Liebes Tagebuch: Wie akzeptiere ich mich selbst?

Quelle: privat

Lea

In ihren Tagebucheinträgen spiegeln sich alle Aufs und Abs aus Leas Alltag. Sie liebt es, wenn sie beim Lesen feststellt, dass sie wieder ein kleines Stück mehr zu sich selbst gefunden hat und rät: „Du wirst nicht von jetzt auf gleich deine Gedanken umstellen können, das braucht Zeit. Aber währenddessen lernst du unglaublich viel.“ Noch mehr Tipps gibt es in diesem Beitrag.

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„Deswegen möchte ich jetzt wieder etwas verändern“, schreibe ich in mein Tagebuch, „Ab morgen möchte ich …“,  ergänze ich, zögere einen Moment und streiche es dann doch wieder durch. Kopfschüttelnd sage ich mir selber, dass ich mit meinen leeren Versprechungen aufhören wollte, klappe das Tagebuch zu und werfe es an das Bettende. Im Laufe der letzten Jahre haben sich sechs kleine Heftchen bei mir angesammelt, die ich alle in der Schublade unter meinem Bett sammle. So sind sie zwar nicht weggeschlossen, aber trotzdem versteckt genug, um nicht jedem sofort ins Auge zu springen, sobald er mein Zimmer betritt. In all den unterschiedlichen Heften habe ich meine Gedanken und Gefühle der letzten Jahre mal mehr, mal weniger konsequent eingetragen. Auch wenn ich vieles mit meinen Freunden oder Familie teile, hüte ich die Hefte wie einen kleinen Schatz. Blättert man durch die Seiten, kann man von Erfolgen und Euphorie lesen, von Wut oder Einsamkeit, vom Scheitern oder der Liebe und auch getrocknete Tränen lassen sich neben den Sätzen auf dem Papier finden. In den letzten Jahren war mein Leben eine Achterbahnfahrt.

Wenn ich abends im Bett nachdenklich bin, greife ich gerne in die Schublade unter meinem Bett und lese ein paar alte Einträge aus meinen Tagebüchern. Oft stelle ich dabei fest, dass viele Inhalte für mich gar nicht mehr relevant sind, ich kann über sie lachen und hätte sie wahrscheinlich schon längst vergessen, wenn ich sie nicht irgendwann mal aufgeschrieben hätte. Doch manche Themen begleiten mich seit dem ersten Eintrag, sie tauchen immer wieder auf und tun es auch heute noch: Schreibe ich mal nicht über meine Figur, meine fehlende Selbstakzeptanz oder mein niedriges Selbstwertgefühl, dann ist das schon erstaunlich.

Gibt es ein Wundermittel für mehr Selbstakzeptanz?

Seit Jahren versuche ich daran zu arbeiten, mich selbst mehr zu akzeptieren. Ich habe versucht Podcasts über Selbstliebe zu hören, YouTube Videos zu gucken oder Blogeinträge zu lesen, Dankbarkeitslisten zu schreiben, mir wöchentlich neue Ziele zu setzen und verschiedene Abnehmstrategien ausprobiert. Erst vor kurzem kam ich zum Beispiel auf die Idee vegan zu werden, musste aber feststellen, dass es sich bis jetzt mal wieder um eine leere Versprechung handelte. Oft hatte ich auch die Hoffnung, dass ich mit Yoga oder Meditation bei mir zuhause mehr zu mir selber finde und meinen Körper besser spüren und wahrnehmen kann. Aber damit, 30 Minuten lang einfach „nur rumzusitzen“ und „an nichts zudenken“, konnte ich mich so schnell nicht anfreunden.
Ich habe einiges ausprobiert, um mehr Selbstakzeptanz zu erlangen, aber anstatt mich besser zu fühlen, wurde ich eher sauer auf mich selber, wenn ich mal wieder etwas nicht so konsequent durchgezogen habe wie geplant oder die Methode nicht gewirkt hat. Ich erkenne zwar manchmal an einem alten Tagebucheintrag, wie ich meine Einstellung teilweise geändert habe und merke daran, dass ich dem Ganzen einen Schritt näher komme, aber ein Wundermittel habe ich noch nicht gefunden.

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Tägliche Erinnerung an zu wenig Selbstliebe

Ständig und überall werde ich daran erinnert, dass ich mit mir zu kämpfen habe. Es ist so, als würde jedes Mal eine schrille Glocke läuten, die mich innerlich zusammenzucken lässt, damit ich ja nicht vergesse, dass ich mich selber nicht akzeptiere. Die Hose sitzt mal wieder enger? Glockenschlag. Das Top legt sich auf deinem Bauch ab und lässt jede einzelne Hautfalte deutlich werden? Glockenschlag. Alle um dich herum sind vergeben, aber bei mir ist überhaupt nichts in Aussicht? Glockenschlag. Die hübsche Bloggerin auf Instagram zeigt mal wieder ihr ach so tolles Leben? Glockenschlag. Gerade in solchen Phasen greife ich gerne auf mein Tagebuch zurück, um mir alles von der Seele zu schreiben. Ein Freund von mir sagte mal: „That free release of emotions can let you think logically about what’s bothering you rather than how much it bothers you.“ Und so ist es auch. Das Schreiben hilft mir meine Gedanken zu ordnen und mir bewusst werden zu lassen, was genau mich gerade beschäftigt. So kann ich dann ganz anders an das Problem heran gehen und lasse mich nicht von meinen Emotionen irritieren.

 Der Kampf gegen die Selbstakzeptanz

Es gibt und gab Phasen, da erklingt der Glockenschlag seltener und ich fühle mich wohl in meinem Körper. Vielleicht habe ich es mal zwei Wochen lang geschafft eine meiner neuen Ideen durchzuhalten, ich bleibe gerne vor dem Spiegel stehen und ziehe enge Tops an. Aber leider halten diese Phasen nicht lange an. Trotzdem muss ich feststellen, dass diese Höhen und Tiefen normal sind und dazu gehören. Sie sind Teil meiner Reise zur eigenen Selbstakzeptanz. Und jedes Mal aufs Neue muss ich dagegen ankämpfen, mich erinnern, worauf es wirklich ankommt und mich selber schätzen lernen. Aber das macht mich stark.

Ein Wundermittel für mehr Selbstliebe gibt es nicht, aber vielleicht ist es eine Kombination aus den kleinen Dingen verbunden mit Zeit und Durchhaltevermögen. Es ist ein Kampf und es ist nicht leicht, aber ich bin auf einem guten Weg und freue mich auf den Tag an dem ich eins meiner goldenen Hefte durchblättere und dieses Thema endlich zu denen gehört, die nicht mehr relevant für mich sind.

Meine Go-To-Liste für mehr Selbstakzeptanz

  • Lebe im Hier und Jetzt: Versuche dir immer wieder vor Augen zu führen, dass es wichtigere Dinge im Leben als deine Nase oder dein Gewicht.  Genieße dein Leben, anstatt dir Sorgen um „Kleinigkeiten“ zu machen.
  • Sei geduldig mit dir: Du wirst nicht von jetzt auf gleich deine Gedanken umstellen können, das braucht Zeit. Aber währenddessen lernst du unglaublich viel.
  • Nimm dir Zeit für dich selbst: Egal, ob du es mit Meditation oder Yoga versuchst oder ein schönes Buch liest und Tee trinkst – tu das, was dir gefällt.
  • Hör in dich hinein und nimm dich war: Überlege dir zum Beispiel, was du an dir magst und was du schön findest – äußerlich und charakterlich! Versuche, dich auf darauf zu konzentrieren. Wenn es dir mal nicht gut geht, versuche erst zu verstehen warum das gerade so ist und dann aktiv daran zu arbeiten. Lerne dich selbst besser kennen!

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Carolin

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Leichter gesagt als getan: Positiv denken

Laura

Vielleicht kennst du Gedanken wie „Was könnten die anderen von mir denken?“ oder „Ich schaffe das eh nicht.“ Du denkst jetzt schon an Situationen, die noch weit in der Zukunft liegen – oder bereits längst in der Vergangenheit? Situationen, die vielleicht blöd gelaufen sind? Vor denen du Angst hast und deine Gedanken darum stehen nicht still?

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Sätze wie „Mach dir nicht so viele Gedanken“ oder „Denk doch nicht so negativ“ sind einfach gesagt und schwierig umzusetzen. Viel zu häufig machen sich Menschen tagelang Gedanken wegen einer Sache oder zweifeln an sich selbst. Wie gehst du am besten mit solchen Gedanken um oder wirst sie gar los?

 

Der Nocebo-Effekt 

Bestimmt hast du schon mal vom Placebo-Effekt gehört. Placebos sind Medikamente ohne Wirkstoff. Sie werden von Patienten in dem Glauben genommen, sie beinhalten Wirkstoffe. Häufig werden die Beschwerden der Betroffenen dadurch besser. Beim Nocebo-Effekt ist das Gegenteil der Fall: Patienten glauben durch ein bestimmtes Medikament Nebenwirkungen zu bekommen. Da sie diese negativen Symptome erwarten, treten sie auch tatsächlich auf.

Sowohl der Placebo-, als auch der Nocebo-Effekt lassen sich mit dem positiven und negativen Denken vergleichen. Machen sich Menschen ständig negative Gedanken oder reden sich selbst oder eine Situation schlecht, ist die Wahrscheinlichkeit viel höher, dass diese Erwartungen erfüllt werden. Die negativen Erwartungen werden zur Realität.

Mit negativen Gedanken kommt niemand weiter. Natürlich sollst und darfst du dich aufregen, zweifeln und nicht weiterwissen. Keiner erwartet von dir immer gut drauf zu sein und in allem nur das Positive zu sehen. Aber ist bei jedem kleinen Problem, das auftritt, dein erster Gedanke ein schlechter, bringt dich das kein Stück weiter. Im Gegenteil: Es kostet dich Energie und Kraft. Es bringt dich nicht an dein Ziel!

Gedanken-Placebo 

Glauben Menschen stets an das Gute, sehen in allem irgendeinen Vorteil oder eine Lehre, geht es ihnen auch besser. Deine Worte und Gedanken bestimmen deine Laune, deine Ausstrahlung, deinen Alltag. Sie beeinflussen, ob du eine bessere Note in der Klausur schreibst. Ob du neue Menschen kennenlernst. Ob du immer selbstbewusster wirst. Mit einem Lächeln, einem einfachen „Ich schaff das“, ist mehr getan als du denkst. Rede dir selbst ein, dass die Klausur super wird, du auf der neuen Schule Freunde finden wirst, du gut bist, wie du bist. Irgendwann werden deine Worte zur Wirklichkeit: der Gedanken-Placebo.

Mit positiven Gedanken ziehst du Positives an. Auch, wenn das erst mal schwerfällt und unglaubwürdig klingt. Was du denkst, stahlst du aus und was du ausstrahlst, ziehst du an.

Deine Worte und Gedanken bestimmen deine Laune

Das klingt jetzt erst mal so daher gesagt: Einfach positiver denken. Eigentlich weiß jeder, dass es viel besser wäre, keine Zeit zu verschwenden und stattdessen nach vorne zu schauen. Aber wie schaffst du es denn nun in negativen Situationen, positiv zu bleiben? Wie hörst du auf, dir unnötige Sorgen zu machen oder dich selbst kleinzureden?

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Versuche bei jedem Zögern, Meckern, Zweifeln eine positive Sache an der Situation zu finden. Stell dir die Frage, was daran gerade gut ist. Was bringt dich trotzdem weiter? Was kannst du daraus lernen? Irgendwann laufen diese Gedankengänge ganz automatisch in deinem Kopf ab. Du gewöhnst dich daran, nicht direkt das Schlimmste in allem zu sehen.

Sorgen müssen auch mal rausgelassen werden. Du kannst nicht immer sofort in allem das Positive sehen oder aufhören, dir den Kopf zu zerbrechen. Sprich mit Freunden oder schreibe alle Gedanken auf. Vielleicht helfen Sport oder dein Lieblingsfilm. Sei auch mal traurig, sauer oder nachdenklich. Dann muss es aber reichen und du solltest wieder nach vorne schauen.

Frag dich, ob dich die Situation in der Zukunft noch beschäftigen wird. Lohnt es sich vielleicht gar nicht, jetzt darüber zu grübeln? Lass dich nicht von einer Sache runterziehen, die dich womöglich nur kurzfristig aufhält. Sind deine negativen Gedanken überhaupt realistisch? Oder malst du dir gerade vielleicht das Schlimmstmögliche aus, was passieren könnte? Ist es nicht eher unwahrscheinlich, dass diese Möglichkeit eintritt?

 

Schaffe dir eine Art Grundvertrauen in das Leben. Irgendwie funktioniert es doch immer -mal einfach, mal mit Hindernissen. Stressige und nervenzehrende Phasen, die aber vorbeigehen. Auch, wenn es aussichtslos scheint, am Ende klappt alles. Schau mal zurück, was du bereits alles geschafft hast, wie weit du bisher gekommen bist. Sei stolz auf diese Dinge und vertraue darauf, dass alles andere auch gut wird.

 

 

Niemand ist immer positiv oder immer gut gelaunt. Niemand sieht in allem immer nur das Gute. Niemand kann Gedanken mal eben beiseiteschieben. Und das musst du auch nicht. All das ist eine Sache der Gewohnheit. Mit der Zeit wird es immer einfacher und keiner ist von Anfang an perfekt.

Aber, wenn du dir schon so viele Gedanken machst, warum nicht gleich gute?

Hier noch zwei Buch-Empfehlungen, die dir vielleicht zusätzlich helfen:

– „Sorge dich nicht – lebe!“ – Dale Carnegie
– „Jetzt! Die Kraft der Gegenwart“ – Eckhart Tolle

 

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Amelie

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Quelle: StockSnap/Pixabay

Was können Freunde bei einer Essstörung tun?

Quelle: privat

Katha

Wenn im Freundeskreis oder in der Familie jemand an einer Essstörung erkrankt, dann ruft das unterschiedlichste Reaktionen hervor. Katha hat es erlebt und die Beteiligten um Tipps gebeten.

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„Mann, hat die abgenommen!“ flüsterte mir eines Abends eine Freundin ins Ohr. Gemeint war damit ein Mädchen aus unserem Freundeskreis, die, wie sich bald herausstellen sollte, kaum noch Nahrung zu sich nahm und exzessiv Sport machte, um möglichst dünn zu werden.

Hat die abgenommen!

Erfährt man von einer befreundeten oder verwandten Person, dass diese unter einer Essstörung leidet, fällt es vielen schwer angemessen zu reagieren. Mir ging es selbst nicht anders. Das liegt dabei oft schlicht und einfach daran, dass man selbst nicht weiß, was überhaupt eine angemessene oder richtige Reaktion wäre. Dies kann dann schnell zu einem Gefühl der Hilflosigkeit oder Überforderung führen. Man möchte gerne helfen, aber findet nicht die richtigen Worte oder wird vielleicht sogar bei seinem Versuch abgewiesen.

 

Um zu wissen womit man es eigentlich zu tun hat, hilft ein Grundwissen über die verschiedenen Formen der Krankheit.

Was ist eine Essstörung eigentlich?

Das Thema Essstörung wird in unserer Gesellschaft oft als Tabuthema behandelt, über welches man eigentlich auch gar nicht genauer Bescheid wissen möchte, da es unangenehm ist und nie einen selbst betrifft, richtig?

Falsch! Tatsächlich kann praktisch jeder irgendwann an einer Essstörung erkranken. Vor allem unter jungen Menschen kommt diese Krankheit weitaus öfter vor als man glauben mag. Laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zeigen etwa 20 Prozent aller Kinder und Jugendlichen in Deutschland zumindest Symptome einer Essstörung.

Dabei ist Essstörung nicht gleich Essstörung: Es gibt verschiedene Formen der Krankheit, die sich je nach Symptomen und Umständen unterscheiden.

Da gibt es zum einen die am besten bekannte Magersucht. Der oder die Betroffene isst dabei so wenig und kalorienarm wie möglich (oder gar nicht mehr), um immer weiter Gewicht zu verlieren und dünner zu werden. Oft haben diese Personen ein völlig falsches Bild vom eigenen Körper und empfinden sich selbst noch dann als zu dick, wenn sie bereits untergewichtig sind.

Das Ziel, möglichst dünn zu sein, wollen auch jene erreichen, die unter Bulimie, auch Ess-Brech-Sucht genannt, leiden. Anstatt überhaupt nicht mehr zu essen, erbrechen die betroffenen Personen das zu sich genommene Essen wieder. Damit werden dem Körper wichtige Nährstoffe vorenthalten, außerdem leiden Speiseröhre und Bauchspeicheldrüse unter der ständigen Belastung.

Zu Essanfällen kommt es auch bei der Binge-Eating-Störung. Hier hat der Betroffene das Essverhalten nicht mehr unter Kontrolle und kann auch dann nicht aufhören, wenn der Magen schon längst voll ist. Allerdings wird das Gegessene meist nicht erbrochen.

Am häufigsten treten aber Mischformen aus den oben genannten Arten auf, oftmals werden diese außerdem von weiteren psychischen Erkrankungen wie zum Beispiel Depressionen begleitet.

Gerade deshalb kann es manchmal schwer sein, eine Essstörung gleich als diese zu erkennen; denn schließlich hat fast jeder schon einmal zu viel gegessen oder eine Diät versucht. Dazu kommt, dass die Erkrankten oftmals gelernt haben, ihr Essverhalten oder den ausgemergelten Körper zu verstecken, sodass es lange dauern kann, bis Familie oder Freunde auf das Dilemma aufmerksam werden.

Genau das war das Problem

So war auch mir das Problem eines mir nahestehenden Mädchens erst aufgefallen, als sie schon untergewichtig und kaum mehr sie selbst war. Ich haderte mit mir, ob ich sie darauf ansprechen sollte, denn ich hatte irgendwie das Gefühl, es sollte mich nichts angehen. Doch ich hielt es für notwendig. Sie stritt es anfangs ab, doch bald brach sie in Tränen aus und erzählte mir, dass sie sich nach dem Essen immer schuldig fühle und sich als viel zu dick empfand. Ich war etwas überfordert mit dieser Antwort, obwohl ich mir etwas Ähnliches schon gedacht hatte. Unsicher, ob es überhaupt helfen würde, bot ich an von nun an darauf zu achten, dass sie zumindest zu jeder Mahlzeit etwas zu sich nahm, auch wenn es nur ein Apfel war. Sie willigte ein, aber es funktionierte nicht besonders gut.

An meinen Freunden störte mich damals vor allem, dass es kaum jemanden gab, der versuchte die Situation, in der sich unsere Freundin befand zu verstehen und nachzuvollziehen. Stattdessen wurde ihr vorgeworfen, nur auf Aufmerksamkeit aus zu sein und unnötig viel Wert auf ihr Aussehen zu legen. Andere wiederum begannen auf sie einzureden, um sie davon zu überzeugen doch endlich wieder richtig zu essen. Als dies nicht funktionierte, gaben sie frustriert auf und ignorierten das Problem gänzlich. Als Reaktion darauf zog sich unsere Freundin immer mehr zurück und es wurde zunehmend schwieriger, zu ihr durchzudringen.

Sinn dieses Textes soll aber nicht sein, Menschen für ihr Verhalten zu verurteilen. Er soll lediglich aufzeigen, wie schwierig es sein kann, richtig zu reagieren und für Betroffene wie auch Angehörige zu gegenseitigem Verständnis führen. Denn oft geht es nicht nur den Erkrankten nicht gut, sondern auch den Personen die ihnen nahestehen und mit ansehen müssen, wie es ihnen zunehmend schlechter geht. Eine Essstörung belastet also im schlimmsten Fall gleich mehrere Personen.

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Wie kann ich richtig helfen?

Vorschnelle Urteile und Probleme zu verharmlosen, bringt keinen weiter und ist nicht gerade hilfreich. Sensibles Verhalten hingegen kann sowohl euch als auch der betroffenen Person ein besseres Gefühl geben.

Bemerkt ihr bei einer Person in eurem Umfeld Anzeichen, die auf eine Magersucht hindeuten können, sprecht sie ruhig darauf an. Dies sollte allerdings in einem stillen und privaten Umfeld geschehen, in dem ihr euch beide wohlfühlt. Der Pausenhof ist eher nicht der richtige Ort für ein solches Gespräch. Sowohl dabei, als auch sonst im Umgang mit diesem Thema ist es wichtig, keine Anschuldigungen zu formulieren. Negative Sätze wie „Du bist ja viel zu dünn, dass sieht gar nicht mehr schön aus!“ führen zu noch mehr Unsicherheit statt zu Verständnis. Viel wichtiger ist es, eure Unterstützung zu versichern und als Ansprechpartner zu fungieren. Oft ist den Betroffenen sogar schon bewusst, dass ihr Essverhalten nicht gut oder normal ist, doch sie trauen sich nicht, mit jemandem darüber zu sprechen und Hilfe zu suchen. Dabei könnt ihr nun eine erste Anlaufstelle sein. Um die Situation, in der sich euer Freund oder Familienangehöriger befindet besser nachvollziehen zu können, ist es hilfreich sich genauer über die Erkrankung zu informieren. Empfehlenswerte Websites sind zum Beispiel folgende:

Ihr sollt jedoch keinesfalls die Rolle eines Therapeuten übernehmen und Diagnosen stellen oder Essenspläne aufstellen. Stattdessen ist es hilfreich, wenn ihr immer ein offenes Ohr bieten könnt und in besonders schweren Zeiten Trost und Umarmungen spendet. Außerdem könnt ihr auch auf Hilfsangebote verweisen, jedoch sollte dies ohne Druck geschehen. Solche Angebote findet ihr zum Beispiel hier auf dem Blog unter „Redebedarf„.

Erfahrungen aus dem Freundeskreis

Keiner weiß besser, welche Verhaltensweisen wirklich geholfen haben, als jemand, der selbst schon einmal mit einer solchen Erkrankung zu kämpfen hatte. Aus diesem Grund möchte ich nun sowohl eine solche Person als auch zwei ihrer Freunde zu Wort kommen lassen, die ihre Erfahrungen und Tipps teilen.

Viele haben sich verhalten, als wüssten sie es besser.

 

Wie hat dein näheres Umfeld auf deine Krankheit reagiert?

Sehr unterschiedlich. Viele wollten mir zum Beispiel vorschreiben, wie ich damit umzugehen habe und haben sich verhalten, als wüssten sie alles besser.

Aber ich habe auch viel Sorge und Aufmerksamkeit erfahren, einige haben mich so gut es ging unterstützt. Es war zwar nett, dass auch Menschen versucht haben sich um mich zu kümmern, aber eigentlich wollte ich nur in Ruhe gelassen werden. Einige haben eben dann sehr versucht, mir sich und ihre Meinung aufzudrängen und das hat mich eher negativ beeinflusst.

Ist es dir schwer gefallen, mit anderen darüber zu sprechen oder um Hilfe zu bitten?

Ja, vor allem am Anfang als ich die Krankheit selbst nicht als solche empfunden habe. Ich merkte erst, dass ich etwas ändern muss, als ich realisierte, dass ich alleine nicht mehr davon wegkomme.

Großen Anteil daran hatte meine große Schwester. Sie sagte mir irgendwann ins Gesicht, dass es so nicht mehr lange weitergehen könne. Ab diesem Moment begann ich es selbst im Spiegel zu sehen, auch wenn ich es noch immer nicht als so drastisch erkannte wie es tatsächlich war. Auch durch die Hilfe und Aufmerksamkeit meiner Schwester merkte ich, dass ich einen Therapeuten brauchte.

Wer und was konnten dir in dieser Zeit helfen?

Es half vor allem, Verständnis und Unterstützung zu erfahren. Manchmal funktionierte es auch, wenn man mir etwas zu Essen hinstellte und mir dann aber nicht beim Essen zuschaute. Ein kleiner Schubs in die richtige Richtung konnte helfen, aber nur wenn man mich dabei nicht bevormundete. Am meisten hat mir aber schließlich die Therapie geholfen.

Und was hat sich eher negativ auf dich und die Situation ausgewirkt?

Wenn jemand weniger gegessen hat als ich. Es wurde bald zu einer Angewohnheit zu beobachten wer wieviel isst. Hatte eine Person weniger auf dem Teller als ich, löste das so etwas wie einen depressiven Schub aus. Auch wenn ich zum Beispiel auf Instagram gesehen habe, dass andere viel Sport gemacht haben, hat mich das traurig gemacht. Manchmal gab es auch unangebrachte Kommentare. Wenn jemand nichts von meiner Krankheit versteht, sollte er lieber gar nichts dazu sagen.

Was kannst du Angehörigen bezüglich ihres Verhaltens raten?

Man sollte nicht glauben, dass man es besser weiß als die Person, die sich selbst in der Situation befindet. Wenn man so etwas nicht selbst erlebt hat, weiß man nicht wie schwer es ist, mit der ständigen Angst vor Triggern zu leben, die die alten Gedanken und Verhaltensweisen wieder auslösen können, und wie anstrengend es sein kann gegen diese eigenen Gedanken zu kämpfen.

Es hilft, wenn man Unterstützung erfährt und immer einen Ansprechpartner hat, aber ohne dass dieser einen zum Reden (oder Essen) zwingt. Es ist gut, wenn Freunde fragen wie sie helfen können anstatt mir ungefragt eine Meinung aufzuzwingen. Empfehlt auch professionelle Hilfe wenn es nötig ist, allerdings muss der oder die Erkrankte das dann auch wollen damit es funktioniert.

Wichtig für mich ist, dass ich nicht ständig beobachtet werde. Wenn ich bemerkt habe dass jemand aus meinem Umfeld mich oder mein Essverhalten inspiziert hat, habe ich erst recht nicht gegessen.

Ich habe versucht, ihr kleine Dinge abzunehmen.

Wie hast du von der Essstörung der Betroffenen erfahren?

Es ist mir ehrlich gesagt zu lange nicht aufgefallen, bis man es nicht mehr übersehen konnte. Dann habe ich auch schnell daran gedacht, dass es am Essen liegen könnte. Irgendwann hat sie mit mir darüber gesprochen und gesagt, dass sie sich immer schlecht fühlt wenn sie etwas gegessen hatte und oft den Drang hat, sich danach zu übergeben.

Was war deine erste Reaktion?

Ich habe mir Sorgen gemacht. Sie wirkte schon länger bedrückt und ausgelaugt und ich kannte sie gut genug um zu wissen, dass sie sehr anfällig für Stress ist. Aber ich habe mich auch gefragt ob ich überhaupt der richtige Ansprechpartner für so etwas bin.

Hast du das Gefühl gut oder zumindest ausreichend über Essstörungen informiert zu sein?

Eigentlich hatte ich das schon, aber als ich mit dieser Situation konfrontiert wurde, musste ich die Ansicht hinterfragen. Ich kenne mich mit den Fakten aus, aber das hat mir nur bedingt geholfen.

Wie hat sich dein Verhalten gegenüber der Betroffenen aufgrund der Essstörung verändert?

Ich wurde vorsichtiger. Außerdem habe ich versucht, möglichst oft nach ihren Bedürfnissen zu fragen oder ihr kleine Dinge abzunehmen. Aber manchmal fiel es mir schwer, geduldig zu bleiben wenn sie immer weiter litt und sich nichts besserte.

Würdest du dich rückblickend anders verhalten?

Ich würde versuchen, noch mehr auf sie einzugehen. Vielleicht von Anfang an fragen was ich noch tun kann.

Wie schätzt du generell die Hilfe ein, die die Person aus ihrem Umfeld erhalten hat?

Das kann ich nur bedingt beurteilen. Gerade ihre engen Freundinnen haben sich schon viel Mühe gegeben ihr zu helfen. Auch einige Lehrer haben ein Auge auf sie gehabt Aber es gab leider nicht nur Menschen, die nett zu ihr waren. Es wurde auch über sie geredet. Ich glaube viele tun sich mit diesem Thema etwas schwer.

 

Ich sehe mich nicht in der Position. ihr einen Rat geben zu können.

Wie hast du von der Essstörung der Betroffenen erfahren?

Es gab einen Zeitpunkt, an dem sie ihr Gewicht und ihr bis dahin gewohntes Aussehen massiv verändert hatte. Ab da wurde dies öfter auch im Freundeskreis zum Gesprächsthema. Das Gerücht, dass es sich um Bulimie oder zumindest eine Form der Essstörung handelt, wurde dann von einer ihr nahestehenden Freundin bestätigt.

Was war deine erste Reaktion?

Mein erstes Gefühl war Ratlosigkeit und ich war etwas verblüfft. Meiner Meinung nach wurde sie dadurch nicht schöner, so wie sie es sich vielleicht erhoffte. Ich konnte und wollte irgendwie auch keine gute Hilfestellung geben. Ich selbst bin übergewichtig und glaube vor allem deshalb nicht, dass ich ihr (Ernährungs-)tipps geben sollte.

Hast du das Gefühl gut oder zumindest ausreichend über Essstörungen informiert zu sein?

Ich denke über die physische Komponente bin ich ausreichend informiert. Allerdings sind die psychischen Vorgänge mir zuweilen unschlüssig und schwer nachvollziehbar.

Wie hat sich dein Verhalten gegenüber der Betroffenen aufgrund der Essstörung verändert?

Mein Fokus auf ihre Essgewohnheiten und ihren allgemeinen Zustand stiegen. Ich habe auch versucht jegliche Themen, die mit Essen zu tun haben, zu vermeiden wenn sie dabei war. Ich denke, die meisten haben sie ein bisschen genauer beobachtet als sonst.

Würdest du dich rückblickend anders verhalten?

Nein, denn ich sehe mich nach wie vor nicht in der Position, ihr da Rat geben zu können.

Wie schätzt du generell die Hilfe ein, die die Person aus ihrem Umfeld erhalten hat?

Hilfestellung von Seiten des Freundeskreises war teilweise gegeben. Was die Familie anging, bin ich mir nicht sicher, aber da schien manchmal die Unterstützung zu fehlen. Ich selber kannte aber auch keine Aufklärungs- oder Hilfestellen, wo man sich hätte informieren können.

Es zeigt sich also, dass eine solche Erkrankung sehr unterschiedlich wahrgenommen wird. Am wichtigsten ist deswegen eine ständige und ehrliche Kommunikation zwischen allen Parteien. Nur so konnte ich meiner Freundin die Unterstützung geben, die ihr auch wirklich weiterhalf. Mit einer solchen Krankheit konfrontiert zu werden, kann sehr einschüchternd sein. Es ist nicht schlimm wenn ihr erstmal nicht wisst, was zu tun ist, denn nicht nur für die Betroffenen sondern auch für deren Freunde und Familie ist es ein langer Weg zu lernen, wie man die Krankheit hinter sich lassen kann.

Es sollte uns natürlich stets bewusst sein, dass alleiniges Engagement von Seiten des Partners/der Partnerin oder der Familie nicht alles ist. Denn sind wir mal ehrlich: Die wenigsten von uns sind ausgebildete Psychiater und wissen, wie man eine Essstörung heilt. Trotzdem sollte man den eigenen Einfluss nicht unterschätzen. Dass die Betroffenen Unterstützung und Verständnis erfahren, ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, vor allem da Magersucht und ähnliche Krankheiten auch heute noch oft nicht ernstgenommen werden und es Erkrankten dadurch schwerer fällt, sich jemandem anzuvertrauen.

Keine Anleitung

Zuletzt darf nicht unerwähnt bleiben, dass natürlich jede Person anders ist und andere Bedürfnisse hat. Dementsprechend sollte dieser Artikel weniger als eine wortwörtliche Anleitung und mehr als ein Richtungsweiser gesehen werden. Ich weiß, dass es frustrierend sein kann, jemanden leiden zu sehen, der einem nahesteht. Es gibt keine einfache Lösung, mit der ihr eine Person von ihrer Essstörung befreien könnt. Aber ihr könnt für sie da sein. Denn wie heißt es so schön: geteiltes Leid ist halbes Leid. Und halbes Leid lässt sich schon viel besser ertragen als ganzes.

 

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Ilona

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Schön, dass du da bist. Dieser Text könnte dich sehr berühren. Wenn du eine Essstörung, eine Depression oder Suizidgedanken hast, könnte dieser Text dir gerade nicht guttun. Bitte überlege dir, ob du ihn wirklich lesen möchtest. Hast du Redebedarf? Dann hilft dir vielleicht unser Angebot hier weiter.

Alles Liebe, Deine Incogito-Redaktion.

Quelle: RyanMcGuire/Pixabay

Die Dünnen sind die Glücklichen

Quelle: privat

Wenn man dünn ist, dann weiß man das. Man weiß es nicht nur, weil man Kleidung in Größe XS trägt, sondern weil einen die meisten darauf ansprechen. Ich war nicht übergewichtig bevor ich essgestört wurde. Ich war „normal“. Doch als ich sehr dünn wurde, klangen die Kommentare oft so, als wäre ich zuvor eine Tonne gewesen.

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„Jessi, wie hast du das geschafft?“, „Ich wäre auch gerne so schön schlank wie du!“, „Ja, du hast gut reden. Du kannst ja alles essen und bist so schön schlank!“, „Meine Exfreundin hatte ja nicht so eine gute Figur wie du!“ Sogar als ich beim Frauenarzt für einen Bluttest mein Gewicht nennen sollte, sagte die Arzthelferin: „Wow, so wenig würde ich auch gerne wiegen!“ Sie wollten mit dem Test herausfinden, weshalb ich meine Tage nicht mehr bekam. Als Arzthelferin einer Frauenärztin müsste ihr eigentlich bewusst sein, dass durch ein zu niedriges Gewicht und den Stress, dem man seinen Körper aussetzt, die Periode ausbleiben kann.

Ein zu hoher Preis für diesen Körper

So ging es über Jahre. Ich wusste selbst nicht wie ich auf solche Kommentare reagieren sollte. Doch als mein Leidensdruck, durch all das was ich mir verboten hatte zu machen und zu essen, einfach zu hoch wurde und mir endlich jemand die Wahrheit sagte – wie schlecht ich aussehe und so viel unglücklicher als früher – merkte ich, dass ich etwas ändern musste. Ich wollte mir nicht mein ganzes Leben lang Dinge verbieten, gerade weil ich früher so gern gegessen hatte und so glücklich mit mir selbst war. Es war ein langer und schwerer Weg und ist es manchmal immer noch. Doch ich fing vor drei Jahren langsam aber stetig an mehr zu essen und mich mit meinen Problemen auseinanderzusetzen und ich begann das Wichtigste: Ich fing an darüber zu sprechen.

Ich fing an darüber zu sprechen.

Und was dann passierte, machte mich traurig: Die Menschen, die mein Gewicht kommentierten, reagierten sehr beschämt. Sie wussten nicht, wie sie damit umgehen sollten, wenn sie sagten, wie toll ich doch aussähe und ich darauf provokant erwiderte „Ja, aber ich habe eine Essstörung.“ Mir kam es so vor, als wäre es ein Thema, dass die Menschen am liebsten totschweigen wollen, um die Illusion des perfekten und schlanken Frauenkörpers nicht zu zerstören.

Schlank = Liebe?

Manchmal frage ich mich wie wir hier, an diesem Punkt, landen konnten. An einem Punkt an dem man das Gefühl hat, dass Erstrebenswerteste auf der Welt ist es, einen tollen Körper zu haben. Man hat das Gefühl, dass der Kampf um den Körper nie enden wird und gerade erst so richtig beginnt. Nicht nur wir selbst sind unser größter Kritiker, sondern auch andere Frauen. Wie oft höre ich Freunde und Kollegen darüber sprechen: „Hast du gesehen? Sie hat so abgenommen, wie hat sie das nur geschafft?! Ich will das auch!“, „Wenn ich nur fünf Kilo weniger wiegen würde, hätte ich sicher endlich einen Freund!“, „Ich lasse einfach Kohlenhydrate weg aber jetzt habe ich immer so Heißhunger… keine Ahnung wieso, das ist doch so gesund oder?!?“ Ich könnte hier hunderte Zitate aufzählen.

Generation Körperschemastörung

Nun hört man diese Kommentare im Alltag und dann geht man nach Hause in seine vier Wände und dann geht es weiter: PC an, Handy entsperren: Instagram, YouTube, Pinterest – es ist überall: Abnehmen, Booty-Training, Yoga-Lifestyle. Ein Trend jagt den nächsten. Die einen essen nichts, die anderen vegan, der nächste Low Carb, der andere macht Intermittent Fasting. Es gibt unzählige Regeln, die man am besten befolgt, um glücklich – also schlank, muskulös oder sonst etwas zu sein. Immer mehr Menschen entwickeln durch diese Idealbilder eine Körperschemastörung. Denn wenn man ein Ideal von sich selbst hat, ist man nie genug, egal was man tut. Man nimmt dadurch seinen Körper komplett anders wahr, als er eigentlich aussieht. Wenn man unbedingt muskulös sein will, ist man immer zu schmal, wenn man sich im Spiegel sieht. Wenn man Angst vor Bauchfett hat, wird man immer zu viel Fett an seinem Bauch spüren, auch wenn dort keines ist.

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Iss doch mal was!

Es gibt mittlerweile so viele unterschiedliche Formen einer Essstörung, mit denen nicht nur Frauen zu kämpfen haben. Und jede Ausprägung wird gesellschaftlich anders bewertet. Die Bulimie: Das ist ekelhaft. Wie können die Mädchen nur soviel fressen und dann auskotzen? Die Binge Eater: Auch ekelhaft, die werden doch fett! Die Magersüchtigen: Mädchen, iss doch mal was! Und zuletzt die Fitnessgirls: Wow – einfach nur perfekt! Sechs mal die Woche trainieren und jede Kalorie zählen? Nein, das kann keine Essstörung sein! Weit gefehlt!

Der Neid auf Körper

Eine Person hat zugenommen oder abgenommen und wir fällen ein Urteil, ob das gut ist oder schlecht ist. Ob die Person glücklich oder unglücklich ist. Doch woher nehmen wir uns dieses Recht? Woher wissen wir, was diese Person dazu veranlasst hat? Wieso beneiden wir jemanden darum, dass er abgenommen hat, obwohl wir nicht wissen, ob dies mit Einschränkungen und gar Übergeben, Essanfällen etc. einhergeht? Wollen wir das wirklich als Tausch gegen eine so „großartige“ Figur? Natürlich nehmen auch Menschen ab – und das einfach so. Doch wir als außenstehende Person können das nicht beurteilen.

 

Hinter die Fassade blicken

Dies ist ein Appell, aufmerksamer zu sein und wirklich zu sehen, was hinter der Fassade von Abnahme und Zunahme steckt. Wirklich zu erkennen, ob es dem Menschen gut geht oder ob er leidet. Ihn nicht anzuprangern, wenn er zunimmt. Man weiß nicht, ob die Person selbst damit nicht schon genug zu kämpfen hat. Denke dir was du willst, aber mache es für die Person nicht noch schwerer. Oder bestärke sie nicht im ewigen Kampf mit Sportsucht, Nicht-essen, Fressen und Kotzen. Wir können nicht sehen, was wir mit einem einzelnen Kommentar im Kopf einer Person anstellen können. Bei mir haben kleine Kommentare Wunden aufgerissen und mich teilweise noch tiefer in die Essstörung getrieben.

Suche dir Hilfe und positive Inspiration

Ich weiß heute, dass mich eine „perfekte“ Figur nicht automatisch glücklich macht und mich mit mir im Reinen sein lässt, eher im Gegenteil. Denn man wird launisch, genervt und schwierig, wenn es um essen, Essen gehen und allgemein Unternehmungen geht. Ich möchte später meinem eigenen Kind keinen Grund geben je über sich selbst schlecht zu denken und ein wenig Speck am Bauch zu verteufeln. Es soll nicht denken, es wird nur geliebt, wenn es eine bestimmte Kleidergröße hat oder besonders sportlich ist – das weiß ich heute.

Verschiedene Medien, die mir dabei geholfen haben, mehr über Verurteilung und verschiedene Körperformen nachzudenken und mir ganz besonders dabei geholfen haben, mich mit meiner Figur zu versöhnen, waren:

Ich hätte mir damals an manchen Stellen mehr Kommentare und Kritik gewünscht und an anderen Stellen weniger. Ich finde es teilweise einfach sehr unverantwortlich, dass so viele Ärzte nicht sehen, wieso man gesundheitliche Probleme hat. Haarausfall, Ausbleiben der Periode, Vitaminmangel – all das können Hinweise auf eine Essstörung sein. Oft haben sie einfach keine Zeit, genauer hinzuschauen. Und wir Essgestörte wollen oft unsere Probleme so gut es geht kaschieren und verstecken. Ich hätte mir gewünscht, dass wir mehr sensibilisiert werden, was psychische Probleme angeht und nicht so schockiert und wortlos reagieren müssen, wie es eben viele tun. Es ist normal, dass wir Phasen in unserem Leben haben, in denen wir unsicher sind. Es ist normal, nicht alles hinzubekommen, nicht auszusehen wie ein Topmodel, nicht die besten Noten und den großen Lebensplan zu haben. Es ist normal, nicht perfekt zu sein  – und eigentlich will ich gar nicht mehr perfekt sein.

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Julia

Kämpfst du mit Kommentaren über dein Aussehen?

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Quelle: Oonamasté

"Ich habe gelernt, mir mit Liebe zu begegnen"

Quelle: privat

Oona hat Yoga gefunden und es mit Hilfe dieses Lebensstils geschafft, sich von einer Essstörung zu befreien. Heute begegnet sie sich selbst wieder auf Augenhöhe. Im Interview spricht sie davon, wie wichtig für sie die Liebe zu ihr selbst ist und betont, dass man den Fokus auf das Innere richten muss, weg vom Erwartungsdruck der Außenwelt.

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NATALIE für In-Cogito: Hey Oona, danke, dass du dir Zeit für das Gespräch und unseren Blog nimmst!

OONA: Ich würde sagen, es war eine glückliche Fügung, dass ich in-cogito entdeckt habe. Ich war sofort begeistert, denn ich habe in dem Blog meinen Wunsch wiedererkannt, Menschen zu helfen und Erfahrungen zu teilen. Die Anfrage für das Interview hat mich wirklich gefreut!

NATALIE: Uns freut’s auch total. Wie geht’s dir?

OONA: Ganz gut – es ist Freitag und die Sonne scheint. Ich bin ein bisschen wie eine Pflanze: Sonnenschein sorgt dafür, dass ich aufblühe.

NATALIE: Hast du heute schon Yoga gemacht und welchen Einfluss hat das auf deine Tagesverfassung?

OONA: Ich habe eine feste Morgenroutine und die beinhaltet, dass ich direkt nach dem Aufstehen fünf bis zehn Minuten Yoga mache. Das ist gar nichts aufregendes, sondern soll mich einfach aufwecken und im Tag ankommen lassen. Ich begrüße meinen Körper, indem ich ihn mobilisiere und dehne. Anschließend meditiere ich. Auf diese Weise habe ich einen stressfreien Start in den Tag, denn ich komme bei mir selbst an, ich bin nicht beim Äußeren, sondern beim Inneren. Früher war der Morgen immer sehr hektisch. Im Gegensatz dazu nehme ich mir heute bewusst diese zehn Minuten Zeit, um mich zu erden.

NATALIE: Auf deinem Instagram-Profil, wo dir fast 18.000 Menschen folgen, spielen nicht nur Yoga und Spiritualität eine wichtige Rolle. Dort thematisierst du auch, wie du deine Essstörung hinter dir gelassen hast. Wie sind Yoga und die Erkrankung für dich miteinander verknüpft?

OONA: Früher bin ich ganz viel ins Fitness-Studio gegangen. Ich hatte ein sehr klares Schönheitsideal und Sport war das Mittel zum Zweck, dieses körperliche Ideal zu erreichen. Damit habe ich meine Essstörung verschoben. Es war nicht so, dass ich nicht nichts gegessen habe. Stattdessen hielt ich eine sehr cleane Diät ein. Mit Sport und restriktivem Essen habe ich einem Idealkörper hinterhergejagt.

Weil Yoga meinen Fokus von außen nach innen gelenkt hat, konnte es mich auf körperlicher Ebene befreien. Ich praktiziere Yoga alleine, nur für mich, damit ich mich ganz intensiv auf mich selbst konzentrieren kann. So spüre ich genau was mein Körper braucht: Stretching, Yoga, Ruhe oder etwas körperlich Anstrengendes, um Druck abzubauen. Im Gegensatz dazu ging es beim Sport in der Vergangenheit immer darum, welche Übungen dazu dienen, mein optisches Ziel zu erreichen. Yoga aber hat mich gelehrt, dass es okay ist, wenn ich mir selbst Ruhe und Zeit gebe. Wenn ich merke, dass eine bestimmte Asana, also Übung, in einer Form nicht geht, dann passe ich sie an mich und meine Verfassung an. Gerade weil ich eine Perfektionistin bin, war das ein unglaublich großer und wichtiger Schritt in Richtung Selbstfürsorge und Akzeptanz.

NATALIE: Yoga heißt, sich selbst mit Liebe zu begegnen. Genau das ist für Menschen, die mit einer Essstörung ringen, aber oft ein Problem. Hattest du „Startschwierigkeiten”, dich mit Yoga als Sport und Lebensstil zu identifizieren?

OONA: Am Anfang war das tatsächlich gar nicht so einfach. Insgesamt habe ich viermal mit Yoga angefangen und es dann wieder gelassen – exakt aus diesem Grund. Ich konnte die Prinzipien der Selbstliebe beim Yoga nicht damit vereinbaren, dass ich ständig damit gekämpft habe, mich zu vergleichen. Ununterbrochen dachte ich: „Die ist viel besser und gelenkiger als ich.“ Dabei geht es eigentlich darum, dass jeder „sein“ Yoga macht, um sich selbst etwas Gutes zu tun und bei sich anzukommen. Es war schon ein schwieriger Prozess für mich, mich da reinzufinden. Aber diesen Schritt zu gehen und zuzugeben, dass es einem nicht gut geht, und dann eben etwas dafür zu tun, dass es einem besser geht – zum Beispiel Yoga – das ist die reinste Form von Selbstliebe. Jetzt ist Yoga ganz klar eine Auszeit für mich. Yoga ist immer meine Nummer eins, wenn es darum geht, was mir helfen würde, mich besser zu fühlen. Ich denke dabei an das Gefühl, dass ich danach habe, wenn ich Yoga praktiziere: Freiheit.

NATALIE: Du inspirierst andere mit deinem Lebensweg nicht nur bei Instagram. Du hast kürzlich auch einen Blog und einen Podcast gestartet. In der ersten Folge erzählst du, dass deine Essstörung sich entwickelt hat, als du dich gegen deine eigenen Wünsche gestellt hast, um den Erwartungen anderer zu entsprechen. Kannst du das konkreter beschreiben?

OONA: Die Essstörung war für mich das Lösungsmittel, die Konflikte, die ich mit mir selbst hatte, zu unterdrücken. Immer dachte ich: Ich muss so sein, ich muss dies tun und so weiter. Ich hatte das Gefühl, dass ich keine Kontrolle über mein Leben habe und wollte etwas finden, was ich kontrollieren kann. Und ich fand etwas: mein Essverhalten.

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Ich kann alles sein was ich will.

Ich musste lernen: In meinem Leben geht es nicht um die Erwartung anderer, manchmal nicht mal die von mir. Das bedeutet natürlich nicht, dass ich keine Ziele haben darf oder kann. Aber den ganzen Erwartungsdruck von mir zu nehmen, ermöglicht mir, mich selbst zu erforschen, um herauszufinden, wer ich sein möchte. Und ich kann alles sein was ich will, egal ob das bedeutet, dass ich tagelang in Yoga Klamotten durch die Gegend laufe, oder mich in schicken Outfits kleide. Aber daran  muss ich mich auch immer wieder selbst erinnern.

NATALIE: Wenn du deinem vergangenen Ich, das mit sich selbst gekämpft hat, etwas sagen könntest, was wäre das?

OONA: Du darfst dir Hilfe holen. Du musst das nicht allein schaffen. Ich dachte damals nämlich, das wäre ein Zeichen von Schwäche, um Hilfe zu bitten. Aber das ist genauso unfassbar wichtig, damit man mit seinen Problemen nicht allein ist.

Du darfst dir Hilfe holen.

NATALIE: In einem deiner Blogbeiträge bin ich auch über das Thema „Nein“-sagen gestolpert und dass das mit Selbstliebe leben durchaus Hand in Hand geht. Was rätst du Lesern von in-cogito, die sich damit schwertun?

OONA: Ich glaube, dass es ganz wichtig ist, bei Entscheidungen immer wieder in sich reinzuspüren und zu fragen: Will ich das wirklich? Was sagt denn mein Körper dazu? Denn der ist ja nicht selten Ausdruck innerer Unruhen und Konflikte. Man sollte sich selbst wirklich an erste Stelle setzt, und zwar bei jeder Entscheidung. Übrigens heißt das auch: Wenn du keine instinktive Antwort in dir findest, nimm den Druck von dir selbst und sage „Darüber möchte ich noch ein bisschen brüten“, egal wie groß oder klein die Entscheidung ist. Und auch einen Rückzieher machen ist okay. Es ist völlig in Ordnung, einen Schritt zurückgehen und sagen: „Hey, eigentlich will ich das gar nicht.

NATALIE: Stolperfallen beim Thema Selbstliebe stellen uns oft Instagram und Co.: Wir sehen jemanden, mit dem wir uns vergleichen und plötzlich bröckelt unsere Selbstakzeptanz. Wie gehst du damit um?

OONA: Als ich 2013 mit Instagram angefangen habe, war ich noch sehr in meinem Fitnesswahn gefangen – ich hatte meine Essstörung auf den Sport verschoben. Ich bin in ein Loch gefallen, auch weil mich Schönheitsideale auf Instagram deprimiert haben. Ich habe mich nicht stark genug, nicht schön genug, nicht interessant genug gefühlt. Mein wichtigster Schritt war, alle Accounts anzuschauen, denen ich folge und mich bewusst mit den Inhalten auseinanderzusetzen. Ich bin knallhart allem entfolgt was mir kein gutes Gefühl gegeben hat, auch Freunden und Bekannten. Mein nächster Schritt war, zu versuchen, das genaue Gegenteil all dieser Accounts auf meinem Profil zu präsentieren. Ich wollte eine positive Lebenseinstellung mit dem kombinieren, was mich wirklich interessiert.

NATALIE: Kannst du ein paar Accounts empfehlen, die diese positiven Aspekte in sich vereinen – vor allem für junge Nutzer und Menschen, die ein bisschen Selbstliebe gebrauchen können?

OONA: Kira von soulfoodjourney  auf jeden Fall. Wir haben sehr ähnliche Hintergründe. Dann gibt es da noch lilalemonie. Der Account macht herrlich gute Laune und vermittelt, dass nicht hinter allem ein tieferer Sinn stecken muss. Laura Malina Seiler hat mir beispielsweise einen ganz anderen Blick auf Selbstliebe gegeben. Ihrem Account folge ich super gerne. Dann ist da noch Morgan Harper Nichols, die einen mit selbstgeschriebenen, wunderbaren Sprüchen immer daran erinnert, sanft zu sich selbst zu sein. Tieraccounts jeder Art sind natürlich auch unschlagbar.

NATALIE: Welche positiven Möglichkeiten eröffnen sich dir durch Instagram & Co.?

OONA: Mir ist wichtig, dass alle sehen sollen: Jeder hat Sorgen, Ängste, Probleme, Unzufriedenheiten. Instagram ermöglicht mir in diesem Zusammenhang, dass ich in kürzester Zeit viele Menschen mit meiner Message erreichen kann. Ich kann ganz einfach meine Erfahrungen teilen und Tipps geben und Menschen aus ihrer Illusion in die Wirklichkeit zurückführen.

NATALIE: Wo möchtest du denn längerfristig mit deinem Blog, deinem Account, deinem Podcast hin?

OONA: Das ist tatsächlich ganz schön viel (lacht). Ein konkretes Ziel für mich ist, ein paar Werbeflächen in Hamburg anzumieten und dort dann einfach positive Messages zu plakatieren. Ein Live-Treffen mit Betroffenen einer Essstörung fände ich auch klasse. Der Podcast ist natürlich auch wichtig für mich, damit kann ich viele Menschen erreichen und meinen Weg teilen. Ich habe auch eine Coaching-Ausbildung in Betracht gezogen, mal schauen.

NATALIE: Also ich freu mich ja schon, wenn meine Freunde in Hamburg dann bald ein paar von deinen Plakaten lesen können! Ich wünsche dir auf alle Fälle, dass du damit Erfolg hast. Möchtest du abschließend noch etwas loswerden?

Mach dir keinen Druck!

OONA: Mach dir keinen Druck, auch wenn es dir schwerfällt. Du hast alles, aber auch alles, richtig gemacht.

Natalie: Vielen Herzlichen Dank für dieses wundervolle Gespräch!

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David

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Quelle: Alexas Fotos/Pixabay

Mein Schulalltag als Mobbingopfer

Quelle: Bild von Free-Photos auf Pixabay

Hope, 28

Das Thema Mobbing zog sich für Hope durch drei verschiedene Schulen, von der fünften bis zur siebten Klasse. Jeder neue Schultag war für sie mit Psychoterror gefüllt. Trotz allem hat sie aus dieser Zeit gelernt und möchte teilen, was ihr geholfen hat.

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„Ist doch nur Spaß, da müssen alle Neuen durch.“ Das war die Reaktion auf meine Frage: „Wieso macht ihr das mit mir?“ Eine richtige Entschuldigung gab es nie. Wenn die Lehrer einmal etwas bemerkten, zum Beispiel meine Schulsachen nach der Pause wieder versteckt worden waren oder die Tür zum Klassenraum von innen versperrt wurde, gaben meine Mobber es zu. Aber nicht, weil es ihnen leid tat, sondern aus Angst, ihre Eltern könnten informiert werden. Meine schlimmsten Erfahrungen von denen ich hier berichte, erlebte ich auf einem Internat mit Privatschule. Meine Eltern beschlossen damals nach der Grundschule, mich auf ein Internat zu schicken. Die Schule hatte einen guten Ruf, mit kleinen Klassen und großzügigen Freizeitangebot. Die Erfahrung eines Internatlebens dort sollte mir gut tun.

Mit dem Schulwechsel in die fünfte Klasse, fing es an. Zu Anfang gingen die Kinder noch normal mit mir um. Die Jungen in meiner Klasse machten dann den Anfang, ich war damals zehn Jahre alt. Im Unterricht bekam ich bei richtigen Antworten böse Blicke zugeworfen. Im Sport wurde ich bald von den Mädchen ausgelacht, weil ich noch „Kinderunterwäsche“ trug, in Gruppen wurde ich als Letzte ausgewählt und schnell beim Laufen war ich auch nicht. Ich wurde zur „Pechkarte“ für die Gruppe – das schwache Glied, das niemand haben wollte.

Es wurde nur schlimmer

Quelle: privat

Zu Beginn machte es mich traurig, doch ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen. Auf die Frage: „Wie war die Schule?“ antwortete ich mit: „Gut, danke.“ Ich dachte, das Ganze würde sich legen. Leider wurde es nur noch schlimmer.

Nach der Schule fingen mich drei, vier Jungs ab, stellten mir ein Bein, schubsten mich gegen eine Wand – ich fühlte mich in die Enge getrieben wie ein Tier. Andere Schüler sahen weg oder beeilten sich, um nicht selbst am Boden zu liegen. Meine Kehle fühlte sich bei jedem Weg zur Schule wie zugeschnürt an, ein dicker Kloß in meinem Hals. Geweint habe ich vor den anderen nie. In meinem Kopf wusste ich: Weinen zeigt ihnen nur deine Schwäche.

Du bist nicht gut genug für uns!

Für die Mädchen in meiner Klasse war ich nicht hübsch, nicht dünn genug. Ich hatte keine kleine, schicke Handtasche und trug nicht die neusten Markenschuhe. Beziehungen, Jungs interessierten mich damals noch nicht und damit war ich raus. „Du bist nicht gut genug, um zu unserer Clique zu gehören“, sagte die Anführerin eines Tages zu mir. Nach der Schule kehrte ich täglich zurück ins Internat wo wir als Schüler wohnten. Doch auch hier kam ich nicht zur Ruhe. Ich war damals die Jüngste, das kleine Mädchen das ständig weinte und nach Hause wollte. Im Gegensatz zu meinen Eltern hasste ich das Internat vom ersten Tag an. Ich hatte alle meine Freunde zu Hause lassen müssen und fühlte mich nur alleine. Meine Nachmittage verbrachte ich mit Lernen oder Lesen. Raus ging ich nur selten, zu groß war meine Angst, auf Mitschüler zu treffen, die in einer Ecke auf mich warteten, um wieder einmal zuzuschlagen.

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Was ist Mobbing?

Diese Angst vor den Mitschülern, damit ich nicht alleine, das weiß ich heute. Laut PISA-Studie ist jeder sechste deutsche Schüler oft Opfer von Mobbing. Mobbing unter Schülern umfasst böswillige Handlungen mit dem Zweck den Schüler auszugrenzen, „fertig“ zu machen. Unter Mobbing fällt es, jemanden abzuwerten, zu beschimpfen, bloßzustellen, zu schikanieren, das Eigentum zu beschädigen oder die eine Person auszugrenzen.

Das Wort „Mobbing“ kommt aus dem Englischen, von „mob/mobbish“ und bedeutet so viel wie Pöbeln. Nicht jeder Streit ist dabei gleich Mobbing. Mobbing ist eine Form von offener oder unterschwelliger Gewalt. Es ist ein Prozess der Ausgrenzung mit schweren Erniedrigungen von ein oder mehreren Personen, meist über einen längeren Zeitraum.

Mein Kopf war voller Angst

Meine Eltern bekamen von all dem nichts mit. Handys waren im Internat nicht erlaubt, nach Hause ging es nur alle zwei Wochen. Meine Schulnoten wurden nicht schlechter, die Lehrer vermuteten nichts. Ich traute mich nicht, etwas zu sagen. Im Gegenteil, ich fing an zu denken, dass es an mir liegt. Immer öfter stellte ich mir die Fragen: Was stimmt nicht mit mir? Bin ich selbst schuld? Bin ich wirklich anders?

Nachts, wenn die Erzieher um 23 Uhr ihren Rundgang erledigt hatten, waren wir auf den Zimmern allein. Immer wieder kamen die älteren Freunde meiner Mitbewohnerin zum Partymachen auf unser Zimmer. Ich stellte mich dann schlafend und spürte ihre bohrenden Blicke. Wenn ich Glück hatte, ließen sie schnell von mir ab. Doch an manchen Abendenden bewarfen sie mich mit meinem Schulmaterial, das sonst auf dem Schreibtisch lag. Einfach um zu beweisen, dass sie stärker sind. Ich gab keinen Mucks von mir.

Auswirkungen von Mobbing

Opfer von Mobbing sprechen meist kaum über das, was in der Schule passiert, weder mit Eltern noch mit Lehrern. Zu groß ist die Angst als Verräter dazustehen, noch mehr Schikane zu erleben oder, dass ihnen niemand glaubt. Schuldgefühle und Scham führen zu sozialem Rückzug. Man beginnt häufig sich als das „Problem“ zu sehen. Das kann sich auf die gesamte Persönlichkeit auswirken:. Verlust des Selbstvertrauens, Einsamkeit, Abfallen der Leistung, depressive Episoden. Es kommt zu Alpträumen, Mobbing-Opfer sind vermehrt schreckhaft, der Appetit nimmt ab. Auch Selbstverletzung oder sogar Selbstmordversuche können die Folgen sein.

Ich konnte nicht mehr

Irgendwann konnte ich dann nicht mehr verbergen, was ich durchmachte. Ich redete kaum noch, wenn ich zu Hause war. Sobald das Thema Schule aufkam, wurde ich wütend und hätte am liebsten um mich geschlagen. Eines Abends begann ich zu weinen und es sprudelte aus mir heraus. Meine Eltern telefonierten mit der Schule und auch mit den Erziehern im Internat. Die Kinder meiner Klasse wiesen jedoch alle Schuld von sich. Die Eltern waren empört über die Schuldzuweisung. „So etwas tut mein Kind nicht.“ Andere waren nachdenklich, wollten die Sache allerdings schnell aus der Welt schaffen. Die Lehrer rieten zu einem Klassenwechsel. Das wäre die einfachste Lösung– vor allem, um den Schein einer friedlichen Privatschule zu wahren.

Für mich reichte kein Klassenwechsel

Nur ein Klassenwechsel war für mich damals keine Option. Selbst wenn es in einer neuen Klasse besser würde, blieb am Ende des Tages trotzdem weiterhin die Angst, wenn ich ins Internat zurückkehrte. Meine Mitbewohnerin wäre die gleiche geblieben. Ich konnte nicht länger mit solchen Menschen unter einem Dach leben. Zu groß war mein Hass auf das, was ich dort ertragen musste. Deshalb entschloss ich mich damals zu einem kompletten Schulwechsel und zog wieder nach Hause. Eine richtige Entschuldigung gab es weder von der Schule noch von meinen Mitbewohnern im Internat.

Monate später rief ein Mädchen aus meiner alten Klasse bei mir zu Hause an. Sie erzählte meiner Mutter am Telefon, dass ihr vor mir das Gleiche passiert sei. Es täte ihr leid, dass sie trotz eigener Erfahrung mir nicht geholfen hätte.

Es ist nicht meine Schuld

Heute, Jahre später, weiß ich eine Antwort auf all die Fragen, die ich mir damals gestellt habe. Mobbing ist nicht meine Schuld! Manche Kinder mobben einfach. Sei es aus Langeweile oder weil sie darüber Macht ausüben können. Andere mobben, weil sie selbst zu Hause Gewalt erlebt haben. Die Ursachen sind vielfältig. Geprägt haben mich diese Taten trotzdem. In den Jahren danach hatte ich wenige Freunde, vertraute nur ein paar Menschen in meiner Umgebung. Die Angst und das Misstrauen blieben häufig im Hinterkopf. Aber ich habe auch ein paar Dinge gefunden, die mir helfen. Ich werde euch sie gleich auflisten. Vorab allerdings ein Aufruf an alle, die Mobbing beobachten:

Opfer können sich meist nicht alleine wehren. Sie brauchen deshalb Unterstützung von außen! 

Was können Eltern tun?

Eltern sollten auf Wesensveränderungen ihrer Kinder achten, neue Verhaltensweisen und die Probleme ernst nehmen. Häufige Bauchschmerzen am Morgen, keine Lust zur Schule zu gehen oder Rückzug sind wichtige Warnzeichen. Dabei sind gemeinsame, tägliche Gespräche über den Alltag wichtig. Selten ist immer „alles gut“ in der Schule. Bei einem konkreten Mobbingverdacht ist der Kontakt zur Schule und möglichen Tätern wichtig, sodass schnellstmöglich gehandelt werden kann. Eltern sollten ihr Kind in dieser Zeit besonders unterstützen und den Sorgen Glauben schenken.

Was können Betroffene tun?

Auch wenn die Angst groß ist vor noch größerer Ausgrenzung, ist der Mut ein Gespräch zu suchen, mit einem Vertrauenslehrer, einer guten Freundin, oder den Eltern unerlässlich. Viele Betroffene leiden im Stillen und lassen sich nichts anmerken. Wichtig ist möglichst offen mit einer Bezugsperson über das Mobbing zu sprechen.

Das hat mir geholfen…

  • Schreiben, damals in Form meines Tagebuchs. Dies war für mich mein persönlicher Rückzugsort, der nur mir zugänglich war.
  • Offen reden mit einer vertrauten Person oder Freundin – Schweigen hilft nicht!
  • Ein Hobby, Sport, um sich auch an die schönen Seiten des Lebens zu erinnern
  • Malen, um seine Gefühle zum Ausdruck zu bringen

Mehr Infos zum Beispiel bei „Schüler gegen Mobbing

Schreib uns

Quelle: privat

Holly

Wirst du schikaniert?

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Quelle: Free-Photos auf Pixabay

Wer bin ich? Selbstfindung ist ein Prozess

Quelle: privat

Ich möchte euch in diesem Artikel nicht dazu raten, mehr Veranstaltungen zur Berufsorientierung zu besuchen. Nein, hier soll es um euch, um mich und unser Leben gehen. Vergleichen wir es mal mit einem Puzzle: Stets sind wir auf der Suche nach fehlenden Teilen, arrangieren bereits Gefundenes um und möchten das Bild vervollständigen. Unser aller Ziel ist es uns selbst zu finden, die fehlenden Puzzleteile. Aber werden wir sie je alle beisammen haben? Ist das überhaupt möglich im echten Leben? Und wer oder was beeinflusst uns bei dieser Suche?

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Gibt es ein Wann?

Bereits in jungen Jahren beginnen wir uns mit der Frage „Wer bin ich eigentlich?“ auseinanderzusetzen, aber Selbstfindung ist ein Prozess von unbestimmtem Anfang und mit offenem Ende. Nichtsdestotrotz gibt es unbestreitbar Phasen in unserem Leben, in denen wir aktiver auf der Suche nach unserer Persönlichkeit werden. Während der Schulzeit und gegen deren Ende spielen unsere Wünsche für die Zukunft eine immer größere Rolle. Wir hören viele, gut gemeinte Ratschläge aus unserem Umfeld, sind besonders empfänglich für Inspiration, aber auch anfällig für Druck.

Jetzt stehen dir alle Türen offen.

Oft wurde mir gesagt „Jetzt stehen dir alle Türen offen“. „Jetzt“ bezogen auf den Zeitpunkt, als ich mein Abitur in der Tasche hatte. Ja. Richtig. Es stehen einem viele Möglichkeiten offen. Erdrückend viele, sodass Jugendliche oft überfordert sind. Über Studium und Arbeit werden wir zu genüge informiert, aber niemand kann uns so richtig auf das, was danach kommt vorbereiten. Mit dem Schulabschluss stehen wir dann da: Orientierungslos, erschöpft, jung, naiv. Und in diesem Zustand sollen wir eine Entscheidung fällen, die vielleicht den Rest unseres Lebens beeinflusst. Am besten noch schnell, sodass wir zügig in die Berufswelt einsteigen und Geld verdienen. Kein Wunder, dass über 50 Prozent aller künftigen Studenten sich erstmal für eine Auszeit entscheiden.

Die Entscheidung über die eigene Zukunft kann einem niemand abnehmen. Nicht die Eltern, nicht die Freunde. In letzter Instanz liegt es bei uns, aber beeinflusst werden wir sowohl bewusst als auch unbewusst von ihnen, der Gesellschaft, sozialen Medien und vielen weiteren Faktoren in unserem Umfeld.

 

Ach, die Eltern…

Eltern sind Menschen, die unseren Lebensweg von Anfang an begleiten und mit denen wir die verschiedensten Phasen durchmachen. Je älter wir werden, desto unabhängiger möchten wir von ihnen werden. Aus mir und dir soll eine eigenständige, individuelle Person werden, die ihre Eltern nicht mehr braucht. Oder?

Klar ist es irgendwann an der Zeit auszuziehen und sich ein eigenes Leben aufzubauen, aber Fakt ist nun mal auch, dass unsere Familie uns so gut kennt wie nur wenige andere Menschen. Jeden Tipp, den sie geben, jede Unterhaltung, die wir führen, jeden Streit, den wir ausfechten, all das beeinflusst uns. Vielleicht nicht bewusst, aber in unserem Unterbewusstsein arbeitet es weiter. Sie mögen nicht immer richtig liegen mit ihren Aussagen, eventuell Druck ausüben oder Erwartungen stellen, die wir nicht erfüllen können oder wollen, aber in uns allen schlummert doch der Anspruch unsere Eltern stolz und glücklich zu sehen oder zumindest ihre Aufmerksamkeit zu ergattern.

Ich gebe offen zu, dass ich einige Entscheidung in meinem Leben getroffen habe, deren größte Motivation es war, genau das Gegenteil von dem zu tun, was mir ein Elternteil geraten hat oder um NICHT so zu werden, wie meine Eltern. Das Verhaltensmuster erkenne ich hin und wieder immer noch bei mir, obwohl ich mittlerweile versuche, mir ihre Ratschläge vernünftig und erwachsen anzuhören und daraus zu lernen. Ich weiß, dass sie stets mein Bestes im Sinn haben, aber manchmal schaffe ich es nicht aus meiner Haut heraus und bin das bockige Kind, das nicht auf seine Eltern hören mag.

 

Freunde, die Familie die wir uns aussuchen?

Freunde sind Personen, mit denen wir uns in unserer Freizeit umgeben, mit denen wir lachen und weinen, unsere Geheimnisse teilen und vieles mehr. Aber Freund ist nicht gleich Freund. Ihr kennt sie sicherlich auch diese Freunde, mit denen man sich stundenlang unterhält und trotzdem aneinander vorbeiredet oder sich nur über den neuesten Klatsch und Tratsch austauscht. Es mag blöd klingen, aber sie bringen keinen Mehrwert außer Zeitvertreib – und geben einem das Gefühl nicht allein zu sein. Schön und gut, viel wertvoller sind aber die Menschen in unserem Leben, die uns zuhören, die auf Gesagtes eingehen, uns wertvolle Tipps geben und uns inspirieren. Womöglich sind es Personen, die nicht ständig in unserer Nähe sind, sie sagen uns mal ehrlich die Meinung, wenn wir Mist gebaut haben, bauen uns aber auch auf, wenn wir Rückschläge erlitten haben und zaubern uns immer ein Lächeln auf die Lippen, wenn wir es am Nötigsten haben.

Ich möchte dir jetzt nicht raten lockere Freundschaften aus deinem Leben „auszumisten“, aber stell dir doch in nächster Zeit mal die Frage, wem du deine Sorgen und Trauer anvertraust und wessen Gesellschaft dich aufmuntert, inspiriert und deine Laune hebt.

 

Und andere Menschen in unserer Umgebung?

In jeder Gesellschaft gibt es gewisse Idealvorstellungen. So wird bei uns ein erfülltes Leben üblicherweise mit einem gut bezahlten Job, beruflichen Entfaltungsmöglichkeiten, einem Partner, einem gemeinsamen Haus im Grünen und optimalerweise noch zwei Kindern verknüpft. Ein Ideal ist es geworden, weil sich über eine ganze Weile lang ein Großteil ihrer Mitglieder damit identifizieren konnten.

Mit diesen Vorstellungen sind wir alle aufgewachsen, sie sind in unseren Köpfen verankert und erscheinen uns wie das Normalste auf der Welt. Ist es aber auch das, was wir wirklich wollen? Will ich in 10 Jahren verheiratet sein und mit meinem Mann und meinen zwei Kindern auf dem Land leben? Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht. Nur, weil einige Menschen diesen Wunsch hegen, heißt es nicht, dass es meiner ist. Vielleicht will ich auf gar keinen Fall Kinder haben, weil ich die Quengelmaschinen einfach nur nervig finde.

An irgendeinem Punkt im Leben, am besten nicht zu spät, ist es unumgänglich sich damit auseinandersetzen, ob die Ideale der Gesellschaft, mit denen wir aufgewachsen sind mit unseren persönlichen Wünschen übereinstimmen oder ob wir sie einfach so oft gehört hat, dass wir denken, dass wir damit glücklich werden.

 

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Instagram & Co.

Wer von uns hat keinen Account auf Instagram oder ähnlichen Plattformen? Kein Teil von sozialen Medien zu sein, ist für viele von uns keine Option mehr, da deren Reichweite und Vernetzung zu groß geworden ist.

Beeinflusst werden wir unter anderem von erfolgreichen Influencern, die Fotos von ihrem tollen Körper, ihrer perfekten Beziehung, ihren neuen Klamotten, tollen Events, etc. posten #perfectlife. Ihr Feed erweckt in uns den Wunsch ein ähnlich schönes Leben zu führen wie die Person, die man online bewundert. Unbewusst werden wir von unseren Idolen auf sozialen Medien beeinflusst. Das muss nicht immer von negativer Natur sein, es gibt inspirierende Influencer wie zum Beispiel m0rrenita, die sich für mehr Realität auf Instagram, Bodypositivity und Selbstliebe einsetzt.

Unterscheiden sollten wir aber, inwiefern der Feed von bestimmten Leuten uns gut tut. Hierbei spreche ich nicht nur von den großen Accounts mit den Tausenden von Followern. Auch unsere Freunde, die ständig ihre neuesten Shoppingschätze und verliebte Fotos mit ihren Partnern posten, können uns herunterziehen mit ihren Posts.

 

Und ich?

Äußere Einflüsse schön und gut, aber jeder von uns hat einzigartige Anlagen in seiner DNA verankert, hat Erfahrungen gemacht, die ihn als Menschen auszeichnen. Wir sind nicht alle der offene, lebensfrohe, einnehmende Typ. Ich bin zum Beispiel nicht der Typ Mensch, der jedem seine Lebensgeschichte erzählt, ich tue mir schwer Entscheidungen zu fällen und lasse mich leicht stressen. Und das ist okay. Es liegt eben in der Natur meines Charakters.

Während der Suche nach den fehlenden Puzzleteilen unserer Persönlichkeit, müssen wir akzeptieren, dass sich sowohl unser Puzzlemotiv als auch jedes einzelne Teil von dem unserer Freunde und Idole unterscheiden kann. Wir sind nun mal Individuen, die lernen müssen, jede einzelne ihrer individuellen Stärken und Schwächen anzunehmen und irgendwann lieben zu lernen.

Ist das Leben ein Puzzle?

Vielleicht ist das Leben auch gar kein Puzzle sondern eher ein Fotoalbum von Schnappschüssen. In schwierigen Zeiten haben wir oft das Gefühl vor einem unlösbaren Rätsel zu stehen, weil unsere Freunde, Familie, Idole sowie gesellschaftliche Ideale und unsere inneren Anlagen uns in verschiedenste Richtungen zerren. Auf lange Zeit geht aber doch jede schwierige Phase als Momentaufnahme in die Sammlung ein, die so schön, bunt und individuell ist, wie jeder Einzelne von uns. Manche Fotos mögen aus der Reihe tanzen, aber anstatt vergeblich nach dem Perfekten zu suchen, lohnt es sich die Momente als bereichernde Erlebnisse zu sehen und als Schnappschüsse in das Fotoalbum unseres Lebens einzukleben.

Schreib uns

Miriam

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Schön, dass du da bist. Dieser Text könnte dich sehr berühren. Wenn du eine Essstörung, eine Depression oder Suizidgedanken hast, könnte dieser Text dir gerade nicht guttun. Bitte überlege dir, ob du ihn wirklich lesen möchtest. Hast du Redebedarf? Dann hilft dir vielleicht unser Angebot hier weiter.

Alles Liebe, Deine Incogito-Redaktion.

Quelle: Farina Deutschmann

Einmal Essstörung, immer Essstörung?

Quelle: Kira Siefert

Viele Jahre hat Kira geglaubt, dass sie lernen kann, anders mit ihrer Essstörung umzugehen. Heute ist sie davon überzeugt, dass ihre Heilung nur über den Weg zu sich selbst möglich war – und teilt ihre Erfahrungen unter anderem in ihrem eigenen Podcast.

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Früher habe ich es nicht einmal gewagt, an Heilung zu denken. Auch nachdem ich den „SoulFood Journey Podcast“ für Menschen mit Essstörungen gestartet habe, fiel es mir schwer, über Heilung zu sprechen. Wenn ich in Interviews für andere Podcast-Shows gefragt wurde, habe ich meistens gesagt, dass jeder einen neuen Umgang mit Essen erlernen und die Essstörung somit hinter sich lassen kann. Ich war mir damals selbst noch nicht sicher, ob ich an vollständige Heilung glaube und meine wahren Gedanken dazu teilen möchte. Ich hatte damals immer Angst davor, wie die Menschen auf meine Worte reagieren. Ich hatte Angst vor Kritik und habe mich davor gefürchtet, mich öffentlich zu zeigen, so wie ich bin. Doch daran führte irgendwann kein Weg mehr vorbei, nachdem ich mir meiner eigenen Wahrheit immer bewusster wurde.

Nach ambulanten Therapien und einem stationären Aufenthalt in einer psychosomatischen Klinik bin ich für mich losgegangen und war bereit, alles dafür zu tun, meine Seele zu befreien. Jetzt, fünf Jahre später und einige Schritte weiter auf meinem Heilungs- und Lebensweg, sitze ich hier an meinem Schreibtisch in Berlin und stehe voll und ganz dahinter: Heilung ist möglich!

Wenn ich heutzutage über Heilung spreche, dann meine ich damit nicht den Wunsch oder die Erwartung, ein Leben ohne Essstörung zu führen. Mit Heilung meine ich, dass du dich auf die Entwicklung deiner Persönlichkeit einlässt. Dir alles anschaust, was innerlich passiert und zu dir gehört. Alles loslässt, was du dir zwar angeeignet hast, was jedoch nicht deiner Wahrheit entspricht. Heilung ist deine Entwicklung, die ein Leben lang stattfindet. Heilung ist der Prozess, den du durch jeden einzelnen Schritt auf deinem Weg erlebst.

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Ändere deine Perspektive

Wer kann dir mit hundertprozentiger Sicherheit sagen, dass du für immer an einer Essstörung leiden wirst? Und worauf basiert diese Aussage überhaupt, falls sie dir gegenüber jemals ausgesprochen wurde oder du sie irgendwo gelesen hast?

Betrachte deine Essstörung heute ausnahmsweise mal als einen festen Anteil in deiner Innenwelt, der aktuell zu deinem Leben dazugehört. Nimm diesen Anteil für den jetzigen Moment insofern an, dass deine Essstörung ein fester Bestandteil deiner jetzigen Welt ist, in der du dich tagtäglich drehst. Geistig, körperlich und emotional. Wenn deine Innenwelt, in der deine Persönlichkeit wohnt, glaubt, eine Essstörung zu brauchen, dann nur aus einem Grund: Du glaubst, dich vor etwas beschützen zu müssen und brauchst sie als dein ganz individuelles, emotionales Alarm-System. Sie warnt dich in jeder Lebenslage zuverlässig vor lauernden Gefahren. Selbst dann, wenn noch keine reelle Gefahr in Sicht ist. Sie ist super aufmerksam, beschützt dich um jeden Preis, gibt Tag und Nacht auf dich Acht und funktioniert wie von alleine.

Was deine Essstörung jedoch nicht weiß – und auch meistens nicht versteht – ist, dass du sie garnichtmehr brauchst. Wenn du deiner Essstörung wie einem Weckruf begegnest und ihr Verständnis entgegenbringst, dann wirst du sicherlich langfristig mit ihr sprechen können. Ihr werdet eine Lösung finden und euch auf ein Leben ohne Essstörung einigen.

Dafür ist es wichtig, dass du die Sprache deiner Essstörung lernst. Du musst sie verstehen und deuten können. Jede Form von Essstörung ist aus meiner Sicht der Ausdruck der eigenen Seele. Sie versucht die ganze Zeit, dir etwas Wichtiges mitzuteilen. Und was machen wir in den meisten Fällen? Wir versuchen sie so schnell wie möglich loszuwerden, bekämpfen sie mit anderen Mitteln und neuen Verhaltensstrategien.

  • Doch was ist mit Zuhören, um ihr Aufmerksamkeit zu schenken, sich anzunähern und langfristig Frieden schließen zu können?
  • Wenn du deine Essstörung als einen Anteil deiner Selbst betrachtest, wie würdest du dich an ihrer Stelle fühlen, wenn jemand versucht, dich die ganze Zeit mit allen Mitteln und Strategien loszuwerden? Dich die ganze Zeit nur bekämpft und ignoriert, in der Hoffnung, dass du gehst?
  • Ist es aus dieser Perspektive nicht verständlich, dass sie, genau wie du, um ihr Überleben kämpft und immer wieder Wege findet, sich an der Oberfläche (also auf der Verhaltensebene) zum Ausdruck zu bringen?
  • Was wäre möglich, wenn du deinen Blickwinkel immer mehr öffnest und den Gedanken zulässt, dass dein Weg DURCH die Essstörung führt und nicht aus ihr raus?

Solange du dir „raus aus der Essstörung“ wünschst, bist du innerlich noch immer in einer Kampfhaltung und nicht bereit, all die wertvollen Erkenntnisse, die hinter ihr liegen, zu sammeln. Du möchtest so schnell wie möglich weg und flüchtest. Doch dann befindest du dich tatsächlich ein Leben lang auf der Flucht, hast immer Angst davor, in alte Verhaltensmuster zu fallen und vertraust dir selbst nicht voll und ganz.

Glaub nicht alles, was du denkst

Als ich 2014 aus der Klinik entlassen wurde, hatte ich riesengroße Angst davor nach Hause zu fahren und wieder im Alltag zu sein. In der Klinik habe ich mich gut behütet und geschützt gefühlt. Es wurde für alles gesorgt und ich konnte mich nur auf meine Entwicklung konzentrieren. Im Alltag bin ich meinem Leben wieder begegnet, von dem jeder Mensch mit einer Essstörung überfordert ist. Da wir nicht gelernt haben, mit unseren Emotionen umzugehen, sie zu kanalisieren und auszudrücken, habe ich – zurück im Alltag – sehr schnell wieder zu alten Verhaltensweisen gegriffen und dachte mir, es ist noch viel schlimmer als jemals zuvor.

Doch hey, das gehört dazu. Ich sehe es so: Ich gehe zehn Schritte zurück, um mit Anlauf den nächsten großen Sprung vorwärts machen zu können. Jede Erkenntnis, jedes Gefühl – einfach alles, was deine Essstörung als Weckruf und Ausdruck deiner Seele mit sich bringt, ist ein komplexes Konstrukt aus X-tausenden Gedanken, die du dir unterbewusst erzählst und glaubst. Es war für mich der größte, wichtigste und anstrengendste Schritt, meinen Gedanken und Gefühlen wieder Gehör und Raum zu geben. Um nicht länger wie eine leere Hülle in Form eines menschlichen Körpers durch ein Leben zu rennen, das 0,0 mit mir zu tun hat. Es hat mich viel Lebenszeit, Energie und Geld gekostet, doch es hat sich gelohnt. Und ich glaube, wenn du bereit bist, dich auf deinen eigenen Weg einzulassen, anfängst dein eigenes Tempo zu gehen und wieder eine bewusste, achtsame Beziehung zu dir aufbaust, dann wirst du mir eines Tages diese Nachricht schreiben:

Kira, ich habe deine Worte aus dem Artikel bei In Cogito jetzt verstanden und es selbst erlebt.

P.S.: Das Bild zum Blog-Beitrag drückt meine wahre Persönlichkeit aus, die ich dank meiner Essstörung wiederentdeckt habe.

Film-Tipp:

Ich habe noch einen Film-Tipp für dich, in dem neun Menschen ihre persönliche Geschichte teilen, wie sie ihre Essstörung überwunden haben und wie es ihnen heute geht. Die Doku „Ich hab’s geschafft“ findest du hier: https://www.waage-hh.de/ich-habs-geschafft/

Schreib uns

Julia Steppat

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Quelle: FreePhotos auf Pixabay

Die weibliche Sexualität: Tabu und Marketingstrategie

Quelle: privat

Bitte sprich nicht über deine Periode. Und still‘ dein Baby um Gottes willen nicht in der Öffentlichkeit. Lingerie-Werbung an der Bushaltestelle? – Gerne. Wenn du ein Kleid anhast, musst du dich aber nicht wundern, wenn dir unangebracht hinterhergerufen wird.

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Solche oder ähnliche Aussagen haben nicht wenige Frauen schon mehr als nur ein paar Mal über sich ergehen lassen müssen. So manches, was in diese Richtung geht, habe ich auch schon aus dem Munde von Freunden – hauptsächlich Männern – gehört. Der zentrale Kern dahinter stößt mir bitter auf:

  1. Die Sexualität der Frau auf Äußerlichkeiten reduzieren und für sich ausnutzen, beispielsweise um Konsumenten durch Werbung anzulocken? Klar doch! Sowohl im Fernsehen als auch auf offener Straße sind knapp bekleidete Frauenkörper zu Werbezwecken keine Seltenheit.
  2. Sexualität leben und in den Diskurs bringen? Das wäre ja noch schöner! Versuche ich zum Beispiel, tiefgründigere Aspekte meiner Sexualität anzusprechen, wie zum Beispiel meine Periode, stoße ich auf abweisende Haltungen.

 

Wenn ich mir diesen Widerspruch auf der Zunge zergehen lasse, kann ich nur mit dem Kopf schütteln. Mir ist schon früh, zu Beginn meiner Pubertät, aufgefallen, dass die Sexualität der Frau einen sehr beschränkenden Diskurs erfährt und oft durch Floskeln wie „Eine Frau tut XY (nicht), denn sie ist ja eine Lady.“ geprägt ist. Dass die Gesellschaft mich aufs „Lady-Sein“ getrimmt hat, passierte vermutlich, wenn auch unter guten Absichten schon seit meiner Geburt. Daran habe ich aber nur sehr eingeschränkte Erinnerungen. Zumindest Sätze wie „Sowas macht/sagt ein Mädchen nicht“ oder „Autos sind nur was für Jungs, Mädchen spielen mit Puppen.“, fallen mir aber ein. Ich wurde also schon von klein auf als die Art Frau erzogen, die ich der Meinung meines sozialen Umfeldes nach sein sollte.

Muss dir deine Periode peinlich sein?

Eines Morgens war es soweit und mein zwölfjähriges Ich wurde von meiner Mutter in die Welt der Perioden-Gebote eingeführt: Die Dos and Don’ts als fruchtbare Frau, sozusagen. Da habe ich mich sofort gefragt, warum Mädchen und Frauen ihre Hygieneprodukte nach bestem Können in ihrer Hand verstecken sollten, wenn sie sich mit diesen zur Toilette begeben. Ich habe nun mal meine Periode und brauche einen Tampon. Was ist denn so schlimm dabei, wenn Leute mich damit aufs Klo gehen sehen? Weil man sich aber vor allem in jungen Jahren unbewusst gesellschaftlichen Normen beugt, statt sie in Frage zu stellen, habe ich das also auch immer so gemacht und Freundinnen nur im Flüsterton nach einem Damenhygieneprodukt gefragt. Ich wollte eben nicht durch mein Infragestellen auffallen.

Heute finde ich ganz klar, dass das total unnötig ist. Unsere Periode ist ein natürlicher Teil von uns, und auch, wenn es vor allem am Anfang natürlich sehr ungewohnt und neu ist, ist es überhaupt nicht schlimm, dass andere Menschen sehen können, wie wir mit einem Tampon oder einer Binde aufs Klo gehen. Ich finde es sogar wichtig, dass man Periodenprodukte, und damit die Periode, so und durch Gespräche in den Diskurs bringt und damit normalisiert. Dann ist die weibliche Menstruation hoffentlich nicht mehr länger ein Randthema.

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Männer-Deo und nackte Frau?

Auch eine komische Angewohnheit von Menschen: Vor Entsetzen und Empörung schier aus der Haut zu fahren, weil Frau es wagt, in der Öffentlichkeit ihr Baby zu stillen. Solche Reaktionen beobachte ich vor allem bei Männern und älteren Menschen. Ich fand und finde absolut nichts Schlimmes dabei, sein Kind öffentlich zu stillen. Gerade heutzutage sind Still-BHs extra so konzipiert, dass sie dem Kind einen möglichst guten Zugang zur Brust ermöglichen und gleichzeitig noch genügend Stoff übrig ist, um die Brust bedeckt zu halten. Dass man trotzdem ein bisschen Brust sieht, ist für mich nicht weiter tragisch, solange die Mutter selbst sich damit wohl fühlt.

Ich bin mir nicht ganz klar, was genau es ist, dass die Menschen in Unwohlsein versetzt. Falls es das Stück nackte Brusthaut ist, würde ich gerne nochmal auf die Unterwäsche-Werbung hinweisen. Oder auf eine Männer-Deo-Werbung einer sehr prominenten Marke, in der aus unerfindlichen Gründen die Marketing-Abteilung des Produkts eine leicht bekleidete Frauen mit einem Deo für Männer in Kontext bringt. Da guckt man nämlich doch ganz gerne hin. Aber Frauen dürfen ihr Baby nicht in der Öffentlichkeit stillen? Das ist doch nun wirklich sehr unsinnig.

Parallel dazu schüttelt übrigens kaum jemand den Kopf, wenn bei öffentlichen Veranstaltungen wie Festivals Männer auf das „in der Schlange stehen“ verzichten und stattdessen an den nächsten Baum oder eine Fassade pinkeln.

Und jetzt alle: „Menstruationstasse“

Ist Sexualität also nur okay, wenn sie entweder männlich ist – oder „sexy“, aber unpersönlich präsentiert wird und die Wirtschaft was davon hat? Ist eine entblößte Frau nur okay, solange man damit Geld machen kann? Ich habe jedenfalls den Eindruck, dass das so ist. Und das grenzt schon ans Paradoxe. Wenn ich nur das Wort „Menstruationstasse“ in den Mund nehme, gibt es schon den ein oder anderen Gesprächsteilnehmer, der ganz verspannt am Tisch sitzt. Während Nippel als Marketing-Aufhänger kaum Aufschreie verursachen, rufen sie Männer und Frauen gleichermaßen auf die Barrikaden, wenn eine Frau sich entscheidet, dass ihre Nippel durch ein Oberteil zu sehen sein können – selbst, wenn sie sich nur leicht unter einem T-Shirt abzeichnen oder durch einen dünnen Stoff hindurch zu erahnen sind.

Wie sich die Leute da aufregen, hat zum Beispiel Influencerin Louisa Dellert erfahren dürfen, die sich entschlossen hat, weniger oft einen BH zu tragen. Damit gelangte sie direkt in das Kreuzfeuer der Vorwürfe, von Männern und Frauen. Wenn Männer ihre Nippel zeigen, sei es auf Social Media, am Strand oder im Fitnessstudio aufgrund eines lockeren Tank-Tops, schreit doch auch niemand empört auf.

Vulva in den Lehrplan

Was ist der Grund dahinter, dass halbnackte Frauen auf Plakaten okay sind, nicht aber das öffentliche Stillen eines Babys, Abdrücke von Nippeln unter T-Shirts oder die offene Diskussion verschiedener Periodenprodukte wie Tampons und Menstruationstassen? Warum schert sich niemand um ersteres, ist aber entsetzt über Stillen, Nippel und Regelblutungen? Mir persönlich sticht wiederholt die Tatsache ins Auge, dass ich im Sexualkunde-Unterricht in der Schule anatomisch nur ein Minimum dessen gelernt habe, was für mich relevant war. Die Anatomie der weiblichen Geschlechtsorgane beispielsweise war dabei so knapp bemessen, dass ich bis vor kurzem gar nicht wusste, was genau die Vulva beispielsweise bezeichnet. An alle Schülerinnen und Schüler da draußen: Hat sich daran etwas geändert?

Sprecht mehr über eure Körper!

Fakt ist: mein Körper und meine Sexualität sind der Wahnsinn. Und das lass ich mir nicht nehmen. Noch immer lerne ich mich jeden Tag aufs Neue kennen, und das dank all der Menschen die sich dafür einsetzten, die weibliche Sexualität, inklusive Nippel, Stillen und der Periode mehr in den alltäglichen Diskurs zu bringen und damit zu normalisieren. Es ist wichtig, dass wir nicht davor zurückschrecken, über unsren Körper zu sprechen, und es damit in der Gesellschaft zu einem normalen Thema zu machen. Ich hoffe, dass die Gesellschaft durch diese Konversationen stillende Frauen, Nippel und den Rest der weiblichen Sexualität endlich akzeptiert und respektiert.

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Celine

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Quelle: Farina Deutschmann

Kira Siefert: Mein Leben bestand aus Parallelwelten

Quelle: privat

Den Weg zur Heilung von ihrer Essstörung fand Kira Siefert unter anderem, indem sie sich viele Fragen gestellt hat. Heute teilt sie ihr Wissen in einem Podcast, einem Blog und einer Community und inspiriert Menschen mit ihrem Projekt „Soulfood Journey“. Luisa hat mit ihr über Parallelwelten, Ernährungspläne und Zukunftschancen gesprochen.

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LUISA für In-Cogito: Hallo Kira! Ich freue mich, dass wir miteinander sprechen können.

KIRA: Ich freue mich auch total und bin gespannt auf deine Fragen.

LUISA: Für die Leser, die dich noch nicht kennen: Wer bist du?

KIRA: Ich bin Kira, 29 Jahre alt und begleite Frauen mit einer Essstörung in der Nachsorge. Das heißt, ich helfe dabei, das Wissen, das in Therapien oder Kliniken über die eigene Essstörung oder Depression gelernt wurde, praktisch ins Leben zu integrieren und auch wirklich umzusetzen. Im Moment gibt es von mir einen Podcast, die Community, in welcher du mit Gleichgesinnten in Kontakt kommen kannst, das Eins-zu-eins-Coaching und nächstes Jahr erscheint mein erstes Buch.

LUISA: Sehr spannend! War deine jetzige Arbeit schon immer dein Berufswunsch?

KIRA: Ich hatte nie so einen richtigen Berufswunsch. Ich wollte immer alles mitnehmen, was man machen kann. Ich habe Abitur und eine Ausbildung zur Kauffrau für Spedition und Logistik gemacht, aber war eigentlich ohne Plan und habe letztendlich immer nur irgendetwas gemacht. Parallel war die Gesundheit auch immer ein großes Thema.

Es ist notwendig zu sprechen

LUISA: Kannst du beschreiben, inwiefern?

KIRA: Mein Leben bestand lange Zeit aus Parallelwelten. Auf der einen Seite wollte ich nach außen immer alles gut darstellen und dazugehören. Auf der anderen Seite war diese Leere durch meine Essstörung in mir, über die ich auch sehr lange geschwiegen habe.

LUISA: Inwiefern hat das Schweigen über die Essstörung die Situation erschwert?

KIRA: Wenn man ein Leben ohne Essstörung haben möchte, ist es unbedingt notwendig zu sprechen. Dabei ist es egal, ob man etwas noch nicht in Worte fassen kann. Sich dafür öffnen zu können bedeutet schon, dass du es dir selbst eingestehst. Dadurch entstand auch die Idee zu meinem Podcast. Ich hab es mir lange nicht eingestanden, habe somit auch nicht darüber gesprochen. In mir war komplette Leere, keine Freude und ich wusste nicht, wer ich bin. Da ist Austausch mit anderen so wertvoll, weil man sich richtig mit sich beschäftigt und immer wieder merkt: Andere haben genau dieselben Gedanken, Ansichten und Ängste wie ich. Ich bin nicht allein.

LUISA: Neue Entscheidungen zu treffen oder sich zu öffnen ist ja oft mit Ängsten verbunden. Wie kann man es schaffen, diese Ängste zu überwinden?

KIRA: Naja, wenn du an vor zwei Jahren denkst, wusstest du ja auch nicht, dass du heute das machst, was du gerade machst. Und das wäre alles nicht entstanden, wenn du bestimmte Entscheidungen, die dich natürlich Mut gekostet haben, nicht getroffen hättest. Ich glaube dass das Leben wie eine Kette ist und dass wir immer, bewusst oder unbewusst, Entscheidungen treffen, die immer ein Glied in dieser Kette sind.

Ein Moment darf neutral sein

LUISA: Kannst du das Bild von der Kette im Leben genauer beschreiben?

KIRA: Wenn wir in einem Muster festhängen wie einer Essstörung, sind viele Entscheidungen nicht bewusst und wir haben oft nicht das Gefühl, ein Teil unseres Lebens zu sein. Aber die Entwicklung, die jeder durch eine Essstörung erleben darf, kann zu einem ganz tiefen Verständnis für sich selbst führen. Dazu gehört auch, Entscheidungen für sich selbst zu treffen und Dinge umzusetzen und nicht nur darüber nachzudenken. Das reine Denken ist keine Erfahrung und hat nichts mit dem Erleben zu tun. Das Machen schenkt einem ein Gefühl und den Lebensmoment, den du dann als Erfahrungswert abspeichern kannst. Darauf kann dein Unterbewusstsein dann zugreifen und dir sagen: Das war eine super Erfahrung, davon kannst du mehr machen, das hat sich gut angefühlt.

LUISA: Wenn du dich in Phasen zurückversetzt, in welchen du das Gefühl hattest, du bist der Situation machtlos ausgeliefert und alles bricht über dir zusammen. Hast du Ratschläge, wie man es dann schaffen kann in das Tun zu kommen und nicht den Mut zu verlieren?

KIRA: Gedanken wie „Heute muss ich es aber schaffen“ oder „Jetzt habe ich es wieder nicht geschafft“ haben mich immer in diesem Kampf festgehalten. Ich habe mich selbst sehr damit unter Druck gesetzt, die Momente positiv sehen zu müssen. Mir hat es geholfen zu verstehen, dass ein Moment neutral sein darf. Ich kann es schaffen, mich nicht mit den Gedanken, die alles schwarz und schlecht machen, zu identifizieren. Ich kann mich davon lösen, ich kann mir dabei zuhören und zuschauen, wie ich mir die Welt gerade schlechtmache. Dadurch bekomme ich den Abstand zu den Gedanken und Gefühlen.

Es kann auch helfen, sich eine Art Anker zu bauen. Das können Bilder, Collagen oder Zettel an der Wand oder im Portemonnaie sein, welche einen motivieren und welche man im Laufe des Tages immer wieder zu Gesicht bekommt.

LUISA: Wodurch hast du verstanden, dass es im Tiefen einer Essstörung gar nicht um Problem mit dem Essen geht?

KIRA: Ich habe erst spät hingeschaut, denn es war lange ein normaler Bestandteil meines Lebens, den ich auch gar nicht loswerden wollte. Ich hatte Angst, dass mir etwas weggenommen wird, wenn ich es anspreche. Für mich ging es schon darum, gefallen zu wollen und das über das Körperbild zu steuern. Wahrgenommen habe ich auch damals schon, dass ich mich immer über das Gesehenwerden gefreut habe. Ich brauchte immer das Gefühl von „Ich bin jemand“, was aber da schon von der äußeren Bestätigung abhängig war. So richtig erkannt, dass Essen nicht die Lösung ist, hab ich tatsächlich erst, als ich in eine ganz intensive Auseinandersetzung mit mir als Person gegangen bin. Ich habe mich gefragt „Warum sollte ich mich die ganze Zeit mit Essen beschäftigen, wenn da gar nicht das Problem liegt?“.

LUISA: Dann musst du da aber bereits erkannt haben, dass das Essen nicht das Problem war, oder?

KIRA: Genau durch Fragen wie „Warum fühlt sich alles noch genauso an wie vorher, obwohl ich doch jetzt meine Ernährung so strukturiere? Warum verändert sich nichts? Warum fühlt es sich so anstrengend an?“ habe ich das erkannt.

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LUISA: Was hat dir geholfen?

KIRA: Ein Ernährungsplan beispielsweise hat mir dabei geholfen, überhaupt wieder eine Struktur in meine Ernährung zu bekommen. Ab dem Zeitpunkt, als ich mich in den Plänen gefangen gefühlt habe, war es wichtig zu erkennen, dass mein Heilungsweg nicht darin liegt, den Ernährungsplan eins zu eins umzusetzen. Vielmehr ist es wichtig, frei von Mustern zu werden, die ich mir selbst auferlegt habe. Dadurch habe ich erst erkannt, dass Essen nicht das Problem und somit auch nicht die Lösung ist. Ich habe begonnen mich und meine Körpersprache so gut zu verstehen, dass ich meine Ernährung nach meinem inneren und nicht nach einem äußeren System richten konnte.

LUISA: Dieser Prozess braucht ja auch Zeit, welche man sich selbst zugestehen muss um ohne Druck an sich zu arbeiten…

KIRA: Ja, aber dazu gehört auch, noch in diesem Leid sein zu wollen. Das klingt immer fies, aber es ist so. Also sich selbst bemitleiden zu wollen. Das Opfer des eigenen Lebens sein zu wollen. Das ist häufig in einem Kreislauf verknüpft: Ich muss leiden, alle müssen sehen, dass es mir schlecht geht, damit ich das Gefühl habe, dass sie sich um mich kümmern oder dass ich gesehen werde oder Aufmerksamkeit bekomme. Allein das kann bereits ein Muster sein, das zur Realität der Essstörung dazugehört. Und das muss ich alles für mich selbst erkennen.

LUISA: Wie schafft man es, sich selbst bei Gedanken wie „Allen anderen geht es viel schlechter, ich habe die Hilfe nicht verdient“ ernster zu nehmen?

KIRA: Solche Gedanken lenken nur von dir selbst ab, um dich nicht mit dir selbst zu beschäftigen. Das ist ein Selbstbetrug und bedeutet, an der Essstörung festzuhalten. Mir hat es geholfen die Fragen zu stellen: „Was würde ich jetzt tun, wenn ich wüsste, dass mein Leben morgen vorbei ist? Was wäre das Letzte, was ich gedacht hätte? Was wäre das letzte, wie andere Menschen mich sehen?“ Durch die Konfrontation mit dem Tod sollst du erkennen, welchen hohen Wert der Moment hat, in dem du gerade bist und es schaffen, in ihm etwas Größeres als die Essstörung zu sehen. Je mehr du dich aufs Leben einlässt, desto weniger brauchst du die Essstörung.

LUISA: Wenn du Phasen hast, in denen du an dir zweifelst, wie sehen dann heute diese Fragen aus?

KIRA: Ich würde gern Glaubenssätze nennen, das heißt wie der ursprüngliche aussehen kann und wie er sein kann, wenn du ihn für dich transformierst.

  1. „Ich schaffe es einfach nicht“ wird zu „Ich bin es mir wert zu heilen und zu leben“.
  2. „Ich bin nichts, außer meiner Essstörung“ erweitert zu „Ich möchte mein wahres Selbst kennen lernen“.
  3. „Ich muss es jetzt allein schaffen“ transformiert in „Ich gehe meinen Weg gemeinsam statt einsam“.

LUISA: Hast du bestimmte Pläne, wohin es mit deinem Projekt „Soulfood Journey“ noch gehen soll?

KIRA: Einen Schritt für Schritt Plan gibt es nicht. Im Moment stelle ich mir vor, dass es eine Nachsorgeplattform ist, auf der du Unterstützung durch den Einsatz alternativer Methoden bekommst. Diese kommen aus den Bereichen Achtsamkeit, Meditation, Selbstmitgefühl und achtsames Essen. Meistens ergeben sich die nächsten Schritte ja auf dem Weg!

LUISA: Ich danke dir von Herzen für deine ausführlichen und ehrlichen Antworten!

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Lisa C.

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