandy Phan

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Liebes Tagebuch: Wie akzeptiere ich mich selbst?

Quelle: privat

Lea

In ihren Tagebucheinträgen spiegeln sich alle Aufs und Abs aus Leas Alltag. Sie liebt es, wenn sie beim Lesen feststellt, dass sie wieder ein kleines Stück mehr zu sich selbst gefunden hat und rät: „Du wirst nicht von jetzt auf gleich deine Gedanken umstellen können, das braucht Zeit. Aber währenddessen lernst du unglaublich viel.“ Noch mehr Tipps gibt es in diesem Beitrag.

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„Deswegen möchte ich jetzt wieder etwas verändern“, schreibe ich in mein Tagebuch, „Ab morgen möchte ich …“,  ergänze ich, zögere einen Moment und streiche es dann doch wieder durch. Kopfschüttelnd sage ich mir selber, dass ich mit meinen leeren Versprechungen aufhören wollte, klappe das Tagebuch zu und werfe es an das Bettende. Im Laufe der letzten Jahre haben sich sechs kleine Heftchen bei mir angesammelt, die ich alle in der Schublade unter meinem Bett sammle. So sind sie zwar nicht weggeschlossen, aber trotzdem versteckt genug, um nicht jedem sofort ins Auge zu springen, sobald er mein Zimmer betritt. In all den unterschiedlichen Heften habe ich meine Gedanken und Gefühle der letzten Jahre mal mehr, mal weniger konsequent eingetragen. Auch wenn ich vieles mit meinen Freunden oder Familie teile, hüte ich die Hefte wie einen kleinen Schatz. Blättert man durch die Seiten, kann man von Erfolgen und Euphorie lesen, von Wut oder Einsamkeit, vom Scheitern oder der Liebe und auch getrocknete Tränen lassen sich neben den Sätzen auf dem Papier finden. In den letzten Jahren war mein Leben eine Achterbahnfahrt.

Wenn ich abends im Bett nachdenklich bin, greife ich gerne in die Schublade unter meinem Bett und lese ein paar alte Einträge aus meinen Tagebüchern. Oft stelle ich dabei fest, dass viele Inhalte für mich gar nicht mehr relevant sind, ich kann über sie lachen und hätte sie wahrscheinlich schon längst vergessen, wenn ich sie nicht irgendwann mal aufgeschrieben hätte. Doch manche Themen begleiten mich seit dem ersten Eintrag, sie tauchen immer wieder auf und tun es auch heute noch: Schreibe ich mal nicht über meine Figur, meine fehlende Selbstakzeptanz oder mein niedriges Selbstwertgefühl, dann ist das schon erstaunlich.

Gibt es ein Wundermittel für mehr Selbstakzeptanz?

Seit Jahren versuche ich daran zu arbeiten, mich selbst mehr zu akzeptieren. Ich habe versucht Podcasts über Selbstliebe zu hören, YouTube Videos zu gucken oder Blogeinträge zu lesen, Dankbarkeitslisten zu schreiben, mir wöchentlich neue Ziele zu setzen und verschiedene Abnehmstrategien ausprobiert. Erst vor kurzem kam ich zum Beispiel auf die Idee vegan zu werden, musste aber feststellen, dass es sich bis jetzt mal wieder um eine leere Versprechung handelte. Oft hatte ich auch die Hoffnung, dass ich mit Yoga oder Meditation bei mir zuhause mehr zu mir selber finde und meinen Körper besser spüren und wahrnehmen kann. Aber damit, 30 Minuten lang einfach „nur rumzusitzen“ und „an nichts zudenken“, konnte ich mich so schnell nicht anfreunden.
Ich habe einiges ausprobiert, um mehr Selbstakzeptanz zu erlangen, aber anstatt mich besser zu fühlen, wurde ich eher sauer auf mich selber, wenn ich mal wieder etwas nicht so konsequent durchgezogen habe wie geplant oder die Methode nicht gewirkt hat. Ich erkenne zwar manchmal an einem alten Tagebucheintrag, wie ich meine Einstellung teilweise geändert habe und merke daran, dass ich dem Ganzen einen Schritt näher komme, aber ein Wundermittel habe ich noch nicht gefunden.

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Tägliche Erinnerung an zu wenig Selbstliebe

Ständig und überall werde ich daran erinnert, dass ich mit mir zu kämpfen habe. Es ist so, als würde jedes Mal eine schrille Glocke läuten, die mich innerlich zusammenzucken lässt, damit ich ja nicht vergesse, dass ich mich selber nicht akzeptiere. Die Hose sitzt mal wieder enger? Glockenschlag. Das Top legt sich auf deinem Bauch ab und lässt jede einzelne Hautfalte deutlich werden? Glockenschlag. Alle um dich herum sind vergeben, aber bei mir ist überhaupt nichts in Aussicht? Glockenschlag. Die hübsche Bloggerin auf Instagram zeigt mal wieder ihr ach so tolles Leben? Glockenschlag. Gerade in solchen Phasen greife ich gerne auf mein Tagebuch zurück, um mir alles von der Seele zu schreiben. Ein Freund von mir sagte mal: „That free release of emotions can let you think logically about what’s bothering you rather than how much it bothers you.“ Und so ist es auch. Das Schreiben hilft mir meine Gedanken zu ordnen und mir bewusst werden zu lassen, was genau mich gerade beschäftigt. So kann ich dann ganz anders an das Problem heran gehen und lasse mich nicht von meinen Emotionen irritieren.

 Der Kampf gegen die Selbstakzeptanz

Es gibt und gab Phasen, da erklingt der Glockenschlag seltener und ich fühle mich wohl in meinem Körper. Vielleicht habe ich es mal zwei Wochen lang geschafft eine meiner neuen Ideen durchzuhalten, ich bleibe gerne vor dem Spiegel stehen und ziehe enge Tops an. Aber leider halten diese Phasen nicht lange an. Trotzdem muss ich feststellen, dass diese Höhen und Tiefen normal sind und dazu gehören. Sie sind Teil meiner Reise zur eigenen Selbstakzeptanz. Und jedes Mal aufs Neue muss ich dagegen ankämpfen, mich erinnern, worauf es wirklich ankommt und mich selber schätzen lernen. Aber das macht mich stark.

Ein Wundermittel für mehr Selbstliebe gibt es nicht, aber vielleicht ist es eine Kombination aus den kleinen Dingen verbunden mit Zeit und Durchhaltevermögen. Es ist ein Kampf und es ist nicht leicht, aber ich bin auf einem guten Weg und freue mich auf den Tag an dem ich eins meiner goldenen Hefte durchblättere und dieses Thema endlich zu denen gehört, die nicht mehr relevant für mich sind.

Meine Go-To-Liste für mehr Selbstakzeptanz

  • Lebe im Hier und Jetzt: Versuche dir immer wieder vor Augen zu führen, dass es wichtigere Dinge im Leben als deine Nase oder dein Gewicht.  Genieße dein Leben, anstatt dir Sorgen um „Kleinigkeiten“ zu machen.
  • Sei geduldig mit dir: Du wirst nicht von jetzt auf gleich deine Gedanken umstellen können, das braucht Zeit. Aber währenddessen lernst du unglaublich viel.
  • Nimm dir Zeit für dich selbst: Egal, ob du es mit Meditation oder Yoga versuchst oder ein schönes Buch liest und Tee trinkst – tu das, was dir gefällt.
  • Hör in dich hinein und nimm dich war: Überlege dir zum Beispiel, was du an dir magst und was du schön findest – äußerlich und charakterlich! Versuche, dich auf darauf zu konzentrieren. Wenn es dir mal nicht gut geht, versuche erst zu verstehen warum das gerade so ist und dann aktiv daran zu arbeiten. Lerne dich selbst besser kennen!

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Alin Peeberaterin

Alin

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Leichter gesagt als getan: Positiv denken

Laura

Vielleicht kennst du Gedanken wie „Was könnten die anderen von mir denken?“ oder „Ich schaffe das eh nicht.“ Du denkst jetzt schon an Situationen, die noch weit in der Zukunft liegen – oder bereits längst in der Vergangenheit? Situationen, die vielleicht blöd gelaufen sind? Vor denen du Angst hast und deine Gedanken darum stehen nicht still?

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Sätze wie „Mach dir nicht so viele Gedanken“ oder „Denk doch nicht so negativ“ sind einfach gesagt und schwierig umzusetzen. Viel zu häufig machen sich Menschen tagelang Gedanken wegen einer Sache oder zweifeln an sich selbst. Wie gehst du am besten mit solchen Gedanken um oder wirst sie gar los?

 

Der Nocebo-Effekt 

Bestimmt hast du schon mal vom Placebo-Effekt gehört. Placebos sind Medikamente ohne Wirkstoff. Sie werden von Patienten in dem Glauben genommen, sie beinhalten Wirkstoffe. Häufig werden die Beschwerden der Betroffenen dadurch besser. Beim Nocebo-Effekt ist das Gegenteil der Fall: Patienten glauben durch ein bestimmtes Medikament Nebenwirkungen zu bekommen. Da sie diese negativen Symptome erwarten, treten sie auch tatsächlich auf.

Sowohl der Placebo-, als auch der Nocebo-Effekt lassen sich mit dem positiven und negativen Denken vergleichen. Machen sich Menschen ständig negative Gedanken oder reden sich selbst oder eine Situation schlecht, ist die Wahrscheinlichkeit viel höher, dass diese Erwartungen erfüllt werden. Die negativen Erwartungen werden zur Realität.

Mit negativen Gedanken kommt niemand weiter. Natürlich sollst und darfst du dich aufregen, zweifeln und nicht weiterwissen. Keiner erwartet von dir immer gut drauf zu sein und in allem nur das Positive zu sehen. Aber ist bei jedem kleinen Problem, das auftritt, dein erster Gedanke ein schlechter, bringt dich das kein Stück weiter. Im Gegenteil: Es kostet dich Energie und Kraft. Es bringt dich nicht an dein Ziel!

Gedanken-Placebo 

Glauben Menschen stets an das Gute, sehen in allem irgendeinen Vorteil oder eine Lehre, geht es ihnen auch besser. Deine Worte und Gedanken bestimmen deine Laune, deine Ausstrahlung, deinen Alltag. Sie beeinflussen, ob du eine bessere Note in der Klausur schreibst. Ob du neue Menschen kennenlernst. Ob du immer selbstbewusster wirst. Mit einem Lächeln, einem einfachen „Ich schaff das“, ist mehr getan als du denkst. Rede dir selbst ein, dass die Klausur super wird, du auf der neuen Schule Freunde finden wirst, du gut bist, wie du bist. Irgendwann werden deine Worte zur Wirklichkeit: der Gedanken-Placebo.

Mit positiven Gedanken ziehst du Positives an. Auch, wenn das erst mal schwerfällt und unglaubwürdig klingt. Was du denkst, stahlst du aus und was du ausstrahlst, ziehst du an.

Deine Worte und Gedanken bestimmen deine Laune

Das klingt jetzt erst mal so daher gesagt: Einfach positiver denken. Eigentlich weiß jeder, dass es viel besser wäre, keine Zeit zu verschwenden und stattdessen nach vorne zu schauen. Aber wie schaffst du es denn nun in negativen Situationen, positiv zu bleiben? Wie hörst du auf, dir unnötige Sorgen zu machen oder dich selbst kleinzureden?

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Versuche bei jedem Zögern, Meckern, Zweifeln eine positive Sache an der Situation zu finden. Stell dir die Frage, was daran gerade gut ist. Was bringt dich trotzdem weiter? Was kannst du daraus lernen? Irgendwann laufen diese Gedankengänge ganz automatisch in deinem Kopf ab. Du gewöhnst dich daran, nicht direkt das Schlimmste in allem zu sehen.

Sorgen müssen auch mal rausgelassen werden. Du kannst nicht immer sofort in allem das Positive sehen oder aufhören, dir den Kopf zu zerbrechen. Sprich mit Freunden oder schreibe alle Gedanken auf. Vielleicht helfen Sport oder dein Lieblingsfilm. Sei auch mal traurig, sauer oder nachdenklich. Dann muss es aber reichen und du solltest wieder nach vorne schauen.

Frag dich, ob dich die Situation in der Zukunft noch beschäftigen wird. Lohnt es sich vielleicht gar nicht, jetzt darüber zu grübeln? Lass dich nicht von einer Sache runterziehen, die dich womöglich nur kurzfristig aufhält. Sind deine negativen Gedanken überhaupt realistisch? Oder malst du dir gerade vielleicht das Schlimmstmögliche aus, was passieren könnte? Ist es nicht eher unwahrscheinlich, dass diese Möglichkeit eintritt?

 

Schaffe dir eine Art Grundvertrauen in das Leben. Irgendwie funktioniert es doch immer -mal einfach, mal mit Hindernissen. Stressige und nervenzehrende Phasen, die aber vorbeigehen. Auch, wenn es aussichtslos scheint, am Ende klappt alles. Schau mal zurück, was du bereits alles geschafft hast, wie weit du bisher gekommen bist. Sei stolz auf diese Dinge und vertraue darauf, dass alles andere auch gut wird.

 

 

Niemand ist immer positiv oder immer gut gelaunt. Niemand sieht in allem immer nur das Gute. Niemand kann Gedanken mal eben beiseiteschieben. Und das musst du auch nicht. All das ist eine Sache der Gewohnheit. Mit der Zeit wird es immer einfacher und keiner ist von Anfang an perfekt.

Aber, wenn du dir schon so viele Gedanken machst, warum nicht gleich gute?

Hier noch zwei Buch-Empfehlungen, die dir vielleicht zusätzlich helfen:

– „Sorge dich nicht – lebe!“ – Dale Carnegie
– „Jetzt! Die Kraft der Gegenwart“ – Eckhart Tolle

 

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Peerberaterin Anna

Anna

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Schön, dass du da bist. Dieser Text könnte dich sehr berühren. Wenn du eine Essstörung, eine Depression oder Suizidgedanken hast, könnte dieser Text dir gerade nicht guttun. Bitte überlege dir, ob du ihn wirklich lesen möchtest. Hast du Redebedarf? Dann hilft dir vielleicht unser Angebot hier weiter.

Alles Liebe, Deine Incogito-Redaktion.

Quelle: RyanMcGuire/Pixabay

Die Dünnen sind die Glücklichen

Quelle: privat

Wenn man dünn ist, dann weiß man das. Man weiß es nicht nur, weil man Kleidung in Größe XS trägt, sondern weil einen die meisten darauf ansprechen. Ich war nicht übergewichtig bevor ich essgestört wurde. Ich war „normal“. Doch als ich sehr dünn wurde, klangen die Kommentare oft so, als wäre ich zuvor eine Tonne gewesen.

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„Jessi, wie hast du das geschafft?“, „Ich wäre auch gerne so schön schlank wie du!“, „Ja, du hast gut reden. Du kannst ja alles essen und bist so schön schlank!“, „Meine Exfreundin hatte ja nicht so eine gute Figur wie du!“ Sogar als ich beim Frauenarzt für einen Bluttest mein Gewicht nennen sollte, sagte die Arzthelferin: „Wow, so wenig würde ich auch gerne wiegen!“ Sie wollten mit dem Test herausfinden, weshalb ich meine Tage nicht mehr bekam. Als Arzthelferin einer Frauenärztin müsste ihr eigentlich bewusst sein, dass durch ein zu niedriges Gewicht und den Stress, dem man seinen Körper aussetzt, die Periode ausbleiben kann.

Ein zu hoher Preis für diesen Körper

So ging es über Jahre. Ich wusste selbst nicht wie ich auf solche Kommentare reagieren sollte. Doch als mein Leidensdruck, durch all das was ich mir verboten hatte zu machen und zu essen, einfach zu hoch wurde und mir endlich jemand die Wahrheit sagte – wie schlecht ich aussehe und so viel unglücklicher als früher – merkte ich, dass ich etwas ändern musste. Ich wollte mir nicht mein ganzes Leben lang Dinge verbieten, gerade weil ich früher so gern gegessen hatte und so glücklich mit mir selbst war. Es war ein langer und schwerer Weg und ist es manchmal immer noch. Doch ich fing vor drei Jahren langsam aber stetig an mehr zu essen und mich mit meinen Problemen auseinanderzusetzen und ich begann das Wichtigste: Ich fing an darüber zu sprechen.

Ich fing an darüber zu sprechen.

Und was dann passierte, machte mich traurig: Die Menschen, die mein Gewicht kommentierten, reagierten sehr beschämt. Sie wussten nicht, wie sie damit umgehen sollten, wenn sie sagten, wie toll ich doch aussähe und ich darauf provokant erwiderte „Ja, aber ich habe eine Essstörung.“ Mir kam es so vor, als wäre es ein Thema, dass die Menschen am liebsten totschweigen wollen, um die Illusion des perfekten und schlanken Frauenkörpers nicht zu zerstören.

Schlank = Liebe?

Manchmal frage ich mich wie wir hier, an diesem Punkt, landen konnten. An einem Punkt an dem man das Gefühl hat, dass Erstrebenswerteste auf der Welt ist es, einen tollen Körper zu haben. Man hat das Gefühl, dass der Kampf um den Körper nie enden wird und gerade erst so richtig beginnt. Nicht nur wir selbst sind unser größter Kritiker, sondern auch andere Frauen. Wie oft höre ich Freunde und Kollegen darüber sprechen: „Hast du gesehen? Sie hat so abgenommen, wie hat sie das nur geschafft?! Ich will das auch!“, „Wenn ich nur fünf Kilo weniger wiegen würde, hätte ich sicher endlich einen Freund!“, „Ich lasse einfach Kohlenhydrate weg aber jetzt habe ich immer so Heißhunger… keine Ahnung wieso, das ist doch so gesund oder?!?“ Ich könnte hier hunderte Zitate aufzählen.

Generation Körperschemastörung

Nun hört man diese Kommentare im Alltag und dann geht man nach Hause in seine vier Wände und dann geht es weiter: PC an, Handy entsperren: Instagram, YouTube, Pinterest – es ist überall: Abnehmen, Booty-Training, Yoga-Lifestyle. Ein Trend jagt den nächsten. Die einen essen nichts, die anderen vegan, der nächste Low Carb, der andere macht Intermittent Fasting. Es gibt unzählige Regeln, die man am besten befolgt, um glücklich – also schlank, muskulös oder sonst etwas zu sein. Immer mehr Menschen entwickeln durch diese Idealbilder eine Körperschemastörung. Denn wenn man ein Ideal von sich selbst hat, ist man nie genug, egal was man tut. Man nimmt dadurch seinen Körper komplett anders wahr, als er eigentlich aussieht. Wenn man unbedingt muskulös sein will, ist man immer zu schmal, wenn man sich im Spiegel sieht. Wenn man Angst vor Bauchfett hat, wird man immer zu viel Fett an seinem Bauch spüren, auch wenn dort keines ist.

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Iss doch mal was!

Es gibt mittlerweile so viele unterschiedliche Formen einer Essstörung, mit denen nicht nur Frauen zu kämpfen haben. Und jede Ausprägung wird gesellschaftlich anders bewertet. Die Bulimie: Das ist ekelhaft. Wie können die Mädchen nur soviel fressen und dann auskotzen? Die Binge Eater: Auch ekelhaft, die werden doch fett! Die Magersüchtigen: Mädchen, iss doch mal was! Und zuletzt die Fitnessgirls: Wow – einfach nur perfekt! Sechs mal die Woche trainieren und jede Kalorie zählen? Nein, das kann keine Essstörung sein! Weit gefehlt!

Der Neid auf Körper

Eine Person hat zugenommen oder abgenommen und wir fällen ein Urteil, ob das gut ist oder schlecht ist. Ob die Person glücklich oder unglücklich ist. Doch woher nehmen wir uns dieses Recht? Woher wissen wir, was diese Person dazu veranlasst hat? Wieso beneiden wir jemanden darum, dass er abgenommen hat, obwohl wir nicht wissen, ob dies mit Einschränkungen und gar Übergeben, Essanfällen etc. einhergeht? Wollen wir das wirklich als Tausch gegen eine so „großartige“ Figur? Natürlich nehmen auch Menschen ab – und das einfach so. Doch wir als außenstehende Person können das nicht beurteilen.

 

Hinter die Fassade blicken

Dies ist ein Appell, aufmerksamer zu sein und wirklich zu sehen, was hinter der Fassade von Abnahme und Zunahme steckt. Wirklich zu erkennen, ob es dem Menschen gut geht oder ob er leidet. Ihn nicht anzuprangern, wenn er zunimmt. Man weiß nicht, ob die Person selbst damit nicht schon genug zu kämpfen hat. Denke dir was du willst, aber mache es für die Person nicht noch schwerer. Oder bestärke sie nicht im ewigen Kampf mit Sportsucht, Nicht-essen, Fressen und Kotzen. Wir können nicht sehen, was wir mit einem einzelnen Kommentar im Kopf einer Person anstellen können. Bei mir haben kleine Kommentare Wunden aufgerissen und mich teilweise noch tiefer in die Essstörung getrieben.

Suche dir Hilfe und positive Inspiration

Ich weiß heute, dass mich eine „perfekte“ Figur nicht automatisch glücklich macht und mich mit mir im Reinen sein lässt, eher im Gegenteil. Denn man wird launisch, genervt und schwierig, wenn es um essen, Essen gehen und allgemein Unternehmungen geht. Ich möchte später meinem eigenen Kind keinen Grund geben je über sich selbst schlecht zu denken und ein wenig Speck am Bauch zu verteufeln. Es soll nicht denken, es wird nur geliebt, wenn es eine bestimmte Kleidergröße hat oder besonders sportlich ist – das weiß ich heute.

Verschiedene Medien, die mir dabei geholfen haben, mehr über Verurteilung und verschiedene Körperformen nachzudenken und mir ganz besonders dabei geholfen haben, mich mit meiner Figur zu versöhnen, waren:

Ich hätte mir damals an manchen Stellen mehr Kommentare und Kritik gewünscht und an anderen Stellen weniger. Ich finde es teilweise einfach sehr unverantwortlich, dass so viele Ärzte nicht sehen, wieso man gesundheitliche Probleme hat. Haarausfall, Ausbleiben der Periode, Vitaminmangel – all das können Hinweise auf eine Essstörung sein. Oft haben sie einfach keine Zeit, genauer hinzuschauen. Und wir Essgestörte wollen oft unsere Probleme so gut es geht kaschieren und verstecken. Ich hätte mir gewünscht, dass wir mehr sensibilisiert werden, was psychische Probleme angeht und nicht so schockiert und wortlos reagieren müssen, wie es eben viele tun. Es ist normal, dass wir Phasen in unserem Leben haben, in denen wir unsicher sind. Es ist normal, nicht alles hinzubekommen, nicht auszusehen wie ein Topmodel, nicht die besten Noten und den großen Lebensplan zu haben. Es ist normal, nicht perfekt zu sein  – und eigentlich will ich gar nicht mehr perfekt sein.

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Carolin

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Quelle: Oonamasté

"Ich habe gelernt, mir mit Liebe zu begegnen"

Quelle: privat

Oona hat Yoga gefunden und es mit Hilfe dieses Lebensstils geschafft, sich von einer Essstörung zu befreien. Heute begegnet sie sich selbst wieder auf Augenhöhe. Im Interview spricht sie davon, wie wichtig für sie die Liebe zu ihr selbst ist und betont, dass man den Fokus auf das Innere richten muss, weg vom Erwartungsdruck der Außenwelt.

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NATALIE für In-Cogito: Hey Oona, danke, dass du dir Zeit für das Gespräch und unseren Blog nimmst!

OONA: Ich würde sagen, es war eine glückliche Fügung, dass ich in-cogito entdeckt habe. Ich war sofort begeistert, denn ich habe in dem Blog meinen Wunsch wiedererkannt, Menschen zu helfen und Erfahrungen zu teilen. Die Anfrage für das Interview hat mich wirklich gefreut!

NATALIE: Uns freut’s auch total. Wie geht’s dir?

OONA: Ganz gut – es ist Freitag und die Sonne scheint. Ich bin ein bisschen wie eine Pflanze: Sonnenschein sorgt dafür, dass ich aufblühe.

NATALIE: Hast du heute schon Yoga gemacht und welchen Einfluss hat das auf deine Tagesverfassung?

OONA: Ich habe eine feste Morgenroutine und die beinhaltet, dass ich direkt nach dem Aufstehen fünf bis zehn Minuten Yoga mache. Das ist gar nichts aufregendes, sondern soll mich einfach aufwecken und im Tag ankommen lassen. Ich begrüße meinen Körper, indem ich ihn mobilisiere und dehne. Anschließend meditiere ich. Auf diese Weise habe ich einen stressfreien Start in den Tag, denn ich komme bei mir selbst an, ich bin nicht beim Äußeren, sondern beim Inneren. Früher war der Morgen immer sehr hektisch. Im Gegensatz dazu nehme ich mir heute bewusst diese zehn Minuten Zeit, um mich zu erden.

NATALIE: Auf deinem Instagram-Profil, wo dir fast 18.000 Menschen folgen, spielen nicht nur Yoga und Spiritualität eine wichtige Rolle. Dort thematisierst du auch, wie du deine Essstörung hinter dir gelassen hast. Wie sind Yoga und die Erkrankung für dich miteinander verknüpft?

OONA: Früher bin ich ganz viel ins Fitness-Studio gegangen. Ich hatte ein sehr klares Schönheitsideal und Sport war das Mittel zum Zweck, dieses körperliche Ideal zu erreichen. Damit habe ich meine Essstörung verschoben. Es war nicht so, dass ich nicht nichts gegessen habe. Stattdessen hielt ich eine sehr cleane Diät ein. Mit Sport und restriktivem Essen habe ich einem Idealkörper hinterhergejagt.

Weil Yoga meinen Fokus von außen nach innen gelenkt hat, konnte es mich auf körperlicher Ebene befreien. Ich praktiziere Yoga alleine, nur für mich, damit ich mich ganz intensiv auf mich selbst konzentrieren kann. So spüre ich genau was mein Körper braucht: Stretching, Yoga, Ruhe oder etwas körperlich Anstrengendes, um Druck abzubauen. Im Gegensatz dazu ging es beim Sport in der Vergangenheit immer darum, welche Übungen dazu dienen, mein optisches Ziel zu erreichen. Yoga aber hat mich gelehrt, dass es okay ist, wenn ich mir selbst Ruhe und Zeit gebe. Wenn ich merke, dass eine bestimmte Asana, also Übung, in einer Form nicht geht, dann passe ich sie an mich und meine Verfassung an. Gerade weil ich eine Perfektionistin bin, war das ein unglaublich großer und wichtiger Schritt in Richtung Selbstfürsorge und Akzeptanz.

NATALIE: Yoga heißt, sich selbst mit Liebe zu begegnen. Genau das ist für Menschen, die mit einer Essstörung ringen, aber oft ein Problem. Hattest du „Startschwierigkeiten”, dich mit Yoga als Sport und Lebensstil zu identifizieren?

OONA: Am Anfang war das tatsächlich gar nicht so einfach. Insgesamt habe ich viermal mit Yoga angefangen und es dann wieder gelassen – exakt aus diesem Grund. Ich konnte die Prinzipien der Selbstliebe beim Yoga nicht damit vereinbaren, dass ich ständig damit gekämpft habe, mich zu vergleichen. Ununterbrochen dachte ich: „Die ist viel besser und gelenkiger als ich.“ Dabei geht es eigentlich darum, dass jeder „sein“ Yoga macht, um sich selbst etwas Gutes zu tun und bei sich anzukommen. Es war schon ein schwieriger Prozess für mich, mich da reinzufinden. Aber diesen Schritt zu gehen und zuzugeben, dass es einem nicht gut geht, und dann eben etwas dafür zu tun, dass es einem besser geht – zum Beispiel Yoga – das ist die reinste Form von Selbstliebe. Jetzt ist Yoga ganz klar eine Auszeit für mich. Yoga ist immer meine Nummer eins, wenn es darum geht, was mir helfen würde, mich besser zu fühlen. Ich denke dabei an das Gefühl, dass ich danach habe, wenn ich Yoga praktiziere: Freiheit.

NATALIE: Du inspirierst andere mit deinem Lebensweg nicht nur bei Instagram. Du hast kürzlich auch einen Blog und einen Podcast gestartet. In der ersten Folge erzählst du, dass deine Essstörung sich entwickelt hat, als du dich gegen deine eigenen Wünsche gestellt hast, um den Erwartungen anderer zu entsprechen. Kannst du das konkreter beschreiben?

OONA: Die Essstörung war für mich das Lösungsmittel, die Konflikte, die ich mit mir selbst hatte, zu unterdrücken. Immer dachte ich: Ich muss so sein, ich muss dies tun und so weiter. Ich hatte das Gefühl, dass ich keine Kontrolle über mein Leben habe und wollte etwas finden, was ich kontrollieren kann. Und ich fand etwas: mein Essverhalten.

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Ich kann alles sein was ich will.

Ich musste lernen: In meinem Leben geht es nicht um die Erwartung anderer, manchmal nicht mal die von mir. Das bedeutet natürlich nicht, dass ich keine Ziele haben darf oder kann. Aber den ganzen Erwartungsdruck von mir zu nehmen, ermöglicht mir, mich selbst zu erforschen, um herauszufinden, wer ich sein möchte. Und ich kann alles sein was ich will, egal ob das bedeutet, dass ich tagelang in Yoga Klamotten durch die Gegend laufe, oder mich in schicken Outfits kleide. Aber daran  muss ich mich auch immer wieder selbst erinnern.

NATALIE: Wenn du deinem vergangenen Ich, das mit sich selbst gekämpft hat, etwas sagen könntest, was wäre das?

OONA: Du darfst dir Hilfe holen. Du musst das nicht allein schaffen. Ich dachte damals nämlich, das wäre ein Zeichen von Schwäche, um Hilfe zu bitten. Aber das ist genauso unfassbar wichtig, damit man mit seinen Problemen nicht allein ist.

Du darfst dir Hilfe holen.

NATALIE: In einem deiner Blogbeiträge bin ich auch über das Thema „Nein“-sagen gestolpert und dass das mit Selbstliebe leben durchaus Hand in Hand geht. Was rätst du Lesern von in-cogito, die sich damit schwertun?

OONA: Ich glaube, dass es ganz wichtig ist, bei Entscheidungen immer wieder in sich reinzuspüren und zu fragen: Will ich das wirklich? Was sagt denn mein Körper dazu? Denn der ist ja nicht selten Ausdruck innerer Unruhen und Konflikte. Man sollte sich selbst wirklich an erste Stelle setzt, und zwar bei jeder Entscheidung. Übrigens heißt das auch: Wenn du keine instinktive Antwort in dir findest, nimm den Druck von dir selbst und sage „Darüber möchte ich noch ein bisschen brüten“, egal wie groß oder klein die Entscheidung ist. Und auch einen Rückzieher machen ist okay. Es ist völlig in Ordnung, einen Schritt zurückgehen und sagen: „Hey, eigentlich will ich das gar nicht.

NATALIE: Stolperfallen beim Thema Selbstliebe stellen uns oft Instagram und Co.: Wir sehen jemanden, mit dem wir uns vergleichen und plötzlich bröckelt unsere Selbstakzeptanz. Wie gehst du damit um?

OONA: Als ich 2013 mit Instagram angefangen habe, war ich noch sehr in meinem Fitnesswahn gefangen – ich hatte meine Essstörung auf den Sport verschoben. Ich bin in ein Loch gefallen, auch weil mich Schönheitsideale auf Instagram deprimiert haben. Ich habe mich nicht stark genug, nicht schön genug, nicht interessant genug gefühlt. Mein wichtigster Schritt war, alle Accounts anzuschauen, denen ich folge und mich bewusst mit den Inhalten auseinanderzusetzen. Ich bin knallhart allem entfolgt was mir kein gutes Gefühl gegeben hat, auch Freunden und Bekannten. Mein nächster Schritt war, zu versuchen, das genaue Gegenteil all dieser Accounts auf meinem Profil zu präsentieren. Ich wollte eine positive Lebenseinstellung mit dem kombinieren, was mich wirklich interessiert.

NATALIE: Kannst du ein paar Accounts empfehlen, die diese positiven Aspekte in sich vereinen – vor allem für junge Nutzer und Menschen, die ein bisschen Selbstliebe gebrauchen können?

OONA: Kira von soulfoodjourney  auf jeden Fall. Wir haben sehr ähnliche Hintergründe. Dann gibt es da noch lilalemonie. Der Account macht herrlich gute Laune und vermittelt, dass nicht hinter allem ein tieferer Sinn stecken muss. Laura Malina Seiler hat mir beispielsweise einen ganz anderen Blick auf Selbstliebe gegeben. Ihrem Account folge ich super gerne. Dann ist da noch Morgan Harper Nichols, die einen mit selbstgeschriebenen, wunderbaren Sprüchen immer daran erinnert, sanft zu sich selbst zu sein. Tieraccounts jeder Art sind natürlich auch unschlagbar.

NATALIE: Welche positiven Möglichkeiten eröffnen sich dir durch Instagram & Co.?

OONA: Mir ist wichtig, dass alle sehen sollen: Jeder hat Sorgen, Ängste, Probleme, Unzufriedenheiten. Instagram ermöglicht mir in diesem Zusammenhang, dass ich in kürzester Zeit viele Menschen mit meiner Message erreichen kann. Ich kann ganz einfach meine Erfahrungen teilen und Tipps geben und Menschen aus ihrer Illusion in die Wirklichkeit zurückführen.

NATALIE: Wo möchtest du denn längerfristig mit deinem Blog, deinem Account, deinem Podcast hin?

OONA: Das ist tatsächlich ganz schön viel (lacht). Ein konkretes Ziel für mich ist, ein paar Werbeflächen in Hamburg anzumieten und dort dann einfach positive Messages zu plakatieren. Ein Live-Treffen mit Betroffenen einer Essstörung fände ich auch klasse. Der Podcast ist natürlich auch wichtig für mich, damit kann ich viele Menschen erreichen und meinen Weg teilen. Ich habe auch eine Coaching-Ausbildung in Betracht gezogen, mal schauen.

NATALIE: Also ich freu mich ja schon, wenn meine Freunde in Hamburg dann bald ein paar von deinen Plakaten lesen können! Ich wünsche dir auf alle Fälle, dass du damit Erfolg hast. Möchtest du abschließend noch etwas loswerden?

Mach dir keinen Druck!

OONA: Mach dir keinen Druck, auch wenn es dir schwerfällt. Du hast alles, aber auch alles, richtig gemacht.

Natalie: Vielen Herzlichen Dank für dieses wundervolle Gespräch!

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Lisa C.

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Quelle: Free-Photos auf Pixabay

Wer bin ich? Selbstfindung ist ein Prozess

Quelle: privat

Ich möchte euch in diesem Artikel nicht dazu raten, mehr Veranstaltungen zur Berufsorientierung zu besuchen. Nein, hier soll es um euch, um mich und unser Leben gehen. Vergleichen wir es mal mit einem Puzzle: Stets sind wir auf der Suche nach fehlenden Teilen, arrangieren bereits Gefundenes um und möchten das Bild vervollständigen. Unser aller Ziel ist es uns selbst zu finden, die fehlenden Puzzleteile. Aber werden wir sie je alle beisammen haben? Ist das überhaupt möglich im echten Leben? Und wer oder was beeinflusst uns bei dieser Suche?

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Gibt es ein Wann?

Bereits in jungen Jahren beginnen wir uns mit der Frage „Wer bin ich eigentlich?“ auseinanderzusetzen, aber Selbstfindung ist ein Prozess von unbestimmtem Anfang und mit offenem Ende. Nichtsdestotrotz gibt es unbestreitbar Phasen in unserem Leben, in denen wir aktiver auf der Suche nach unserer Persönlichkeit werden. Während der Schulzeit und gegen deren Ende spielen unsere Wünsche für die Zukunft eine immer größere Rolle. Wir hören viele, gut gemeinte Ratschläge aus unserem Umfeld, sind besonders empfänglich für Inspiration, aber auch anfällig für Druck.

Jetzt stehen dir alle Türen offen.

Oft wurde mir gesagt „Jetzt stehen dir alle Türen offen“. „Jetzt“ bezogen auf den Zeitpunkt, als ich mein Abitur in der Tasche hatte. Ja. Richtig. Es stehen einem viele Möglichkeiten offen. Erdrückend viele, sodass Jugendliche oft überfordert sind. Über Studium und Arbeit werden wir zu genüge informiert, aber niemand kann uns so richtig auf das, was danach kommt vorbereiten. Mit dem Schulabschluss stehen wir dann da: Orientierungslos, erschöpft, jung, naiv. Und in diesem Zustand sollen wir eine Entscheidung fällen, die vielleicht den Rest unseres Lebens beeinflusst. Am besten noch schnell, sodass wir zügig in die Berufswelt einsteigen und Geld verdienen. Kein Wunder, dass über 50 Prozent aller künftigen Studenten sich erstmal für eine Auszeit entscheiden.

Die Entscheidung über die eigene Zukunft kann einem niemand abnehmen. Nicht die Eltern, nicht die Freunde. In letzter Instanz liegt es bei uns, aber beeinflusst werden wir sowohl bewusst als auch unbewusst von ihnen, der Gesellschaft, sozialen Medien und vielen weiteren Faktoren in unserem Umfeld.

 

Ach, die Eltern…

Eltern sind Menschen, die unseren Lebensweg von Anfang an begleiten und mit denen wir die verschiedensten Phasen durchmachen. Je älter wir werden, desto unabhängiger möchten wir von ihnen werden. Aus mir und dir soll eine eigenständige, individuelle Person werden, die ihre Eltern nicht mehr braucht. Oder?

Klar ist es irgendwann an der Zeit auszuziehen und sich ein eigenes Leben aufzubauen, aber Fakt ist nun mal auch, dass unsere Familie uns so gut kennt wie nur wenige andere Menschen. Jeden Tipp, den sie geben, jede Unterhaltung, die wir führen, jeden Streit, den wir ausfechten, all das beeinflusst uns. Vielleicht nicht bewusst, aber in unserem Unterbewusstsein arbeitet es weiter. Sie mögen nicht immer richtig liegen mit ihren Aussagen, eventuell Druck ausüben oder Erwartungen stellen, die wir nicht erfüllen können oder wollen, aber in uns allen schlummert doch der Anspruch unsere Eltern stolz und glücklich zu sehen oder zumindest ihre Aufmerksamkeit zu ergattern.

Ich gebe offen zu, dass ich einige Entscheidung in meinem Leben getroffen habe, deren größte Motivation es war, genau das Gegenteil von dem zu tun, was mir ein Elternteil geraten hat oder um NICHT so zu werden, wie meine Eltern. Das Verhaltensmuster erkenne ich hin und wieder immer noch bei mir, obwohl ich mittlerweile versuche, mir ihre Ratschläge vernünftig und erwachsen anzuhören und daraus zu lernen. Ich weiß, dass sie stets mein Bestes im Sinn haben, aber manchmal schaffe ich es nicht aus meiner Haut heraus und bin das bockige Kind, das nicht auf seine Eltern hören mag.

 

Freunde, die Familie die wir uns aussuchen?

Freunde sind Personen, mit denen wir uns in unserer Freizeit umgeben, mit denen wir lachen und weinen, unsere Geheimnisse teilen und vieles mehr. Aber Freund ist nicht gleich Freund. Ihr kennt sie sicherlich auch diese Freunde, mit denen man sich stundenlang unterhält und trotzdem aneinander vorbeiredet oder sich nur über den neuesten Klatsch und Tratsch austauscht. Es mag blöd klingen, aber sie bringen keinen Mehrwert außer Zeitvertreib – und geben einem das Gefühl nicht allein zu sein. Schön und gut, viel wertvoller sind aber die Menschen in unserem Leben, die uns zuhören, die auf Gesagtes eingehen, uns wertvolle Tipps geben und uns inspirieren. Womöglich sind es Personen, die nicht ständig in unserer Nähe sind, sie sagen uns mal ehrlich die Meinung, wenn wir Mist gebaut haben, bauen uns aber auch auf, wenn wir Rückschläge erlitten haben und zaubern uns immer ein Lächeln auf die Lippen, wenn wir es am Nötigsten haben.

Ich möchte dir jetzt nicht raten lockere Freundschaften aus deinem Leben „auszumisten“, aber stell dir doch in nächster Zeit mal die Frage, wem du deine Sorgen und Trauer anvertraust und wessen Gesellschaft dich aufmuntert, inspiriert und deine Laune hebt.

 

Und andere Menschen in unserer Umgebung?

In jeder Gesellschaft gibt es gewisse Idealvorstellungen. So wird bei uns ein erfülltes Leben üblicherweise mit einem gut bezahlten Job, beruflichen Entfaltungsmöglichkeiten, einem Partner, einem gemeinsamen Haus im Grünen und optimalerweise noch zwei Kindern verknüpft. Ein Ideal ist es geworden, weil sich über eine ganze Weile lang ein Großteil ihrer Mitglieder damit identifizieren konnten.

Mit diesen Vorstellungen sind wir alle aufgewachsen, sie sind in unseren Köpfen verankert und erscheinen uns wie das Normalste auf der Welt. Ist es aber auch das, was wir wirklich wollen? Will ich in 10 Jahren verheiratet sein und mit meinem Mann und meinen zwei Kindern auf dem Land leben? Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht. Nur, weil einige Menschen diesen Wunsch hegen, heißt es nicht, dass es meiner ist. Vielleicht will ich auf gar keinen Fall Kinder haben, weil ich die Quengelmaschinen einfach nur nervig finde.

An irgendeinem Punkt im Leben, am besten nicht zu spät, ist es unumgänglich sich damit auseinandersetzen, ob die Ideale der Gesellschaft, mit denen wir aufgewachsen sind mit unseren persönlichen Wünschen übereinstimmen oder ob wir sie einfach so oft gehört hat, dass wir denken, dass wir damit glücklich werden.

 

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Instagram & Co.

Wer von uns hat keinen Account auf Instagram oder ähnlichen Plattformen? Kein Teil von sozialen Medien zu sein, ist für viele von uns keine Option mehr, da deren Reichweite und Vernetzung zu groß geworden ist.

Beeinflusst werden wir unter anderem von erfolgreichen Influencern, die Fotos von ihrem tollen Körper, ihrer perfekten Beziehung, ihren neuen Klamotten, tollen Events, etc. posten #perfectlife. Ihr Feed erweckt in uns den Wunsch ein ähnlich schönes Leben zu führen wie die Person, die man online bewundert. Unbewusst werden wir von unseren Idolen auf sozialen Medien beeinflusst. Das muss nicht immer von negativer Natur sein, es gibt inspirierende Influencer wie zum Beispiel m0rrenita, die sich für mehr Realität auf Instagram, Bodypositivity und Selbstliebe einsetzt.

Unterscheiden sollten wir aber, inwiefern der Feed von bestimmten Leuten uns gut tut. Hierbei spreche ich nicht nur von den großen Accounts mit den Tausenden von Followern. Auch unsere Freunde, die ständig ihre neuesten Shoppingschätze und verliebte Fotos mit ihren Partnern posten, können uns herunterziehen mit ihren Posts.

 

Und ich?

Äußere Einflüsse schön und gut, aber jeder von uns hat einzigartige Anlagen in seiner DNA verankert, hat Erfahrungen gemacht, die ihn als Menschen auszeichnen. Wir sind nicht alle der offene, lebensfrohe, einnehmende Typ. Ich bin zum Beispiel nicht der Typ Mensch, der jedem seine Lebensgeschichte erzählt, ich tue mir schwer Entscheidungen zu fällen und lasse mich leicht stressen. Und das ist okay. Es liegt eben in der Natur meines Charakters.

Während der Suche nach den fehlenden Puzzleteilen unserer Persönlichkeit, müssen wir akzeptieren, dass sich sowohl unser Puzzlemotiv als auch jedes einzelne Teil von dem unserer Freunde und Idole unterscheiden kann. Wir sind nun mal Individuen, die lernen müssen, jede einzelne ihrer individuellen Stärken und Schwächen anzunehmen und irgendwann lieben zu lernen.

Ist das Leben ein Puzzle?

Vielleicht ist das Leben auch gar kein Puzzle sondern eher ein Fotoalbum von Schnappschüssen. In schwierigen Zeiten haben wir oft das Gefühl vor einem unlösbaren Rätsel zu stehen, weil unsere Freunde, Familie, Idole sowie gesellschaftliche Ideale und unsere inneren Anlagen uns in verschiedenste Richtungen zerren. Auf lange Zeit geht aber doch jede schwierige Phase als Momentaufnahme in die Sammlung ein, die so schön, bunt und individuell ist, wie jeder Einzelne von uns. Manche Fotos mögen aus der Reihe tanzen, aber anstatt vergeblich nach dem Perfekten zu suchen, lohnt es sich die Momente als bereichernde Erlebnisse zu sehen und als Schnappschüsse in das Fotoalbum unseres Lebens einzukleben.

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David

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