Quelle: StockSnap/Pixabay

Was können Freunde bei einer Essstörung tun?

Quelle: privat

Katha

Wenn im Freundeskreis oder in der Familie jemand an einer Essstörung erkrankt, dann ruft das unterschiedlichste Reaktionen hervor. Katha hat es erlebt und die Beteiligten um Tipps gebeten.

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„Mann, hat die abgenommen!“ flüsterte mir eines Abends eine Freundin ins Ohr. Gemeint war damit ein Mädchen aus unserem Freundeskreis, die, wie sich bald herausstellen sollte, kaum noch Nahrung zu sich nahm und exzessiv Sport machte, um möglichst dünn zu werden.

Hat die abgenommen!

Erfährt man von einer befreundeten oder verwandten Person, dass diese unter einer Essstörung leidet, fällt es vielen schwer angemessen zu reagieren. Mir ging es selbst nicht anders. Das liegt dabei oft schlicht und einfach daran, dass man selbst nicht weiß, was überhaupt eine angemessene oder richtige Reaktion wäre. Dies kann dann schnell zu einem Gefühl der Hilflosigkeit oder Überforderung führen. Man möchte gerne helfen, aber findet nicht die richtigen Worte oder wird vielleicht sogar bei seinem Versuch abgewiesen.

 

Um zu wissen womit man es eigentlich zu tun hat, hilft ein Grundwissen über die verschiedenen Formen der Krankheit.

Was ist eine Essstörung eigentlich?

Das Thema Essstörung wird in unserer Gesellschaft oft als Tabuthema behandelt, über welches man eigentlich auch gar nicht genauer Bescheid wissen möchte, da es unangenehm ist und nie einen selbst betrifft, richtig?

Falsch! Tatsächlich kann praktisch jeder irgendwann an einer Essstörung erkranken. Vor allem unter jungen Menschen kommt diese Krankheit weitaus öfter vor als man glauben mag. Laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zeigen etwa 20 Prozent aller Kinder und Jugendlichen in Deutschland zumindest Symptome einer Essstörung.

Dabei ist Essstörung nicht gleich Essstörung: Es gibt verschiedene Formen der Krankheit, die sich je nach Symptomen und Umständen unterscheiden.

Da gibt es zum einen die am besten bekannte Magersucht. Der oder die Betroffene isst dabei so wenig und kalorienarm wie möglich (oder gar nicht mehr), um immer weiter Gewicht zu verlieren und dünner zu werden. Oft haben diese Personen ein völlig falsches Bild vom eigenen Körper und empfinden sich selbst noch dann als zu dick, wenn sie bereits untergewichtig sind.

Das Ziel, möglichst dünn zu sein, wollen auch jene erreichen, die unter Bulimie, auch Ess-Brech-Sucht genannt, leiden. Anstatt überhaupt nicht mehr zu essen, erbrechen die betroffenen Personen das zu sich genommene Essen wieder. Damit werden dem Körper wichtige Nährstoffe vorenthalten, außerdem leiden Speiseröhre und Bauchspeicheldrüse unter der ständigen Belastung.

Zu Essanfällen kommt es auch bei der Binge-Eating-Störung. Hier hat der Betroffene das Essverhalten nicht mehr unter Kontrolle und kann auch dann nicht aufhören, wenn der Magen schon längst voll ist. Allerdings wird das Gegessene meist nicht erbrochen.

Am häufigsten treten aber Mischformen aus den oben genannten Arten auf, oftmals werden diese außerdem von weiteren psychischen Erkrankungen wie zum Beispiel Depressionen begleitet.

Gerade deshalb kann es manchmal schwer sein, eine Essstörung gleich als diese zu erkennen; denn schließlich hat fast jeder schon einmal zu viel gegessen oder eine Diät versucht. Dazu kommt, dass die Erkrankten oftmals gelernt haben, ihr Essverhalten oder den ausgemergelten Körper zu verstecken, sodass es lange dauern kann, bis Familie oder Freunde auf das Dilemma aufmerksam werden.

Genau das war das Problem

So war auch mir das Problem eines mir nahestehenden Mädchens erst aufgefallen, als sie schon untergewichtig und kaum mehr sie selbst war. Ich haderte mit mir, ob ich sie darauf ansprechen sollte, denn ich hatte irgendwie das Gefühl, es sollte mich nichts angehen. Doch ich hielt es für notwendig. Sie stritt es anfangs ab, doch bald brach sie in Tränen aus und erzählte mir, dass sie sich nach dem Essen immer schuldig fühle und sich als viel zu dick empfand. Ich war etwas überfordert mit dieser Antwort, obwohl ich mir etwas Ähnliches schon gedacht hatte. Unsicher, ob es überhaupt helfen würde, bot ich an von nun an darauf zu achten, dass sie zumindest zu jeder Mahlzeit etwas zu sich nahm, auch wenn es nur ein Apfel war. Sie willigte ein, aber es funktionierte nicht besonders gut.

An meinen Freunden störte mich damals vor allem, dass es kaum jemanden gab, der versuchte die Situation, in der sich unsere Freundin befand zu verstehen und nachzuvollziehen. Stattdessen wurde ihr vorgeworfen, nur auf Aufmerksamkeit aus zu sein und unnötig viel Wert auf ihr Aussehen zu legen. Andere wiederum begannen auf sie einzureden, um sie davon zu überzeugen doch endlich wieder richtig zu essen. Als dies nicht funktionierte, gaben sie frustriert auf und ignorierten das Problem gänzlich. Als Reaktion darauf zog sich unsere Freundin immer mehr zurück und es wurde zunehmend schwieriger, zu ihr durchzudringen.

Sinn dieses Textes soll aber nicht sein, Menschen für ihr Verhalten zu verurteilen. Er soll lediglich aufzeigen, wie schwierig es sein kann, richtig zu reagieren und für Betroffene wie auch Angehörige zu gegenseitigem Verständnis führen. Denn oft geht es nicht nur den Erkrankten nicht gut, sondern auch den Personen die ihnen nahestehen und mit ansehen müssen, wie es ihnen zunehmend schlechter geht. Eine Essstörung belastet also im schlimmsten Fall gleich mehrere Personen.

DU HAST Redebedarf?

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Wie kann ich richtig helfen?

Vorschnelle Urteile und Probleme zu verharmlosen, bringt keinen weiter und ist nicht gerade hilfreich. Sensibles Verhalten hingegen kann sowohl euch als auch der betroffenen Person ein besseres Gefühl geben.

Bemerkt ihr bei einer Person in eurem Umfeld Anzeichen, die auf eine Magersucht hindeuten können, sprecht sie ruhig darauf an. Dies sollte allerdings in einem stillen und privaten Umfeld geschehen, in dem ihr euch beide wohlfühlt. Der Pausenhof ist eher nicht der richtige Ort für ein solches Gespräch. Sowohl dabei, als auch sonst im Umgang mit diesem Thema ist es wichtig, keine Anschuldigungen zu formulieren. Negative Sätze wie „Du bist ja viel zu dünn, dass sieht gar nicht mehr schön aus!“ führen zu noch mehr Unsicherheit statt zu Verständnis. Viel wichtiger ist es, eure Unterstützung zu versichern und als Ansprechpartner zu fungieren. Oft ist den Betroffenen sogar schon bewusst, dass ihr Essverhalten nicht gut oder normal ist, doch sie trauen sich nicht, mit jemandem darüber zu sprechen und Hilfe zu suchen. Dabei könnt ihr nun eine erste Anlaufstelle sein. Um die Situation, in der sich euer Freund oder Familienangehöriger befindet besser nachvollziehen zu können, ist es hilfreich sich genauer über die Erkrankung zu informieren. Empfehlenswerte Websites sind zum Beispiel folgende:

Ihr sollt jedoch keinesfalls die Rolle eines Therapeuten übernehmen und Diagnosen stellen oder Essenspläne aufstellen. Stattdessen ist es hilfreich, wenn ihr immer ein offenes Ohr bieten könnt und in besonders schweren Zeiten Trost und Umarmungen spendet. Außerdem könnt ihr auch auf Hilfsangebote verweisen, jedoch sollte dies ohne Druck geschehen. Solche Angebote findet ihr zum Beispiel hier auf dem Blog unter „Redebedarf„.

Erfahrungen aus dem Freundeskreis

Keiner weiß besser, welche Verhaltensweisen wirklich geholfen haben, als jemand, der selbst schon einmal mit einer solchen Erkrankung zu kämpfen hatte. Aus diesem Grund möchte ich nun sowohl eine solche Person als auch zwei ihrer Freunde zu Wort kommen lassen, die ihre Erfahrungen und Tipps teilen.

Viele haben sich verhalten, als wüssten sie es besser.

 

Wie hat dein näheres Umfeld auf deine Krankheit reagiert?

Sehr unterschiedlich. Viele wollten mir zum Beispiel vorschreiben, wie ich damit umzugehen habe und haben sich verhalten, als wüssten sie alles besser.

Aber ich habe auch viel Sorge und Aufmerksamkeit erfahren, einige haben mich so gut es ging unterstützt. Es war zwar nett, dass auch Menschen versucht haben sich um mich zu kümmern, aber eigentlich wollte ich nur in Ruhe gelassen werden. Einige haben eben dann sehr versucht, mir sich und ihre Meinung aufzudrängen und das hat mich eher negativ beeinflusst.

Ist es dir schwer gefallen, mit anderen darüber zu sprechen oder um Hilfe zu bitten?

Ja, vor allem am Anfang als ich die Krankheit selbst nicht als solche empfunden habe. Ich merkte erst, dass ich etwas ändern muss, als ich realisierte, dass ich alleine nicht mehr davon wegkomme.

Großen Anteil daran hatte meine große Schwester. Sie sagte mir irgendwann ins Gesicht, dass es so nicht mehr lange weitergehen könne. Ab diesem Moment begann ich es selbst im Spiegel zu sehen, auch wenn ich es noch immer nicht als so drastisch erkannte wie es tatsächlich war. Auch durch die Hilfe und Aufmerksamkeit meiner Schwester merkte ich, dass ich einen Therapeuten brauchte.

Wer und was konnten dir in dieser Zeit helfen?

Es half vor allem, Verständnis und Unterstützung zu erfahren. Manchmal funktionierte es auch, wenn man mir etwas zu Essen hinstellte und mir dann aber nicht beim Essen zuschaute. Ein kleiner Schubs in die richtige Richtung konnte helfen, aber nur wenn man mich dabei nicht bevormundete. Am meisten hat mir aber schließlich die Therapie geholfen.

Und was hat sich eher negativ auf dich und die Situation ausgewirkt?

Wenn jemand weniger gegessen hat als ich. Es wurde bald zu einer Angewohnheit zu beobachten wer wieviel isst. Hatte eine Person weniger auf dem Teller als ich, löste das so etwas wie einen depressiven Schub aus. Auch wenn ich zum Beispiel auf Instagram gesehen habe, dass andere viel Sport gemacht haben, hat mich das traurig gemacht. Manchmal gab es auch unangebrachte Kommentare. Wenn jemand nichts von meiner Krankheit versteht, sollte er lieber gar nichts dazu sagen.

Was kannst du Angehörigen bezüglich ihres Verhaltens raten?

Man sollte nicht glauben, dass man es besser weiß als die Person, die sich selbst in der Situation befindet. Wenn man so etwas nicht selbst erlebt hat, weiß man nicht wie schwer es ist, mit der ständigen Angst vor Triggern zu leben, die die alten Gedanken und Verhaltensweisen wieder auslösen können, und wie anstrengend es sein kann gegen diese eigenen Gedanken zu kämpfen.

Es hilft, wenn man Unterstützung erfährt und immer einen Ansprechpartner hat, aber ohne dass dieser einen zum Reden (oder Essen) zwingt. Es ist gut, wenn Freunde fragen wie sie helfen können anstatt mir ungefragt eine Meinung aufzuzwingen. Empfehlt auch professionelle Hilfe wenn es nötig ist, allerdings muss der oder die Erkrankte das dann auch wollen damit es funktioniert.

Wichtig für mich ist, dass ich nicht ständig beobachtet werde. Wenn ich bemerkt habe dass jemand aus meinem Umfeld mich oder mein Essverhalten inspiziert hat, habe ich erst recht nicht gegessen.

Ich habe versucht, ihr kleine Dinge abzunehmen.

Wie hast du von der Essstörung der Betroffenen erfahren?

Es ist mir ehrlich gesagt zu lange nicht aufgefallen, bis man es nicht mehr übersehen konnte. Dann habe ich auch schnell daran gedacht, dass es am Essen liegen könnte. Irgendwann hat sie mit mir darüber gesprochen und gesagt, dass sie sich immer schlecht fühlt wenn sie etwas gegessen hatte und oft den Drang hat, sich danach zu übergeben.

Was war deine erste Reaktion?

Ich habe mir Sorgen gemacht. Sie wirkte schon länger bedrückt und ausgelaugt und ich kannte sie gut genug um zu wissen, dass sie sehr anfällig für Stress ist. Aber ich habe mich auch gefragt ob ich überhaupt der richtige Ansprechpartner für so etwas bin.

Hast du das Gefühl gut oder zumindest ausreichend über Essstörungen informiert zu sein?

Eigentlich hatte ich das schon, aber als ich mit dieser Situation konfrontiert wurde, musste ich die Ansicht hinterfragen. Ich kenne mich mit den Fakten aus, aber das hat mir nur bedingt geholfen.

Wie hat sich dein Verhalten gegenüber der Betroffenen aufgrund der Essstörung verändert?

Ich wurde vorsichtiger. Außerdem habe ich versucht, möglichst oft nach ihren Bedürfnissen zu fragen oder ihr kleine Dinge abzunehmen. Aber manchmal fiel es mir schwer, geduldig zu bleiben wenn sie immer weiter litt und sich nichts besserte.

Würdest du dich rückblickend anders verhalten?

Ich würde versuchen, noch mehr auf sie einzugehen. Vielleicht von Anfang an fragen was ich noch tun kann.

Wie schätzt du generell die Hilfe ein, die die Person aus ihrem Umfeld erhalten hat?

Das kann ich nur bedingt beurteilen. Gerade ihre engen Freundinnen haben sich schon viel Mühe gegeben ihr zu helfen. Auch einige Lehrer haben ein Auge auf sie gehabt Aber es gab leider nicht nur Menschen, die nett zu ihr waren. Es wurde auch über sie geredet. Ich glaube viele tun sich mit diesem Thema etwas schwer.

 

Ich sehe mich nicht in der Position. ihr einen Rat geben zu können.

Wie hast du von der Essstörung der Betroffenen erfahren?

Es gab einen Zeitpunkt, an dem sie ihr Gewicht und ihr bis dahin gewohntes Aussehen massiv verändert hatte. Ab da wurde dies öfter auch im Freundeskreis zum Gesprächsthema. Das Gerücht, dass es sich um Bulimie oder zumindest eine Form der Essstörung handelt, wurde dann von einer ihr nahestehenden Freundin bestätigt.

Was war deine erste Reaktion?

Mein erstes Gefühl war Ratlosigkeit und ich war etwas verblüfft. Meiner Meinung nach wurde sie dadurch nicht schöner, so wie sie es sich vielleicht erhoffte. Ich konnte und wollte irgendwie auch keine gute Hilfestellung geben. Ich selbst bin übergewichtig und glaube vor allem deshalb nicht, dass ich ihr (Ernährungs-)tipps geben sollte.

Hast du das Gefühl gut oder zumindest ausreichend über Essstörungen informiert zu sein?

Ich denke über die physische Komponente bin ich ausreichend informiert. Allerdings sind die psychischen Vorgänge mir zuweilen unschlüssig und schwer nachvollziehbar.

Wie hat sich dein Verhalten gegenüber der Betroffenen aufgrund der Essstörung verändert?

Mein Fokus auf ihre Essgewohnheiten und ihren allgemeinen Zustand stiegen. Ich habe auch versucht jegliche Themen, die mit Essen zu tun haben, zu vermeiden wenn sie dabei war. Ich denke, die meisten haben sie ein bisschen genauer beobachtet als sonst.

Würdest du dich rückblickend anders verhalten?

Nein, denn ich sehe mich nach wie vor nicht in der Position, ihr da Rat geben zu können.

Wie schätzt du generell die Hilfe ein, die die Person aus ihrem Umfeld erhalten hat?

Hilfestellung von Seiten des Freundeskreises war teilweise gegeben. Was die Familie anging, bin ich mir nicht sicher, aber da schien manchmal die Unterstützung zu fehlen. Ich selber kannte aber auch keine Aufklärungs- oder Hilfestellen, wo man sich hätte informieren können.

Es zeigt sich also, dass eine solche Erkrankung sehr unterschiedlich wahrgenommen wird. Am wichtigsten ist deswegen eine ständige und ehrliche Kommunikation zwischen allen Parteien. Nur so konnte ich meiner Freundin die Unterstützung geben, die ihr auch wirklich weiterhalf. Mit einer solchen Krankheit konfrontiert zu werden, kann sehr einschüchternd sein. Es ist nicht schlimm wenn ihr erstmal nicht wisst, was zu tun ist, denn nicht nur für die Betroffenen sondern auch für deren Freunde und Familie ist es ein langer Weg zu lernen, wie man die Krankheit hinter sich lassen kann.

Es sollte uns natürlich stets bewusst sein, dass alleiniges Engagement von Seiten des Partners/der Partnerin oder der Familie nicht alles ist. Denn sind wir mal ehrlich: Die wenigsten von uns sind ausgebildete Psychiater und wissen, wie man eine Essstörung heilt. Trotzdem sollte man den eigenen Einfluss nicht unterschätzen. Dass die Betroffenen Unterstützung und Verständnis erfahren, ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, vor allem da Magersucht und ähnliche Krankheiten auch heute noch oft nicht ernstgenommen werden und es Erkrankten dadurch schwerer fällt, sich jemandem anzuvertrauen.

Keine Anleitung

Zuletzt darf nicht unerwähnt bleiben, dass natürlich jede Person anders ist und andere Bedürfnisse hat. Dementsprechend sollte dieser Artikel weniger als eine wortwörtliche Anleitung und mehr als ein Richtungsweiser gesehen werden. Ich weiß, dass es frustrierend sein kann, jemanden leiden zu sehen, der einem nahesteht. Es gibt keine einfache Lösung, mit der ihr eine Person von ihrer Essstörung befreien könnt. Aber ihr könnt für sie da sein. Denn wie heißt es so schön: geteiltes Leid ist halbes Leid. Und halbes Leid lässt sich schon viel besser ertragen als ganzes.

 

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Celine

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Schön, dass du da bist. Dieser Text könnte dich sehr berühren. Wenn du eine Essstörung, eine Depression oder Suizidgedanken hast, könnte dieser Text dir gerade nicht guttun. Bitte überlege dir, ob du ihn wirklich lesen möchtest. Hast du Redebedarf? Dann hilft dir vielleicht unser Angebot hier weiter.

Alles Liebe, Deine Incogito-Redaktion.

Quelle: RyanMcGuire/Pixabay

Die Dünnen sind die Glücklichen

Quelle: privat

Wenn man dünn ist, dann weiß man das. Man weiß es nicht nur, weil man Kleidung in Größe XS trägt, sondern weil einen die meisten darauf ansprechen. Ich war nicht übergewichtig bevor ich essgestört wurde. Ich war „normal“. Doch als ich sehr dünn wurde, klangen die Kommentare oft so, als wäre ich zuvor eine Tonne gewesen.

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„Jessi, wie hast du das geschafft?“, „Ich wäre auch gerne so schön schlank wie du!“, „Ja, du hast gut reden. Du kannst ja alles essen und bist so schön schlank!“, „Meine Exfreundin hatte ja nicht so eine gute Figur wie du!“ Sogar als ich beim Frauenarzt für einen Bluttest mein Gewicht nennen sollte, sagte die Arzthelferin: „Wow, so wenig würde ich auch gerne wiegen!“ Sie wollten mit dem Test herausfinden, weshalb ich meine Tage nicht mehr bekam. Als Arzthelferin einer Frauenärztin müsste ihr eigentlich bewusst sein, dass durch ein zu niedriges Gewicht und den Stress, dem man seinen Körper aussetzt, die Periode ausbleiben kann.

Ein zu hoher Preis für diesen Körper

So ging es über Jahre. Ich wusste selbst nicht wie ich auf solche Kommentare reagieren sollte. Doch als mein Leidensdruck, durch all das was ich mir verboten hatte zu machen und zu essen, einfach zu hoch wurde und mir endlich jemand die Wahrheit sagte – wie schlecht ich aussehe und so viel unglücklicher als früher – merkte ich, dass ich etwas ändern musste. Ich wollte mir nicht mein ganzes Leben lang Dinge verbieten, gerade weil ich früher so gern gegessen hatte und so glücklich mit mir selbst war. Es war ein langer und schwerer Weg und ist es manchmal immer noch. Doch ich fing vor drei Jahren langsam aber stetig an mehr zu essen und mich mit meinen Problemen auseinanderzusetzen und ich begann das Wichtigste: Ich fing an darüber zu sprechen.

Ich fing an darüber zu sprechen.

Und was dann passierte, machte mich traurig: Die Menschen, die mein Gewicht kommentierten, reagierten sehr beschämt. Sie wussten nicht, wie sie damit umgehen sollten, wenn sie sagten, wie toll ich doch aussähe und ich darauf provokant erwiderte „Ja, aber ich habe eine Essstörung.“ Mir kam es so vor, als wäre es ein Thema, dass die Menschen am liebsten totschweigen wollen, um die Illusion des perfekten und schlanken Frauenkörpers nicht zu zerstören.

Schlank = Liebe?

Manchmal frage ich mich wie wir hier, an diesem Punkt, landen konnten. An einem Punkt an dem man das Gefühl hat, dass Erstrebenswerteste auf der Welt ist es, einen tollen Körper zu haben. Man hat das Gefühl, dass der Kampf um den Körper nie enden wird und gerade erst so richtig beginnt. Nicht nur wir selbst sind unser größter Kritiker, sondern auch andere Frauen. Wie oft höre ich Freunde und Kollegen darüber sprechen: „Hast du gesehen? Sie hat so abgenommen, wie hat sie das nur geschafft?! Ich will das auch!“, „Wenn ich nur fünf Kilo weniger wiegen würde, hätte ich sicher endlich einen Freund!“, „Ich lasse einfach Kohlenhydrate weg aber jetzt habe ich immer so Heißhunger… keine Ahnung wieso, das ist doch so gesund oder?!?“ Ich könnte hier hunderte Zitate aufzählen.

Generation Körperschemastörung

Nun hört man diese Kommentare im Alltag und dann geht man nach Hause in seine vier Wände und dann geht es weiter: PC an, Handy entsperren: Instagram, YouTube, Pinterest – es ist überall: Abnehmen, Booty-Training, Yoga-Lifestyle. Ein Trend jagt den nächsten. Die einen essen nichts, die anderen vegan, der nächste Low Carb, der andere macht Intermittent Fasting. Es gibt unzählige Regeln, die man am besten befolgt, um glücklich – also schlank, muskulös oder sonst etwas zu sein. Immer mehr Menschen entwickeln durch diese Idealbilder eine Körperschemastörung. Denn wenn man ein Ideal von sich selbst hat, ist man nie genug, egal was man tut. Man nimmt dadurch seinen Körper komplett anders wahr, als er eigentlich aussieht. Wenn man unbedingt muskulös sein will, ist man immer zu schmal, wenn man sich im Spiegel sieht. Wenn man Angst vor Bauchfett hat, wird man immer zu viel Fett an seinem Bauch spüren, auch wenn dort keines ist.

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Iss doch mal was!

Es gibt mittlerweile so viele unterschiedliche Formen einer Essstörung, mit denen nicht nur Frauen zu kämpfen haben. Und jede Ausprägung wird gesellschaftlich anders bewertet. Die Bulimie: Das ist ekelhaft. Wie können die Mädchen nur soviel fressen und dann auskotzen? Die Binge Eater: Auch ekelhaft, die werden doch fett! Die Magersüchtigen: Mädchen, iss doch mal was! Und zuletzt die Fitnessgirls: Wow – einfach nur perfekt! Sechs mal die Woche trainieren und jede Kalorie zählen? Nein, das kann keine Essstörung sein! Weit gefehlt!

Der Neid auf Körper

Eine Person hat zugenommen oder abgenommen und wir fällen ein Urteil, ob das gut ist oder schlecht ist. Ob die Person glücklich oder unglücklich ist. Doch woher nehmen wir uns dieses Recht? Woher wissen wir, was diese Person dazu veranlasst hat? Wieso beneiden wir jemanden darum, dass er abgenommen hat, obwohl wir nicht wissen, ob dies mit Einschränkungen und gar Übergeben, Essanfällen etc. einhergeht? Wollen wir das wirklich als Tausch gegen eine so „großartige“ Figur? Natürlich nehmen auch Menschen ab – und das einfach so. Doch wir als außenstehende Person können das nicht beurteilen.

 

Hinter die Fassade blicken

Dies ist ein Appell, aufmerksamer zu sein und wirklich zu sehen, was hinter der Fassade von Abnahme und Zunahme steckt. Wirklich zu erkennen, ob es dem Menschen gut geht oder ob er leidet. Ihn nicht anzuprangern, wenn er zunimmt. Man weiß nicht, ob die Person selbst damit nicht schon genug zu kämpfen hat. Denke dir was du willst, aber mache es für die Person nicht noch schwerer. Oder bestärke sie nicht im ewigen Kampf mit Sportsucht, Nicht-essen, Fressen und Kotzen. Wir können nicht sehen, was wir mit einem einzelnen Kommentar im Kopf einer Person anstellen können. Bei mir haben kleine Kommentare Wunden aufgerissen und mich teilweise noch tiefer in die Essstörung getrieben.

Suche dir Hilfe und positive Inspiration

Ich weiß heute, dass mich eine „perfekte“ Figur nicht automatisch glücklich macht und mich mit mir im Reinen sein lässt, eher im Gegenteil. Denn man wird launisch, genervt und schwierig, wenn es um essen, Essen gehen und allgemein Unternehmungen geht. Ich möchte später meinem eigenen Kind keinen Grund geben je über sich selbst schlecht zu denken und ein wenig Speck am Bauch zu verteufeln. Es soll nicht denken, es wird nur geliebt, wenn es eine bestimmte Kleidergröße hat oder besonders sportlich ist – das weiß ich heute.

Verschiedene Medien, die mir dabei geholfen haben, mehr über Verurteilung und verschiedene Körperformen nachzudenken und mir ganz besonders dabei geholfen haben, mich mit meiner Figur zu versöhnen, waren:

Ich hätte mir damals an manchen Stellen mehr Kommentare und Kritik gewünscht und an anderen Stellen weniger. Ich finde es teilweise einfach sehr unverantwortlich, dass so viele Ärzte nicht sehen, wieso man gesundheitliche Probleme hat. Haarausfall, Ausbleiben der Periode, Vitaminmangel – all das können Hinweise auf eine Essstörung sein. Oft haben sie einfach keine Zeit, genauer hinzuschauen. Und wir Essgestörte wollen oft unsere Probleme so gut es geht kaschieren und verstecken. Ich hätte mir gewünscht, dass wir mehr sensibilisiert werden, was psychische Probleme angeht und nicht so schockiert und wortlos reagieren müssen, wie es eben viele tun. Es ist normal, dass wir Phasen in unserem Leben haben, in denen wir unsicher sind. Es ist normal, nicht alles hinzubekommen, nicht auszusehen wie ein Topmodel, nicht die besten Noten und den großen Lebensplan zu haben. Es ist normal, nicht perfekt zu sein  – und eigentlich will ich gar nicht mehr perfekt sein.

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Kati Oestreicher

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Quelle: Oonamasté

"Ich habe gelernt, mir mit Liebe zu begegnen"

Quelle: privat

Oona hat Yoga gefunden und es mit Hilfe dieses Lebensstils geschafft, sich von einer Essstörung zu befreien. Heute begegnet sie sich selbst wieder auf Augenhöhe. Im Interview spricht sie davon, wie wichtig für sie die Liebe zu ihr selbst ist und betont, dass man den Fokus auf das Innere richten muss, weg vom Erwartungsdruck der Außenwelt.

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NATALIE für In-Cogito: Hey Oona, danke, dass du dir Zeit für das Gespräch und unseren Blog nimmst!

OONA: Ich würde sagen, es war eine glückliche Fügung, dass ich in-cogito entdeckt habe. Ich war sofort begeistert, denn ich habe in dem Blog meinen Wunsch wiedererkannt, Menschen zu helfen und Erfahrungen zu teilen. Die Anfrage für das Interview hat mich wirklich gefreut!

NATALIE: Uns freut’s auch total. Wie geht’s dir?

OONA: Ganz gut – es ist Freitag und die Sonne scheint. Ich bin ein bisschen wie eine Pflanze: Sonnenschein sorgt dafür, dass ich aufblühe.

NATALIE: Hast du heute schon Yoga gemacht und welchen Einfluss hat das auf deine Tagesverfassung?

OONA: Ich habe eine feste Morgenroutine und die beinhaltet, dass ich direkt nach dem Aufstehen fünf bis zehn Minuten Yoga mache. Das ist gar nichts aufregendes, sondern soll mich einfach aufwecken und im Tag ankommen lassen. Ich begrüße meinen Körper, indem ich ihn mobilisiere und dehne. Anschließend meditiere ich. Auf diese Weise habe ich einen stressfreien Start in den Tag, denn ich komme bei mir selbst an, ich bin nicht beim Äußeren, sondern beim Inneren. Früher war der Morgen immer sehr hektisch. Im Gegensatz dazu nehme ich mir heute bewusst diese zehn Minuten Zeit, um mich zu erden.

NATALIE: Auf deinem Instagram-Profil, wo dir fast 18.000 Menschen folgen, spielen nicht nur Yoga und Spiritualität eine wichtige Rolle. Dort thematisierst du auch, wie du deine Essstörung hinter dir gelassen hast. Wie sind Yoga und die Erkrankung für dich miteinander verknüpft?

OONA: Früher bin ich ganz viel ins Fitness-Studio gegangen. Ich hatte ein sehr klares Schönheitsideal und Sport war das Mittel zum Zweck, dieses körperliche Ideal zu erreichen. Damit habe ich meine Essstörung verschoben. Es war nicht so, dass ich nicht nichts gegessen habe. Stattdessen hielt ich eine sehr cleane Diät ein. Mit Sport und restriktivem Essen habe ich einem Idealkörper hinterhergejagt.

Weil Yoga meinen Fokus von außen nach innen gelenkt hat, konnte es mich auf körperlicher Ebene befreien. Ich praktiziere Yoga alleine, nur für mich, damit ich mich ganz intensiv auf mich selbst konzentrieren kann. So spüre ich genau was mein Körper braucht: Stretching, Yoga, Ruhe oder etwas körperlich Anstrengendes, um Druck abzubauen. Im Gegensatz dazu ging es beim Sport in der Vergangenheit immer darum, welche Übungen dazu dienen, mein optisches Ziel zu erreichen. Yoga aber hat mich gelehrt, dass es okay ist, wenn ich mir selbst Ruhe und Zeit gebe. Wenn ich merke, dass eine bestimmte Asana, also Übung, in einer Form nicht geht, dann passe ich sie an mich und meine Verfassung an. Gerade weil ich eine Perfektionistin bin, war das ein unglaublich großer und wichtiger Schritt in Richtung Selbstfürsorge und Akzeptanz.

NATALIE: Yoga heißt, sich selbst mit Liebe zu begegnen. Genau das ist für Menschen, die mit einer Essstörung ringen, aber oft ein Problem. Hattest du „Startschwierigkeiten”, dich mit Yoga als Sport und Lebensstil zu identifizieren?

OONA: Am Anfang war das tatsächlich gar nicht so einfach. Insgesamt habe ich viermal mit Yoga angefangen und es dann wieder gelassen – exakt aus diesem Grund. Ich konnte die Prinzipien der Selbstliebe beim Yoga nicht damit vereinbaren, dass ich ständig damit gekämpft habe, mich zu vergleichen. Ununterbrochen dachte ich: „Die ist viel besser und gelenkiger als ich.“ Dabei geht es eigentlich darum, dass jeder „sein“ Yoga macht, um sich selbst etwas Gutes zu tun und bei sich anzukommen. Es war schon ein schwieriger Prozess für mich, mich da reinzufinden. Aber diesen Schritt zu gehen und zuzugeben, dass es einem nicht gut geht, und dann eben etwas dafür zu tun, dass es einem besser geht – zum Beispiel Yoga – das ist die reinste Form von Selbstliebe. Jetzt ist Yoga ganz klar eine Auszeit für mich. Yoga ist immer meine Nummer eins, wenn es darum geht, was mir helfen würde, mich besser zu fühlen. Ich denke dabei an das Gefühl, dass ich danach habe, wenn ich Yoga praktiziere: Freiheit.

NATALIE: Du inspirierst andere mit deinem Lebensweg nicht nur bei Instagram. Du hast kürzlich auch einen Blog und einen Podcast gestartet. In der ersten Folge erzählst du, dass deine Essstörung sich entwickelt hat, als du dich gegen deine eigenen Wünsche gestellt hast, um den Erwartungen anderer zu entsprechen. Kannst du das konkreter beschreiben?

OONA: Die Essstörung war für mich das Lösungsmittel, die Konflikte, die ich mit mir selbst hatte, zu unterdrücken. Immer dachte ich: Ich muss so sein, ich muss dies tun und so weiter. Ich hatte das Gefühl, dass ich keine Kontrolle über mein Leben habe und wollte etwas finden, was ich kontrollieren kann. Und ich fand etwas: mein Essverhalten.

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Ich kann alles sein was ich will.

Ich musste lernen: In meinem Leben geht es nicht um die Erwartung anderer, manchmal nicht mal die von mir. Das bedeutet natürlich nicht, dass ich keine Ziele haben darf oder kann. Aber den ganzen Erwartungsdruck von mir zu nehmen, ermöglicht mir, mich selbst zu erforschen, um herauszufinden, wer ich sein möchte. Und ich kann alles sein was ich will, egal ob das bedeutet, dass ich tagelang in Yoga Klamotten durch die Gegend laufe, oder mich in schicken Outfits kleide. Aber daran  muss ich mich auch immer wieder selbst erinnern.

NATALIE: Wenn du deinem vergangenen Ich, das mit sich selbst gekämpft hat, etwas sagen könntest, was wäre das?

OONA: Du darfst dir Hilfe holen. Du musst das nicht allein schaffen. Ich dachte damals nämlich, das wäre ein Zeichen von Schwäche, um Hilfe zu bitten. Aber das ist genauso unfassbar wichtig, damit man mit seinen Problemen nicht allein ist.

Du darfst dir Hilfe holen.

NATALIE: In einem deiner Blogbeiträge bin ich auch über das Thema „Nein“-sagen gestolpert und dass das mit Selbstliebe leben durchaus Hand in Hand geht. Was rätst du Lesern von in-cogito, die sich damit schwertun?

OONA: Ich glaube, dass es ganz wichtig ist, bei Entscheidungen immer wieder in sich reinzuspüren und zu fragen: Will ich das wirklich? Was sagt denn mein Körper dazu? Denn der ist ja nicht selten Ausdruck innerer Unruhen und Konflikte. Man sollte sich selbst wirklich an erste Stelle setzt, und zwar bei jeder Entscheidung. Übrigens heißt das auch: Wenn du keine instinktive Antwort in dir findest, nimm den Druck von dir selbst und sage „Darüber möchte ich noch ein bisschen brüten“, egal wie groß oder klein die Entscheidung ist. Und auch einen Rückzieher machen ist okay. Es ist völlig in Ordnung, einen Schritt zurückgehen und sagen: „Hey, eigentlich will ich das gar nicht.

NATALIE: Stolperfallen beim Thema Selbstliebe stellen uns oft Instagram und Co.: Wir sehen jemanden, mit dem wir uns vergleichen und plötzlich bröckelt unsere Selbstakzeptanz. Wie gehst du damit um?

OONA: Als ich 2013 mit Instagram angefangen habe, war ich noch sehr in meinem Fitnesswahn gefangen – ich hatte meine Essstörung auf den Sport verschoben. Ich bin in ein Loch gefallen, auch weil mich Schönheitsideale auf Instagram deprimiert haben. Ich habe mich nicht stark genug, nicht schön genug, nicht interessant genug gefühlt. Mein wichtigster Schritt war, alle Accounts anzuschauen, denen ich folge und mich bewusst mit den Inhalten auseinanderzusetzen. Ich bin knallhart allem entfolgt was mir kein gutes Gefühl gegeben hat, auch Freunden und Bekannten. Mein nächster Schritt war, zu versuchen, das genaue Gegenteil all dieser Accounts auf meinem Profil zu präsentieren. Ich wollte eine positive Lebenseinstellung mit dem kombinieren, was mich wirklich interessiert.

NATALIE: Kannst du ein paar Accounts empfehlen, die diese positiven Aspekte in sich vereinen – vor allem für junge Nutzer und Menschen, die ein bisschen Selbstliebe gebrauchen können?

OONA: Kira von soulfoodjourney  auf jeden Fall. Wir haben sehr ähnliche Hintergründe. Dann gibt es da noch lilalemonie. Der Account macht herrlich gute Laune und vermittelt, dass nicht hinter allem ein tieferer Sinn stecken muss. Laura Malina Seiler hat mir beispielsweise einen ganz anderen Blick auf Selbstliebe gegeben. Ihrem Account folge ich super gerne. Dann ist da noch Morgan Harper Nichols, die einen mit selbstgeschriebenen, wunderbaren Sprüchen immer daran erinnert, sanft zu sich selbst zu sein. Tieraccounts jeder Art sind natürlich auch unschlagbar.

NATALIE: Welche positiven Möglichkeiten eröffnen sich dir durch Instagram & Co.?

OONA: Mir ist wichtig, dass alle sehen sollen: Jeder hat Sorgen, Ängste, Probleme, Unzufriedenheiten. Instagram ermöglicht mir in diesem Zusammenhang, dass ich in kürzester Zeit viele Menschen mit meiner Message erreichen kann. Ich kann ganz einfach meine Erfahrungen teilen und Tipps geben und Menschen aus ihrer Illusion in die Wirklichkeit zurückführen.

NATALIE: Wo möchtest du denn längerfristig mit deinem Blog, deinem Account, deinem Podcast hin?

OONA: Das ist tatsächlich ganz schön viel (lacht). Ein konkretes Ziel für mich ist, ein paar Werbeflächen in Hamburg anzumieten und dort dann einfach positive Messages zu plakatieren. Ein Live-Treffen mit Betroffenen einer Essstörung fände ich auch klasse. Der Podcast ist natürlich auch wichtig für mich, damit kann ich viele Menschen erreichen und meinen Weg teilen. Ich habe auch eine Coaching-Ausbildung in Betracht gezogen, mal schauen.

NATALIE: Also ich freu mich ja schon, wenn meine Freunde in Hamburg dann bald ein paar von deinen Plakaten lesen können! Ich wünsche dir auf alle Fälle, dass du damit Erfolg hast. Möchtest du abschließend noch etwas loswerden?

Mach dir keinen Druck!

OONA: Mach dir keinen Druck, auch wenn es dir schwerfällt. Du hast alles, aber auch alles, richtig gemacht.

Natalie: Vielen Herzlichen Dank für dieses wundervolle Gespräch!

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Katrin

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Quelle: Alexas Fotos/Pixabay

Mein Schulalltag als Mobbingopfer

Quelle: Bild von Free-Photos auf Pixabay

Hope, 28

Das Thema Mobbing zog sich für Hope durch drei verschiedene Schulen, von der fünften bis zur siebten Klasse. Jeder neue Schultag war für sie mit Psychoterror gefüllt. Trotz allem hat sie aus dieser Zeit gelernt und möchte teilen, was ihr geholfen hat.

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„Ist doch nur Spaß, da müssen alle Neuen durch.“ Das war die Reaktion auf meine Frage: „Wieso macht ihr das mit mir?“ Eine richtige Entschuldigung gab es nie. Wenn die Lehrer einmal etwas bemerkten, zum Beispiel meine Schulsachen nach der Pause wieder versteckt worden waren oder die Tür zum Klassenraum von innen versperrt wurde, gaben meine Mobber es zu. Aber nicht, weil es ihnen leid tat, sondern aus Angst, ihre Eltern könnten informiert werden. Meine schlimmsten Erfahrungen von denen ich hier berichte, erlebte ich auf einem Internat mit Privatschule. Meine Eltern beschlossen damals nach der Grundschule, mich auf ein Internat zu schicken. Die Schule hatte einen guten Ruf, mit kleinen Klassen und großzügigen Freizeitangebot. Die Erfahrung eines Internatlebens dort sollte mir gut tun.

Mit dem Schulwechsel in die fünfte Klasse, fing es an. Zu Anfang gingen die Kinder noch normal mit mir um. Die Jungen in meiner Klasse machten dann den Anfang, ich war damals zehn Jahre alt. Im Unterricht bekam ich bei richtigen Antworten böse Blicke zugeworfen. Im Sport wurde ich bald von den Mädchen ausgelacht, weil ich noch „Kinderunterwäsche“ trug, in Gruppen wurde ich als Letzte ausgewählt und schnell beim Laufen war ich auch nicht. Ich wurde zur „Pechkarte“ für die Gruppe – das schwache Glied, das niemand haben wollte.

Es wurde nur schlimmer

Quelle: privat

Zu Beginn machte es mich traurig, doch ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen. Auf die Frage: „Wie war die Schule?“ antwortete ich mit: „Gut, danke.“ Ich dachte, das Ganze würde sich legen. Leider wurde es nur noch schlimmer.

Nach der Schule fingen mich drei, vier Jungs ab, stellten mir ein Bein, schubsten mich gegen eine Wand – ich fühlte mich in die Enge getrieben wie ein Tier. Andere Schüler sahen weg oder beeilten sich, um nicht selbst am Boden zu liegen. Meine Kehle fühlte sich bei jedem Weg zur Schule wie zugeschnürt an, ein dicker Kloß in meinem Hals. Geweint habe ich vor den anderen nie. In meinem Kopf wusste ich: Weinen zeigt ihnen nur deine Schwäche.

Du bist nicht gut genug für uns!

Für die Mädchen in meiner Klasse war ich nicht hübsch, nicht dünn genug. Ich hatte keine kleine, schicke Handtasche und trug nicht die neusten Markenschuhe. Beziehungen, Jungs interessierten mich damals noch nicht und damit war ich raus. „Du bist nicht gut genug, um zu unserer Clique zu gehören“, sagte die Anführerin eines Tages zu mir. Nach der Schule kehrte ich täglich zurück ins Internat wo wir als Schüler wohnten. Doch auch hier kam ich nicht zur Ruhe. Ich war damals die Jüngste, das kleine Mädchen das ständig weinte und nach Hause wollte. Im Gegensatz zu meinen Eltern hasste ich das Internat vom ersten Tag an. Ich hatte alle meine Freunde zu Hause lassen müssen und fühlte mich nur alleine. Meine Nachmittage verbrachte ich mit Lernen oder Lesen. Raus ging ich nur selten, zu groß war meine Angst, auf Mitschüler zu treffen, die in einer Ecke auf mich warteten, um wieder einmal zuzuschlagen.

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Was ist Mobbing?

Diese Angst vor den Mitschülern, damit ich nicht alleine, das weiß ich heute. Laut PISA-Studie ist jeder sechste deutsche Schüler oft Opfer von Mobbing. Mobbing unter Schülern umfasst böswillige Handlungen mit dem Zweck den Schüler auszugrenzen, „fertig“ zu machen. Unter Mobbing fällt es, jemanden abzuwerten, zu beschimpfen, bloßzustellen, zu schikanieren, das Eigentum zu beschädigen oder die eine Person auszugrenzen.

Das Wort „Mobbing“ kommt aus dem Englischen, von „mob/mobbish“ und bedeutet so viel wie Pöbeln. Nicht jeder Streit ist dabei gleich Mobbing. Mobbing ist eine Form von offener oder unterschwelliger Gewalt. Es ist ein Prozess der Ausgrenzung mit schweren Erniedrigungen von ein oder mehreren Personen, meist über einen längeren Zeitraum.

Mein Kopf war voller Angst

Meine Eltern bekamen von all dem nichts mit. Handys waren im Internat nicht erlaubt, nach Hause ging es nur alle zwei Wochen. Meine Schulnoten wurden nicht schlechter, die Lehrer vermuteten nichts. Ich traute mich nicht, etwas zu sagen. Im Gegenteil, ich fing an zu denken, dass es an mir liegt. Immer öfter stellte ich mir die Fragen: Was stimmt nicht mit mir? Bin ich selbst schuld? Bin ich wirklich anders?

Nachts, wenn die Erzieher um 23 Uhr ihren Rundgang erledigt hatten, waren wir auf den Zimmern allein. Immer wieder kamen die älteren Freunde meiner Mitbewohnerin zum Partymachen auf unser Zimmer. Ich stellte mich dann schlafend und spürte ihre bohrenden Blicke. Wenn ich Glück hatte, ließen sie schnell von mir ab. Doch an manchen Abendenden bewarfen sie mich mit meinem Schulmaterial, das sonst auf dem Schreibtisch lag. Einfach um zu beweisen, dass sie stärker sind. Ich gab keinen Mucks von mir.

Auswirkungen von Mobbing

Opfer von Mobbing sprechen meist kaum über das, was in der Schule passiert, weder mit Eltern noch mit Lehrern. Zu groß ist die Angst als Verräter dazustehen, noch mehr Schikane zu erleben oder, dass ihnen niemand glaubt. Schuldgefühle und Scham führen zu sozialem Rückzug. Man beginnt häufig sich als das „Problem“ zu sehen. Das kann sich auf die gesamte Persönlichkeit auswirken:. Verlust des Selbstvertrauens, Einsamkeit, Abfallen der Leistung, depressive Episoden. Es kommt zu Alpträumen, Mobbing-Opfer sind vermehrt schreckhaft, der Appetit nimmt ab. Auch Selbstverletzung oder sogar Selbstmordversuche können die Folgen sein.

Ich konnte nicht mehr

Irgendwann konnte ich dann nicht mehr verbergen, was ich durchmachte. Ich redete kaum noch, wenn ich zu Hause war. Sobald das Thema Schule aufkam, wurde ich wütend und hätte am liebsten um mich geschlagen. Eines Abends begann ich zu weinen und es sprudelte aus mir heraus. Meine Eltern telefonierten mit der Schule und auch mit den Erziehern im Internat. Die Kinder meiner Klasse wiesen jedoch alle Schuld von sich. Die Eltern waren empört über die Schuldzuweisung. „So etwas tut mein Kind nicht.“ Andere waren nachdenklich, wollten die Sache allerdings schnell aus der Welt schaffen. Die Lehrer rieten zu einem Klassenwechsel. Das wäre die einfachste Lösung– vor allem, um den Schein einer friedlichen Privatschule zu wahren.

Für mich reichte kein Klassenwechsel

Nur ein Klassenwechsel war für mich damals keine Option. Selbst wenn es in einer neuen Klasse besser würde, blieb am Ende des Tages trotzdem weiterhin die Angst, wenn ich ins Internat zurückkehrte. Meine Mitbewohnerin wäre die gleiche geblieben. Ich konnte nicht länger mit solchen Menschen unter einem Dach leben. Zu groß war mein Hass auf das, was ich dort ertragen musste. Deshalb entschloss ich mich damals zu einem kompletten Schulwechsel und zog wieder nach Hause. Eine richtige Entschuldigung gab es weder von der Schule noch von meinen Mitbewohnern im Internat.

Monate später rief ein Mädchen aus meiner alten Klasse bei mir zu Hause an. Sie erzählte meiner Mutter am Telefon, dass ihr vor mir das Gleiche passiert sei. Es täte ihr leid, dass sie trotz eigener Erfahrung mir nicht geholfen hätte.

Es ist nicht meine Schuld

Heute, Jahre später, weiß ich eine Antwort auf all die Fragen, die ich mir damals gestellt habe. Mobbing ist nicht meine Schuld! Manche Kinder mobben einfach. Sei es aus Langeweile oder weil sie darüber Macht ausüben können. Andere mobben, weil sie selbst zu Hause Gewalt erlebt haben. Die Ursachen sind vielfältig. Geprägt haben mich diese Taten trotzdem. In den Jahren danach hatte ich wenige Freunde, vertraute nur ein paar Menschen in meiner Umgebung. Die Angst und das Misstrauen blieben häufig im Hinterkopf. Aber ich habe auch ein paar Dinge gefunden, die mir helfen. Ich werde euch sie gleich auflisten. Vorab allerdings ein Aufruf an alle, die Mobbing beobachten:

Opfer können sich meist nicht alleine wehren. Sie brauchen deshalb Unterstützung von außen! 

Was können Eltern tun?

Eltern sollten auf Wesensveränderungen ihrer Kinder achten, neue Verhaltensweisen und die Probleme ernst nehmen. Häufige Bauchschmerzen am Morgen, keine Lust zur Schule zu gehen oder Rückzug sind wichtige Warnzeichen. Dabei sind gemeinsame, tägliche Gespräche über den Alltag wichtig. Selten ist immer „alles gut“ in der Schule. Bei einem konkreten Mobbingverdacht ist der Kontakt zur Schule und möglichen Tätern wichtig, sodass schnellstmöglich gehandelt werden kann. Eltern sollten ihr Kind in dieser Zeit besonders unterstützen und den Sorgen Glauben schenken.

Was können Betroffene tun?

Auch wenn die Angst groß ist vor noch größerer Ausgrenzung, ist der Mut ein Gespräch zu suchen, mit einem Vertrauenslehrer, einer guten Freundin, oder den Eltern unerlässlich. Viele Betroffene leiden im Stillen und lassen sich nichts anmerken. Wichtig ist möglichst offen mit einer Bezugsperson über das Mobbing zu sprechen.

Das hat mir geholfen…

  • Schreiben, damals in Form meines Tagebuchs. Dies war für mich mein persönlicher Rückzugsort, der nur mir zugänglich war.
  • Offen reden mit einer vertrauten Person oder Freundin – Schweigen hilft nicht!
  • Ein Hobby, Sport, um sich auch an die schönen Seiten des Lebens zu erinnern
  • Malen, um seine Gefühle zum Ausdruck zu bringen

Mehr Infos zum Beispiel bei „Schüler gegen Mobbing

Schreib uns

Julia

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Wer bin ich? Selbstfindung ist ein Prozess

Quelle: privat

Ich möchte euch in diesem Artikel nicht dazu raten, mehr Veranstaltungen zur Berufsorientierung zu besuchen. Nein, hier soll es um euch, um mich und unser Leben gehen. Vergleichen wir es mal mit einem Puzzle: Stets sind wir auf der Suche nach fehlenden Teilen, arrangieren bereits Gefundenes um und möchten das Bild vervollständigen. Unser aller Ziel ist es uns selbst zu finden, die fehlenden Puzzleteile. Aber werden wir sie je alle beisammen haben? Ist das überhaupt möglich im echten Leben? Und wer oder was beeinflusst uns bei dieser Suche?

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Gibt es ein Wann?

Bereits in jungen Jahren beginnen wir uns mit der Frage „Wer bin ich eigentlich?“ auseinanderzusetzen, aber Selbstfindung ist ein Prozess von unbestimmtem Anfang und mit offenem Ende. Nichtsdestotrotz gibt es unbestreitbar Phasen in unserem Leben, in denen wir aktiver auf der Suche nach unserer Persönlichkeit werden. Während der Schulzeit und gegen deren Ende spielen unsere Wünsche für die Zukunft eine immer größere Rolle. Wir hören viele, gut gemeinte Ratschläge aus unserem Umfeld, sind besonders empfänglich für Inspiration, aber auch anfällig für Druck.

Jetzt stehen dir alle Türen offen.

Oft wurde mir gesagt „Jetzt stehen dir alle Türen offen“. „Jetzt“ bezogen auf den Zeitpunkt, als ich mein Abitur in der Tasche hatte. Ja. Richtig. Es stehen einem viele Möglichkeiten offen. Erdrückend viele, sodass Jugendliche oft überfordert sind. Über Studium und Arbeit werden wir zu genüge informiert, aber niemand kann uns so richtig auf das, was danach kommt vorbereiten. Mit dem Schulabschluss stehen wir dann da: Orientierungslos, erschöpft, jung, naiv. Und in diesem Zustand sollen wir eine Entscheidung fällen, die vielleicht den Rest unseres Lebens beeinflusst. Am besten noch schnell, sodass wir zügig in die Berufswelt einsteigen und Geld verdienen. Kein Wunder, dass über 50 Prozent aller künftigen Studenten sich erstmal für eine Auszeit entscheiden.

Die Entscheidung über die eigene Zukunft kann einem niemand abnehmen. Nicht die Eltern, nicht die Freunde. In letzter Instanz liegt es bei uns, aber beeinflusst werden wir sowohl bewusst als auch unbewusst von ihnen, der Gesellschaft, sozialen Medien und vielen weiteren Faktoren in unserem Umfeld.

 

Ach, die Eltern…

Eltern sind Menschen, die unseren Lebensweg von Anfang an begleiten und mit denen wir die verschiedensten Phasen durchmachen. Je älter wir werden, desto unabhängiger möchten wir von ihnen werden. Aus mir und dir soll eine eigenständige, individuelle Person werden, die ihre Eltern nicht mehr braucht. Oder?

Klar ist es irgendwann an der Zeit auszuziehen und sich ein eigenes Leben aufzubauen, aber Fakt ist nun mal auch, dass unsere Familie uns so gut kennt wie nur wenige andere Menschen. Jeden Tipp, den sie geben, jede Unterhaltung, die wir führen, jeden Streit, den wir ausfechten, all das beeinflusst uns. Vielleicht nicht bewusst, aber in unserem Unterbewusstsein arbeitet es weiter. Sie mögen nicht immer richtig liegen mit ihren Aussagen, eventuell Druck ausüben oder Erwartungen stellen, die wir nicht erfüllen können oder wollen, aber in uns allen schlummert doch der Anspruch unsere Eltern stolz und glücklich zu sehen oder zumindest ihre Aufmerksamkeit zu ergattern.

Ich gebe offen zu, dass ich einige Entscheidung in meinem Leben getroffen habe, deren größte Motivation es war, genau das Gegenteil von dem zu tun, was mir ein Elternteil geraten hat oder um NICHT so zu werden, wie meine Eltern. Das Verhaltensmuster erkenne ich hin und wieder immer noch bei mir, obwohl ich mittlerweile versuche, mir ihre Ratschläge vernünftig und erwachsen anzuhören und daraus zu lernen. Ich weiß, dass sie stets mein Bestes im Sinn haben, aber manchmal schaffe ich es nicht aus meiner Haut heraus und bin das bockige Kind, das nicht auf seine Eltern hören mag.

 

Freunde, die Familie die wir uns aussuchen?

Freunde sind Personen, mit denen wir uns in unserer Freizeit umgeben, mit denen wir lachen und weinen, unsere Geheimnisse teilen und vieles mehr. Aber Freund ist nicht gleich Freund. Ihr kennt sie sicherlich auch diese Freunde, mit denen man sich stundenlang unterhält und trotzdem aneinander vorbeiredet oder sich nur über den neuesten Klatsch und Tratsch austauscht. Es mag blöd klingen, aber sie bringen keinen Mehrwert außer Zeitvertreib – und geben einem das Gefühl nicht allein zu sein. Schön und gut, viel wertvoller sind aber die Menschen in unserem Leben, die uns zuhören, die auf Gesagtes eingehen, uns wertvolle Tipps geben und uns inspirieren. Womöglich sind es Personen, die nicht ständig in unserer Nähe sind, sie sagen uns mal ehrlich die Meinung, wenn wir Mist gebaut haben, bauen uns aber auch auf, wenn wir Rückschläge erlitten haben und zaubern uns immer ein Lächeln auf die Lippen, wenn wir es am Nötigsten haben.

Ich möchte dir jetzt nicht raten lockere Freundschaften aus deinem Leben „auszumisten“, aber stell dir doch in nächster Zeit mal die Frage, wem du deine Sorgen und Trauer anvertraust und wessen Gesellschaft dich aufmuntert, inspiriert und deine Laune hebt.

 

Und andere Menschen in unserer Umgebung?

In jeder Gesellschaft gibt es gewisse Idealvorstellungen. So wird bei uns ein erfülltes Leben üblicherweise mit einem gut bezahlten Job, beruflichen Entfaltungsmöglichkeiten, einem Partner, einem gemeinsamen Haus im Grünen und optimalerweise noch zwei Kindern verknüpft. Ein Ideal ist es geworden, weil sich über eine ganze Weile lang ein Großteil ihrer Mitglieder damit identifizieren konnten.

Mit diesen Vorstellungen sind wir alle aufgewachsen, sie sind in unseren Köpfen verankert und erscheinen uns wie das Normalste auf der Welt. Ist es aber auch das, was wir wirklich wollen? Will ich in 10 Jahren verheiratet sein und mit meinem Mann und meinen zwei Kindern auf dem Land leben? Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht. Nur, weil einige Menschen diesen Wunsch hegen, heißt es nicht, dass es meiner ist. Vielleicht will ich auf gar keinen Fall Kinder haben, weil ich die Quengelmaschinen einfach nur nervig finde.

An irgendeinem Punkt im Leben, am besten nicht zu spät, ist es unumgänglich sich damit auseinandersetzen, ob die Ideale der Gesellschaft, mit denen wir aufgewachsen sind mit unseren persönlichen Wünschen übereinstimmen oder ob wir sie einfach so oft gehört hat, dass wir denken, dass wir damit glücklich werden.

 

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Instagram & Co.

Wer von uns hat keinen Account auf Instagram oder ähnlichen Plattformen? Kein Teil von sozialen Medien zu sein, ist für viele von uns keine Option mehr, da deren Reichweite und Vernetzung zu groß geworden ist.

Beeinflusst werden wir unter anderem von erfolgreichen Influencern, die Fotos von ihrem tollen Körper, ihrer perfekten Beziehung, ihren neuen Klamotten, tollen Events, etc. posten #perfectlife. Ihr Feed erweckt in uns den Wunsch ein ähnlich schönes Leben zu führen wie die Person, die man online bewundert. Unbewusst werden wir von unseren Idolen auf sozialen Medien beeinflusst. Das muss nicht immer von negativer Natur sein, es gibt inspirierende Influencer wie zum Beispiel m0rrenita, die sich für mehr Realität auf Instagram, Bodypositivity und Selbstliebe einsetzt.

Unterscheiden sollten wir aber, inwiefern der Feed von bestimmten Leuten uns gut tut. Hierbei spreche ich nicht nur von den großen Accounts mit den Tausenden von Followern. Auch unsere Freunde, die ständig ihre neuesten Shoppingschätze und verliebte Fotos mit ihren Partnern posten, können uns herunterziehen mit ihren Posts.

 

Und ich?

Äußere Einflüsse schön und gut, aber jeder von uns hat einzigartige Anlagen in seiner DNA verankert, hat Erfahrungen gemacht, die ihn als Menschen auszeichnen. Wir sind nicht alle der offene, lebensfrohe, einnehmende Typ. Ich bin zum Beispiel nicht der Typ Mensch, der jedem seine Lebensgeschichte erzählt, ich tue mir schwer Entscheidungen zu fällen und lasse mich leicht stressen. Und das ist okay. Es liegt eben in der Natur meines Charakters.

Während der Suche nach den fehlenden Puzzleteilen unserer Persönlichkeit, müssen wir akzeptieren, dass sich sowohl unser Puzzlemotiv als auch jedes einzelne Teil von dem unserer Freunde und Idole unterscheiden kann. Wir sind nun mal Individuen, die lernen müssen, jede einzelne ihrer individuellen Stärken und Schwächen anzunehmen und irgendwann lieben zu lernen.

Ist das Leben ein Puzzle?

Vielleicht ist das Leben auch gar kein Puzzle sondern eher ein Fotoalbum von Schnappschüssen. In schwierigen Zeiten haben wir oft das Gefühl vor einem unlösbaren Rätsel zu stehen, weil unsere Freunde, Familie, Idole sowie gesellschaftliche Ideale und unsere inneren Anlagen uns in verschiedenste Richtungen zerren. Auf lange Zeit geht aber doch jede schwierige Phase als Momentaufnahme in die Sammlung ein, die so schön, bunt und individuell ist, wie jeder Einzelne von uns. Manche Fotos mögen aus der Reihe tanzen, aber anstatt vergeblich nach dem Perfekten zu suchen, lohnt es sich die Momente als bereichernde Erlebnisse zu sehen und als Schnappschüsse in das Fotoalbum unseres Lebens einzukleben.

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David

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Quelle: Farina Deutschmann

Kira Siefert: Mein Leben bestand aus Parallelwelten

Quelle: privat

Den Weg zur Heilung von ihrer Essstörung fand Kira Siefert unter anderem, indem sie sich viele Fragen gestellt hat. Heute teilt sie ihr Wissen in einem Podcast, einem Blog und einer Community und inspiriert Menschen mit ihrem Projekt „Soulfood Journey“. Luisa hat mit ihr über Parallelwelten, Ernährungspläne und Zukunftschancen gesprochen.

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LUISA für In-Cogito: Hallo Kira! Ich freue mich, dass wir miteinander sprechen können.

KIRA: Ich freue mich auch total und bin gespannt auf deine Fragen.

LUISA: Für die Leser, die dich noch nicht kennen: Wer bist du?

KIRA: Ich bin Kira, 29 Jahre alt und begleite Frauen mit einer Essstörung in der Nachsorge. Das heißt, ich helfe dabei, das Wissen, das in Therapien oder Kliniken über die eigene Essstörung oder Depression gelernt wurde, praktisch ins Leben zu integrieren und auch wirklich umzusetzen. Im Moment gibt es von mir einen Podcast, die Community, in welcher du mit Gleichgesinnten in Kontakt kommen kannst, das Eins-zu-eins-Coaching und nächstes Jahr erscheint mein erstes Buch.

LUISA: Sehr spannend! War deine jetzige Arbeit schon immer dein Berufswunsch?

KIRA: Ich hatte nie so einen richtigen Berufswunsch. Ich wollte immer alles mitnehmen, was man machen kann. Ich habe Abitur und eine Ausbildung zur Kauffrau für Spedition und Logistik gemacht, aber war eigentlich ohne Plan und habe letztendlich immer nur irgendetwas gemacht. Parallel war die Gesundheit auch immer ein großes Thema.

Es ist notwendig zu sprechen

LUISA: Kannst du beschreiben, inwiefern?

KIRA: Mein Leben bestand lange Zeit aus Parallelwelten. Auf der einen Seite wollte ich nach außen immer alles gut darstellen und dazugehören. Auf der anderen Seite war diese Leere durch meine Essstörung in mir, über die ich auch sehr lange geschwiegen habe.

LUISA: Inwiefern hat das Schweigen über die Essstörung die Situation erschwert?

KIRA: Wenn man ein Leben ohne Essstörung haben möchte, ist es unbedingt notwendig zu sprechen. Dabei ist es egal, ob man etwas noch nicht in Worte fassen kann. Sich dafür öffnen zu können bedeutet schon, dass du es dir selbst eingestehst. Dadurch entstand auch die Idee zu meinem Podcast. Ich hab es mir lange nicht eingestanden, habe somit auch nicht darüber gesprochen. In mir war komplette Leere, keine Freude und ich wusste nicht, wer ich bin. Da ist Austausch mit anderen so wertvoll, weil man sich richtig mit sich beschäftigt und immer wieder merkt: Andere haben genau dieselben Gedanken, Ansichten und Ängste wie ich. Ich bin nicht allein.

LUISA: Neue Entscheidungen zu treffen oder sich zu öffnen ist ja oft mit Ängsten verbunden. Wie kann man es schaffen, diese Ängste zu überwinden?

KIRA: Naja, wenn du an vor zwei Jahren denkst, wusstest du ja auch nicht, dass du heute das machst, was du gerade machst. Und das wäre alles nicht entstanden, wenn du bestimmte Entscheidungen, die dich natürlich Mut gekostet haben, nicht getroffen hättest. Ich glaube dass das Leben wie eine Kette ist und dass wir immer, bewusst oder unbewusst, Entscheidungen treffen, die immer ein Glied in dieser Kette sind.

Ein Moment darf neutral sein

LUISA: Kannst du das Bild von der Kette im Leben genauer beschreiben?

KIRA: Wenn wir in einem Muster festhängen wie einer Essstörung, sind viele Entscheidungen nicht bewusst und wir haben oft nicht das Gefühl, ein Teil unseres Lebens zu sein. Aber die Entwicklung, die jeder durch eine Essstörung erleben darf, kann zu einem ganz tiefen Verständnis für sich selbst führen. Dazu gehört auch, Entscheidungen für sich selbst zu treffen und Dinge umzusetzen und nicht nur darüber nachzudenken. Das reine Denken ist keine Erfahrung und hat nichts mit dem Erleben zu tun. Das Machen schenkt einem ein Gefühl und den Lebensmoment, den du dann als Erfahrungswert abspeichern kannst. Darauf kann dein Unterbewusstsein dann zugreifen und dir sagen: Das war eine super Erfahrung, davon kannst du mehr machen, das hat sich gut angefühlt.

LUISA: Wenn du dich in Phasen zurückversetzt, in welchen du das Gefühl hattest, du bist der Situation machtlos ausgeliefert und alles bricht über dir zusammen. Hast du Ratschläge, wie man es dann schaffen kann in das Tun zu kommen und nicht den Mut zu verlieren?

KIRA: Gedanken wie „Heute muss ich es aber schaffen“ oder „Jetzt habe ich es wieder nicht geschafft“ haben mich immer in diesem Kampf festgehalten. Ich habe mich selbst sehr damit unter Druck gesetzt, die Momente positiv sehen zu müssen. Mir hat es geholfen zu verstehen, dass ein Moment neutral sein darf. Ich kann es schaffen, mich nicht mit den Gedanken, die alles schwarz und schlecht machen, zu identifizieren. Ich kann mich davon lösen, ich kann mir dabei zuhören und zuschauen, wie ich mir die Welt gerade schlechtmache. Dadurch bekomme ich den Abstand zu den Gedanken und Gefühlen.

Es kann auch helfen, sich eine Art Anker zu bauen. Das können Bilder, Collagen oder Zettel an der Wand oder im Portemonnaie sein, welche einen motivieren und welche man im Laufe des Tages immer wieder zu Gesicht bekommt.

LUISA: Wodurch hast du verstanden, dass es im Tiefen einer Essstörung gar nicht um Problem mit dem Essen geht?

KIRA: Ich habe erst spät hingeschaut, denn es war lange ein normaler Bestandteil meines Lebens, den ich auch gar nicht loswerden wollte. Ich hatte Angst, dass mir etwas weggenommen wird, wenn ich es anspreche. Für mich ging es schon darum, gefallen zu wollen und das über das Körperbild zu steuern. Wahrgenommen habe ich auch damals schon, dass ich mich immer über das Gesehenwerden gefreut habe. Ich brauchte immer das Gefühl von „Ich bin jemand“, was aber da schon von der äußeren Bestätigung abhängig war. So richtig erkannt, dass Essen nicht die Lösung ist, hab ich tatsächlich erst, als ich in eine ganz intensive Auseinandersetzung mit mir als Person gegangen bin. Ich habe mich gefragt „Warum sollte ich mich die ganze Zeit mit Essen beschäftigen, wenn da gar nicht das Problem liegt?“.

LUISA: Dann musst du da aber bereits erkannt haben, dass das Essen nicht das Problem war, oder?

KIRA: Genau durch Fragen wie „Warum fühlt sich alles noch genauso an wie vorher, obwohl ich doch jetzt meine Ernährung so strukturiere? Warum verändert sich nichts? Warum fühlt es sich so anstrengend an?“ habe ich das erkannt.

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LUISA: Was hat dir geholfen?

KIRA: Ein Ernährungsplan beispielsweise hat mir dabei geholfen, überhaupt wieder eine Struktur in meine Ernährung zu bekommen. Ab dem Zeitpunkt, als ich mich in den Plänen gefangen gefühlt habe, war es wichtig zu erkennen, dass mein Heilungsweg nicht darin liegt, den Ernährungsplan eins zu eins umzusetzen. Vielmehr ist es wichtig, frei von Mustern zu werden, die ich mir selbst auferlegt habe. Dadurch habe ich erst erkannt, dass Essen nicht das Problem und somit auch nicht die Lösung ist. Ich habe begonnen mich und meine Körpersprache so gut zu verstehen, dass ich meine Ernährung nach meinem inneren und nicht nach einem äußeren System richten konnte.

LUISA: Dieser Prozess braucht ja auch Zeit, welche man sich selbst zugestehen muss um ohne Druck an sich zu arbeiten…

KIRA: Ja, aber dazu gehört auch, noch in diesem Leid sein zu wollen. Das klingt immer fies, aber es ist so. Also sich selbst bemitleiden zu wollen. Das Opfer des eigenen Lebens sein zu wollen. Das ist häufig in einem Kreislauf verknüpft: Ich muss leiden, alle müssen sehen, dass es mir schlecht geht, damit ich das Gefühl habe, dass sie sich um mich kümmern oder dass ich gesehen werde oder Aufmerksamkeit bekomme. Allein das kann bereits ein Muster sein, das zur Realität der Essstörung dazugehört. Und das muss ich alles für mich selbst erkennen.

LUISA: Wie schafft man es, sich selbst bei Gedanken wie „Allen anderen geht es viel schlechter, ich habe die Hilfe nicht verdient“ ernster zu nehmen?

KIRA: Solche Gedanken lenken nur von dir selbst ab, um dich nicht mit dir selbst zu beschäftigen. Das ist ein Selbstbetrug und bedeutet, an der Essstörung festzuhalten. Mir hat es geholfen die Fragen zu stellen: „Was würde ich jetzt tun, wenn ich wüsste, dass mein Leben morgen vorbei ist? Was wäre das Letzte, was ich gedacht hätte? Was wäre das letzte, wie andere Menschen mich sehen?“ Durch die Konfrontation mit dem Tod sollst du erkennen, welchen hohen Wert der Moment hat, in dem du gerade bist und es schaffen, in ihm etwas Größeres als die Essstörung zu sehen. Je mehr du dich aufs Leben einlässt, desto weniger brauchst du die Essstörung.

LUISA: Wenn du Phasen hast, in denen du an dir zweifelst, wie sehen dann heute diese Fragen aus?

KIRA: Ich würde gern Glaubenssätze nennen, das heißt wie der ursprüngliche aussehen kann und wie er sein kann, wenn du ihn für dich transformierst.

  1. „Ich schaffe es einfach nicht“ wird zu „Ich bin es mir wert zu heilen und zu leben“.
  2. „Ich bin nichts, außer meiner Essstörung“ erweitert zu „Ich möchte mein wahres Selbst kennen lernen“.
  3. „Ich muss es jetzt allein schaffen“ transformiert in „Ich gehe meinen Weg gemeinsam statt einsam“.

LUISA: Hast du bestimmte Pläne, wohin es mit deinem Projekt „Soulfood Journey“ noch gehen soll?

KIRA: Einen Schritt für Schritt Plan gibt es nicht. Im Moment stelle ich mir vor, dass es eine Nachsorgeplattform ist, auf der du Unterstützung durch den Einsatz alternativer Methoden bekommst. Diese kommen aus den Bereichen Achtsamkeit, Meditation, Selbstmitgefühl und achtsames Essen. Meistens ergeben sich die nächsten Schritte ja auf dem Weg!

LUISA: Ich danke dir von Herzen für deine ausführlichen und ehrlichen Antworten!

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Julia

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Quelle: Bild von Tú Anh auf Pixabay

Ist es schlimm, dass ich keinen Partner habe?

Quelle: privat

Wer kennt es: In der Gruppe steigt die Zahl der Pärchen stetig an und ehe man sich versieht, werden Pärchenabende veranstaltet, an denen die Anwesenheit der Singles schlichtweg unerwünscht scheint. An den anderen Treffen fühlt man sich dann auch ganz schön fehl am Platz, zwischen all den Liebenden. Aber ist es wirklich so schlimm, nicht in einer (festen) Beziehung zu sein? Und warum empfinden manche das überhaupt so?

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Mit Mitte 20 muss ich feststellen, dass die Zahl der Singles in meinem Freundeskreis drastisch schrumpft. In meiner ältesten Clique bin ich jetzt tatsächlich eine von zwei verbleibenden Singles, alle anderen jungen Männer und Frauen sind in einer Beziehung. Es ist allerdings überhaupt nicht so, dass sich diese Paare nur mit sich selbst beschäftigen. Ich fühle mich immer gehört und berücksichtigt. Trotzdem habe ich manchmal ein komisches Gefühl. Ich sehe und spüre, dass zwischen diesen Menschen besondere Verbindungen herrschen. Eine Berührung hier, ein Blick da. Diese Verbindung kenne ich natürlich. Die Intimität zwischen zwei Menschen, die sich lieben, ist einzigartig, voller Liebe und Verständnis füreinander.

Single zu sein, hat seine Vorteile

Allerdings: Als freiheitsliebender Mensch fühle ich mich schnell erdrückt, wenn ich merke, dass ich mehrere Tage ohne ein paar Stunden nur für mich war. Wenn man einen Partner hat, ist es nun mal so, dass auch dieser Pläne hat und man sich abstimmen muss. In vergangen Beziehungen ist es mir oft schwergefallen, gemeinsame Abende zu finden, an denen man die Zweisamkeit genießen kann.

Wenn man nicht in einer Beziehung ist, sieht das anders aus. Ich nutze die damit verbunden Unabhängigkeiten voll aus. Ich muss auf niemanden Rücksicht nehmen, wenn ich Entscheidungen treffe und kann jede Stunde meines Tages ganz nach meinen Wünschen planen. Trotz eines Vollzeitstudiums, eines Werkstudentenjobs und vielen Treffen mit Freunden habe ich immer die Gelegenheit, mir einen Abend nur für mich zu nehmen.

Ich fühle mich schnell erdrückt

Aber trotzdem gibt es Momente, in denen ich mir denke: „Jetzt ein liebevoller Kuss, eine innige Umarmung und dann kuscheln, das wäre schön.“ Woran liegt das? Vielleicht kennst du das und möchtest dich trotzdem gut fühlen als Single?

 

Programmiert auf Familie?

Sind wir biologisch programmiert, uns zu verlieben und eine Familie zu gründen?Grundsätzlich denke ich schon, dass ein großer Teil der Menschen so gemacht ist, dass sie sich einen festen Partner wünschen und mit diesem auch eine Familie gründen wollen. Tatsächlich hat sich auch die Wissenschaft mit diesem Thema schon eingehend beschäftigt. Es gibt da zum Beispiel die „Grand and Glueck Adult Development Study“, im Rahmen derer Harvard-Forscher schon seit etwa 80 Jahren die Entwicklung von Erwachsenen erforschen. Fast 100 Jahre haben die Wissenschaftler die gleichen Leute begleitet und konnten dabei beobachten wie sich ein bestimmtes Ergebnis immer deutlicher herauskristallisierte: Gute und vor allem innige und tiefe Beziehungen zu anderen Menschen, ob Freunde oder Partner, sind ein wesentlicher Faktor dafür, dass wir glücklich sind. Erfolg im Beruf oder ein gut gefüllter Geldbeutel konnten mit der Relevanz von Beziehungen in Sachen Wohlergehen nicht mithalten.

Aber so etwas finde ich doch bei engen Freunden genauso. Ich kann mich glücklich schätzen, sehr enge Freunde zu haben, mit denen stundenlanges Reden, Herzausschütten und Lachen fließend ineinander übergehen. Und ich bin mir selbst ein guter Freund, würde ich sagen. Was macht feste Partner also so besonders? Wonach sehne ich mich denn nun, das ich nicht von meinen Freunden bekomme?

Psychologen haben eine Vermutung, was eine romantische Beziehung von selbst den innigsten Freundschaften trennt. Es ist wohl das unbedingte Vertrauen und die Vielzahl an Gründen, warum wir eine Beziehung mit jemandem eingehen (wollen). Zusammen ergibt sich daraus ein intimes Gemeinschaftsgefühl und eine gemeinsame Zukunftsvision, und dieses unbeschreiblich kraftvolle Gefühl:

  • Das Gefühl, zu wissen, dass dich jemand trotz deiner Fehler bedingungslos liebt.
  • Das Gefühl, jemand anderem zu versprechen, gemeinsam durch dick und dünn zu gehen.
  • Das Gefühl, mit jemandem im Einklang zu sein, egal, wie anders und nervig diese Person manchmal sein kann.
  • Das Gefühl, zu wissen, dass du auch an deinen schlechtesten Tagen das Beste bist, was jemand anderem passiert ist.

Dieses besondere Gefühl kann man bei der einen Frau, dem einen Mann, dem einen Menschen finden – oder in einer polyamorösen Beziehung mit mehreren Partnern – Was in vielen typischen Studien fehlt, sind Menschen, deren sexuelle Orientierung nicht auf monogam und/oder hetero ausgerichtet ist. Manchmal halten diese Beziehungen kurze Zeit, Jahre, manchmal ein Leben lang. 

 

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Stimmt etwas mit mir nicht, weil ich keinen Partner finde?

Und manchmal erlebt man dieses Gefühl vielleicht nie? Bin ich vielleicht einfach niemand, der dieses Gefühl in jemand anderem auslöst? Warum habe ich es schon länger nicht mehr gespürt? Wie ich bereits gesagt habe, ist es nicht so, dass ich mir nie wünsche, einen Partner zu haben. Ich sehe mich in meiner Zukunft definitiv mit einem festen Partner, mit dem ich vielleicht auch Kinder haben möchte. Und ja, die Intimität einer Beziehung fehlt mir irgendwo.

Grundsätzlich fühle ich mich als ledige junge Frau überhaupt nicht unwohl. Ich suche nicht aktiv nach einem Partner, sondern nehme meine aktuelle Lebensphase bewusst als einen Abschnitt wahr, in dem ich mich um mich selbst kümmere und an mir selbst arbeite. Ich bin eben gerade in einer Position, in der ich mich mehr auf mich fokussieren muss und kann. Ich feile an meiner Karriere, gehe altvertrauten Hobbies nach, entdecke neue, und versuche durch all das mich selbst so gut es geht kennenzulernen. Ich sehe mich nicht in der Lage, zu viele Abstriche für einen Partner zu machen. Mein Bildungshintergrund verlangt es von mir, für potenzielle Jobs geographisch flexibel zu bleiben. Und das ist völlig okay so. Sobald ich mich karrieretechnisch sicher fühle, könnte ich mir definitiv vorstellen, mich einer Beziehung zu öffnen. Dabei darf ich nur nicht vergessen, mich nicht vor einem Menschen zu verschließen, der trotz allem zu mir passen würde, auch emotional.

Alles hat seine Zeit

Abschließend möchte ich nochmal betonen: Es ist okay und auch normal, sich manchmal einsam zu fühlen. Das kann dir auch passieren, wenn du in einer Beziehung bist, und muss nicht zwingend etwa mit dem Partner zu tun haben. Vor allem, wenn du noch jung bist ist es überhaupt nicht schlimm, wenn du noch nicht die eine Person/die Personen gefunden hat, mit der/denen du den Rest deines Lebens verbringen willst. Oft ist es gar nicht unklug, erstmal mit an sich selbst zu arbeiten und sein zukünftiges Ich zu formen. Wichtig ist, dass du deinem Herzen folgst und das tust, was dir guttut. Auch musst du immer bedenken, dass man Gefühle nicht erzwingen kann. Weder die eigenen, noch die des potenziellen Partners. Habe Vertrauen, dass du eines Tages erkennst, wenn es einfach passt.

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Anna Feuerbach

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Plötzlich ging nichts mehr: Mein Weg in die Psychiatrie

Quelle: Bild von Free-Photos auf Pixabay

Hope, 28

Psychiatrie, Klapse, Irrenanstalt, Ort der Verrückten… Alles keine hübschen Wörter. Doch sobald der Begriff „Psychiatrie“ fiel, waren das die ersten Assoziationen, die mir dazu einfielen. Generell löste dieses Wort in mir eine sofortige Beklemmung aus. Zwar hatte ich bis vor wenigen Jahren nie Leute kennengelernt, die einmal in einer waren, doch aus Nachrichten, Medien und Co. glaubte ich zu wissen, dass dies ein Ort war für eben nicht „ganz normale“ Menschen. Was würden denn die Leute in meinem Umfeld über mich denken? Galt ich dann als irre? Als verrückt?

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Hätte mir jemand vor ein paar Jahren gesagt, dass ich mich einmal selbst in eine psychiatrische Klinik einweisen lassen würde, hätte ich ihn für verrückt erklärt. Niemals hätte ich geglaubt, an welche Grenzen mich diese Erkrankung bringen könnte.
Leider kam auch aus meinem Umfeld kein positiver Zuspruch. In meiner Familie herrschte der Grundsatz, dass psychische Erkrankungen nicht wirklich existierten. Falls das Thema doch mal aufkam, wurde freundlich und mitleidig genickt, doch ein wirkliches Verständnis gab es nicht. Das Motto war: arbeiten und funktionieren, krank sein war nicht erlaubt.

Ich habe nur noch Leere in mir gespürt

„Es geht mir gut.“ Ein Satz der schon so oft über meine Lippen gekommen ist, dass ich ihn selbst irgendwann geglaubt habe. Ich dachte, ich hätte mein Leben im Griff. Aber in mir drinnen fühlte ich meistens nur noch eine große Leere. Das Leben war immer mehr zu einem alltäglichen Kampf geworden. Selbst kleine Dinge, wie einkaufen gehen, kochen, den Haushalt führen, waren für mich in dieser Zeit zur Überforderung geworden. Alles strengte mich an, ich fühlte mich pausenlos erschöpft und am Rande meiner Kraft. Nach außen hin wahrte ich stets den Schein, lächelte und lebte eigentlich eine Art Doppelleben. Früher traf ich mich gerne nach der Uni mit Freunden, ging mit ihnen aus. Doch die Vorstellung zwischen glücklichen Menschen zu stehen, während mir zum Weinen zu Mute war, stresste mich. Also blieb ich nachmittags und am Wochenende allein zu Hause. Freizeit kam mir sinnlos vor.

Wenn ich morgens aufwachte, kreisten meine Gedanken sofort um den anstehenden Tag. Was stand heute alles auf meiner To-do-Liste? Allein der Gedanken an die Aufgaben, löste in mir Beklemmung und Druck aus. Aber aufgeben, wollte ich auf keinen Fall.

Meine Körpersignale ignorierte ich

Nach wenigen Monaten in diesem Zustand bekam ich Herzrhythmusstörungen, ich schlief nur noch wenige Stunden. Mein Puls hämmerte und ich fühlte mich ständig unter Strom. Es fühlte sich an wie eine Achterbahn, die nie zum Halten kam, immer wieder hoch und runter. Mir wurde schwindelig. Meine Ansprüche an mich selbst, der Alltag, die Kraft, die ich in meine Maske stecken musste, das ständige Lächeln. Das alles zehrte an mir. Alles in mir drinnen fühlte sich taub an, irgendwie nicht mehr lebendig. Ich fühlte mich verloren.

 

Mein Körper schrie „Stopp“, doch ich ignorierte ihn und machte immer weiter. Erst als ich im Laufe eines Praktikums zusammenbrach – ich wurde ohnmächtig, weinte unaufhörlich und konnte mich einfach nicht mehr beruhigen – überlegte ich mir, Hilfe zu suchen.

Auf Zureden einer Freundin machte ich einen Termin bei der psychosozialen Beratungsstelle meiner Universität. Wir erarbeiteten Techniken zur Entspannung und Stressbewältigung, trotzdem empfahl man mir dort den Besuch bei einem Psychiater. Ich wusste über Depressionen und Burnout Bescheid. Doch die Ahnung, dass ich davon betroffen sein könnte, kam mir erst, als fast jegliche Kraft und Farbe aus meinem Leben gewichen war.

Burnout: Wer bin ich eigentlich?

Über den Hausarzt ließ ich mich zu einem Psychiater überweisen. Nach dem Gespräch und mehreren Fragebögen stand es fest. Die Diagnose: Erschöpfungsdepression, oder auch Burnout. Der Psychiater riet mir sehr zu einem Klinikaufenthalt, als ich ihm schilderte, wie überfordernd mein Alltag im Moment sei und wie wenig Kraft ich noch hatte. Zusätzlich bekam ich ein Antidepressivum verschrieben. Als ich an diesem Tag nach Hause kam, war ich froh diesen Gang zum Psychiater geschafft zu haben. Ich musste mir jetzt eingestehen, dass ich wirklich krank war und Hilfe brauchte.

Bis zum Anruf in einer Psychiatrischen Klinik haderte ich tagelang mit mir selbst. Einerseits wusste ich tief in mir drinnen, dass ich diese Hilfe unbedingt brauchte, doch andererseits war in mir eine riesige Angst diesen Schritt wirklich zu wagen.

In der sechswöchigen Wartezeit war ich krankgeschrieben. An guten Tagen machte ich kurze Spaziergänge, las ein Buch, dachte nach. Die meiste Zeit war ich aber so erschöpft, dass ich viel schlief und nur noch wenig von der Außenwelt mitbekam. Doch diese Zeit brachte mich auch zum Nachdenken. Was hatte ich in den letzten Monaten mir und meinem Körper angetan? Es drängte sich mir die Frage auf, was ich eigentlich im Leben erreichen wollte. Die Frage, wer und was ich bin, ohne „die Leistung“?

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In der Psychiatrie: Klinikalltag

Endlich in der Klinik aufgenommen, fühlte ich mich von Tag zu Tag wohler. Geschützt wie unter einer Glocke, hatte ich Zeit über mich und mein Leben nachzudenken. Der durchstrukturierte Alltag in der psychiatrischen Klinik tat mir gut. 7:30 – Vorstellung beim Pflegepersonal, danach Frühstück, anschließend morgendlicher Spaziergang. Am Vormittag Gruppentherapie, Ergotherapie, nachmittags sportliche Aktivitäten. Dazwischen Mittag- und Abendessen. Jeder Patient bekommt einen auf sich zugeschnittenen Plan. Die meisten Patienten unterziehen sich dieser intensiven Therapie für mindestens sechs Wochen, oft eher acht.

Heute habe ich Zeit

BurnoutQuelle: Photo by Vu Thu Giang on Unsplash.comQuelle: Photo by Vu Thu Giang on Unsplash.com
Nach ihrem Burnout lässt Hope es langsamer angehen.

Fernab von jeglichen Leistungsansprüchen vergingen die Tage und ich spürte wie ich wieder zu Kräften kam. Anfangs war es wirklich schwierig für mich, so etwas wie Entspannung zuzulassen. Schließlich hatte ich monatelang jegliche Entspannung vermieden. Aber ich lernte, dass die Welt nicht nur aus Arbeit und perfektionistischen Ansprüchen besteht. Dies war wohl eine der wichtigsten Erkenntnisse für mich. In der Therapie lernte ich, das Leben anders zu bewerten und mir vor allem weniger Druck zu machen. Alles war durchgeplant. Falls etwas nicht nach Plan verlief – zum Beispiel wenn jemand unpünktlich war – sah ich nur wie mein Zeitplan nicht mehr aufging und regte mich furchtbar auf.

Heute kann ich darüber hinwegsehen. Strikte Zeitpläne ohne Freizeit habe ich getrost in den Mülleimer geworfen. Ich habe Zeit und kann auch mal auf jemanden warten. Heute achte ich mehr auf meinen Körper und ziehe früher die Notbremse, auch wenn das heißt, nicht alle Aufgaben an einem Tag erledigen zu können. Der tiefe Fall in mein leeres Loch, aus dem ich nicht alleine wieder rauskam, hat mir gezeigt, dass Gesundheit das Wichtigste ist. Nicht das „perfekte Leben“. Nicht der Erfolg um jeden Preis.

Wie teile ich psychische Erkrankungen meinem Umfeld mit?

• Sage ganz offen und ehrlich: „Mir geht es nicht gut.“ oder „Ich habe das Gefühl, dass ich Hilfe brauchen könnte.“
• Mache dir Notizen. Schreibe auf, was dich im Moment belastet und versuche, deine Gefühle in Worte zu fassen.
• Hole dir Unterstützung durch eine/n gute/n Freund/in.
• Sprich mit deinen Eltern und/oder mache einen Termin beim Hausarzt zur genaueren Abklärung.
• Auch wenn es sehr viel Kraft und Mut kostet – nimm dir selbst den Druck und verschwende keine Energie mehr in die Aufrechterhaltung deiner Maske.
• Mache dir deutlich, dass Hilfe holen keinerlei Schwäche bedeutet.

*Kümmere dich um dich, wie eine gute Freundin*

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Julia Steppat

Fühlst du dich auch erschöpft?

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Schön, dass du da bist. Dieser Text könnte dich sehr berühren. Wenn du eine Essstörung, eine Depression oder Suizidgedanken hast, könnte dieser Text dir gerade nicht guttun. Bitte überlege dir, ob du ihn wirklich lesen möchtest. Hast du Redebedarf? Dann hilft dir vielleicht unser Angebot hier weiter.

Alles Liebe, Deine Incogito-Redaktion.

Quelle: evstyle/Unsplash

Eine Essstörung bedeutet nicht das Ende

Salome, 29

Ich werde nie wieder so dünn sein wie ich vor ein paar Jahren war. Und das ist auch gut so! Denn ich habe verstanden, dass ich nicht dünn sein muss, um glücklich zu sein. Ich darf ich sein, ganz egal wie ich aussehe.

 

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Mein Körper: Nicht gut genug

Ich hatte eine wirklich schöne Kindheit, hatte tolle Freunde und drei wundervolle Geschwister. Ich war ein absolut fröhliches Mädchen. Oft wurde ich als „der kleine Sonnenschein“ betitelt. In meiner Jugend fing ich dann irgendwann an, mir Gedanken über mein Aussehen zu machen. Ich verglich mich mit meinen Geschwistern und meinen Freundinnen, die alle von Natur aus schlanker waren als ich. Ich habe mir oft gewünscht, auch so dünn zu sein wie sie. Für mich war  „dünn sein“ mit „glücklich sein“, „attraktiv sein“ und „Erfolg“ verknüpft. Versteht mich nicht falsch, ich war nie besonders dick. Ich habe einen anderen Körperbau als meine Geschwister und bin nicht so drahtig.  Als ich in die Pubertät kam und langsam aber sicher immer weiblicher wurde, hat mich meine Statur immer mehr verunsichert. In der siebten Klasse hat mir meine damalige beste Freundin ziemlich hart die Freundschaft gekündigt. Sie meinte, dass ich „halt nicht mehr cool genug“ für sie sei und dass sie jetzt coolere Freunde hätte als mich. Das warf mich völlig aus der Bahn. Ich hatte auf einmal das Gefühl, nicht mehr gut genug für irgendetwas zu sein.

Erwachsen werden und ein gefährlicher Sinneswandel

Quelle: StockSnap/PixabayQuelle: StockSnap/Pixabay
Das Gefühl, nicht mehr genug zu sein, hat Salome angetrieben.

Als ich gerade mein Abitur gemacht hatte, haben meine Eltern sich getrennt. Alles in meinem Leben hat sich verändert: Ich bin von zu Hause ausgezogen, um in einer anderen Stadt zu studieren. Meine Geschwister waren auf einmal nicht mehr um mich und meine Freunde auch weit weg. Ich hatte das Gefühl, dass mir alles entgleitet und ich über nichts mehr die Kontrolle habe. Alles war im Umbruch. Aus einer fixen Idee heraus erschien mir dieser Zeitpunkt genau richtig, um jetzt wenigstens mein Gewicht „unter Kontrolle“ zu bekommen. Ich wollte damals all die positiven Attribute, die ich gedanklich mit dem Dünn sein verband, für mich selbst beanspruchen. In der neuen Phase meines Lebens wollte ich herausragen und mit meiner Schlankheit glänzen.

Schlank aber nicht glücklich

Die kleiner werdende  Zahl auf der Waage hat mich jeden Tag angespornt, weiterzumachen. Sie hat mich damals bestätigt und ich dachte, dass ich glücklich bin. Aber je mehr ich an Gewicht verlor, desto unglücklicher wurde ich. Ich war ständig gereizt und unzufrieden. Verabredungen zum Essen habe ich gehasst. Einen Abend mit mir zu verbringen, war alles andere als gemütlich: Beim gemeinsamen Kochen und Essen war ich völlig auf eine möglichst geringe Kalorienzufuhr fixiert. Ich hatte unglaubliche Angst davor, eines Tages wieder zuzunehmen. Ich befürchtete, dass meine Freunde sich dann von mir abwenden würden. Dass sie mich für undiszipliniert und wertlos halten würden.

Die Essstörung

Ich quälte mich, betrachtete meinen Körper als Feind, als gierig. Oberstes Ziel war es, seine Bedürfnisse zu unterdrücken und ihn zu kontrollieren. Im täglichen Kampf mit mir selbst war ich in den ersten Monaten immer die Gewinnerin. Aber irgendwann hatte ich einen Punkt erreicht, an dem meine inneren Körpersignale sehr laut wurden: Hunger, Magenschmerzen, Kreislaufprobleme …. Ich konnte nicht länger weghören. Auch aus meinem Umfeld kamen immer mehr Kommentare, dass ich aufhören soll, weiter abzunehmen. Meine Familie und Freunde machten sich große Sorgen um mich. Anfangs ignorierte ich sie und regte mich darüber auf, dass sie sich in mein Leben einmischen wollten. Ich wollte die Kontrolle nicht abgeben. Zu groß war die Angst vor Ablehnung, wenn ich wieder zunehmen sollte. Meine Mutter stellte mich schließlich vor die Wahl: Entweder ich nehme zu, oder ich muss in eine Klinik. Schließlich einigten wir uns auf die Variante ohne Klinik. Rückblickend denke ich, dass mir ein Aufenthalt in der Klinik oder eine Therapie vielleicht so einiges erspart hätte, was in den nächsten Jahren auf mich zukam. Ich hatte eine Essstörung und da ist man in einer professionellen Therapie am besten aufgehoben.

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Jahrelanger Kampf

Ich geriet in eine selbstzerstörerische Achterbahnfahrt. Damals wollte ich gar nicht wirklich gesund werden, sondern nur ein bisschen und ganz „kontrolliert“ zunehmen. Ich wollte, dass meine Familie und Freunde aufhören, sich um mich zu sorgen. Aber als ich wieder etwas mehr aß, schoss mein Körper in die Breite, in seine natürliche Form zurück. Daraufhin fing ich wieder an, heftig mit mir selbst zu kämpfen. Ich versuchte alles, um wieder ganz dünn zu werden: aberwitzige Diäten, wahnhaftes Sporttreiben und tagelanges Fasten. Ich litt unter riesigen Gewichtsschwankungen. Immer wenn ich wieder ein bisschen zugenommen hatte, ließ ich mir eine neue Methode einfallen, um die Kilos möglichst schnell wieder loszuwerden. Ich war unglücklich, schwach und genervt. Meine Gedanken kreisten nur ums Essen oder Nicht-Essen, um meinen zwanghaften Sport und meine Fastenzeiten. Und das ging so fast sechs Jahre lang. Es war eine schreckliche Spirale: Auf Hungertage folgten irgendwann Fressanfälle. Es ging mir in meinem ganzen Leben nie schlechter.

Ich war unglücklich, schwach und genervt.

Ich kam an den Punkt, an dem ich einfach nicht mehr wollte. Mein Leben erschien mir so grau und freudlos. Ich wollte mir das alles nicht mehr antun, ich wollte nicht mehr unglücklich, verbissen und immerzu gestresst sein. Ich wollte nicht mehr, dass sich mein ganzes Leben nur ums Essen und um meinen Sport dreht. Ich wollte mehr Zeit für mich selbst haben, für meine Freunde, mein soziales Leben. Ich wollte wieder so viel lachen wie früher, locker sein und einfach glücklich sein. Und ich wollte nicht, dass ich eines Tages auf mein Leben zurückschaue und denke: „Ich habe mein Leben nicht genossen und jetzt ist es zu spät.“

Frieden mit meinem Körper

Von der Entscheidung, dass ich etwas ändern muss, bis zu meinem heutigen Gefühlszustand ist jetzt ein dreiviertel Jahr vergangen. Es war ein langer Weg, den ich auch nicht alleine gegangen bin. Meine Eltern, meine Familie und meine Freundinnen waren für mich da. Ich habe Bücher gelesen und Podcasts gehört. Ich wollte Selbstliebe lernen. Das war schwierig, aber es ging in kleinen Schritten voran. Die Gespräche mit meiner Mutter haben mir sehr geholfen. Inzwischen sehe ich meinen Körper nicht mehr als Feind, sondern als meinen besten Freund. Ich ernähre mich so gut ich kann intuitiv und gebe meinem Körper möglichst stressfrei das, was er gerade braucht. Ich höre auf meinen Hunger und mein Körper kommuniziert ziemlich deutlich mit mir! Inzwischen esse ich ausgewogen und bin so dankbar, dass ich jetzt den Kopf frei habe für all die Dinge im Leben, die mir wirklich wichtig sind.

Meine Message an dich

Ich habe festgestellt, dass es mir wichtig ist, meine Geschichte mit der Welt zu teilen. Dadurch möchte ich auch anderen jungen Frauen Mut machen, ihren Körper so anzunehmen, wie er ist. Damit sie nicht denselben leidvollen Weg gehen müssen wie ich, um zu lernen: Es geht immer nur darum, wie du dich in deinem Körper fühlst. Wenn du dich wohlfühlst, dann strahlst du das auch aus! Wenn du dich attraktiv fühlst, dann wirst du auch als attraktiv wahrgenommen. Wenn du dich selbst liebst, dann strahlst du eine Selbstsicherheit aus, die dir ein ganz besonderes Auftreten verleiht.

Deshalb denke immer daran: Du musst nicht dünn sein, um glücklich zu sein! Es gibt solche und solche Körpertypen. Du darfst du sein und darfst dich so lieben, wie du bist!

Diese Bücher kann ich empfehlen:

Love your body – und schließe Frieden mit dir selbst von Morena Diaz

Curvy von Sarina Nowak

Rock your curves! von Angelina Kirsch

Intuitiv abnehmen (original: Intuitive Eating) von Elyse Resch und Evelyn Tribole

Ernährung für Körper & Seele von Louise L. Hay, Ahlea Khadro und Heather Dane

Dieser Podcast hat mir sehr geholfen:

Wohlfühlgewicht von Mareike Awe

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Amelie

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Diätwahn: Wie ich es geschafft habe auszusteigen

ElisaQuelle: privat

Elisa, 28

@Elisa.alvako

Ich zeige dir mein persönliches „Vorher-Nachher-Bild“. Allerdings nicht so, wie du es von Instagram gewohnt bist: Es geht um den Weg raus aus dem zerstörerischen Diätwahn hin zur Selbstakzeptanz. Außerdem spreche ich über die Beweggründe, warum wir krampfhaft abnehmen wollen und warum es so wichtig ist, wieder mit sich selbst in Einklang zu kommen.

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Vorher: Wenn alles, was zählt, dünn sein ist

Stell dir ein junges Mädchen vor, dessen Gedanken um Essen und Sport kreisen. Ein Mädchen, das jeden Tag zum Sport geht und dafür oft auf Zeit mit Freunden verzichtet. Das seine Ernährung streng kontrolliert – fernab vom natürlichen Hunger- und Sättigungsgefühl und gequält von vielen schlaflosen Nächten vor lauter gedanklichem Stress. Der Körper ist ausgelaugt, aber irgendwann schlank – glücklich ist sie trotzdem nicht. Ihr Selbstwertgefühl ist im Keller und der gesundheitliche Zustand auch. Ihre Periode bekommt sie nicht mehr.

Das war ich vor einigen Jahren.

Schlankheitswahn: Wer betroffen ist und was wirklich dahintersteckt

SchlankheitswahnQuelle: Photo by GesinaKunkel on UnsplashQuelle: Photo by GesinaKunkel on Unsplash
Ständiges Wiegen: ein Zeichen dafür, dass du dich zu sehr über dein Gewicht definierst

Wir leben in einer Gesellschaft, in der es leider schon fast normal ist, dass Frauen nicht mit sich selbst zufrieden sind  ̶  scheinbar gehört das zum Frausein dazu. Dieses Selbstbild wird Frauen überall in den Medien eingeflößt. Bei einer Umfrage der US-Frauenzeitschrift „Glamour“ wurden 1.000 Frauen bezüglich ihres Verhältnisses zu ihrem Körper befragt: Ganze 80 Prozent gaben an, sich nach dem Blick in den Spiegel schlecht zu fühlen. Im Vergleich dazu das Ergebnis der gleichen Umfrage von vor 30 Jahren, bei der nur 43 Prozent angaben, sich nicht wohl in ihrem Körper zu fühlen. Erschreckende Tendenzen.

Umso wichtiger ist es für mich, darüber zu sprechen. Immer mehr Mädchen und Frauen definieren sich über Zahlen wie Kleidergröße, Gewicht und Kalorien. Dabei ist es oftmals gar nicht der Wunsch nach dem Abnehmen per se, der sie antreibt: Wir suchen nach Anerkennung, Liebe und Aufmerksamkeit. Wir möchten dazu gehören und „schön“ in den Augen anderer sein – obwohl der Begriff „Schönheit“ sehr subjektiv ist. Uns wird vermittelt, dass wir dünn sein müssen, um erfolgreich, beliebt und glücklich zu sein. Im Endeffekt müssen wir aber feststellen, dass Diäten nicht funktionieren: Das krampfhaft abgenommene Gewicht wird oftmals wieder zugenommen (oder noch mehr!)  ̶  nur damit die nächste erfolglose Diät gestartet werden kann …

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Mein Wendepunkt: Raus aus der Diätspirale

Letztendlich muss jeder selbst die Ursache für den Wunsch nach mehr Anerkennung und Aufmerksamkeit erkennen. Ich bin damals an meinem persönlichen mentalen und körperlichen Tiefpunkt angelangt und habe festgestellt, dass ich das Leben, das ich zu der Zeit führte, nicht mehr aushalte. Deshalb habe ich angefangen, mich mit meinen Gefühlen, Problemen, Zweifeln und Ängsten auseinanderzusetzen. Ich suchte Inspirationen zu den Themen Intuitives Essen und Body Positivity  ̶  ich habe noch nie so viele Bücher gelesen wie in dieser Zeit. Durch den Input habe ich  über meine eigenen Gedanken und mein Handeln sehr viel nachgedacht.
Ich habe festgestellt, dass Diäten für mich nicht funktionieren und mir Lebensenergie rauben. Mir wurde klar, dass ich Abstand von der Diätkultur gewinnen musste.

Gerne nenne ich dir hier einige Inspirationen, die mir sehr weitergeholfen haben:

Instagram: @m0reniita, @bodyposipanda, @dietcultureinc, @thefuckitdiet, @laurathomasphd, @drjoshuawolrich

Bücher: Love Your Body – Morena Diaz, Intuitive Eating – Elyse Resch & Evelyn Tribole, Body Positive Power – Megan Jayne Crabbe, The Fuck It Diet – Caroline Dooner, Just eat it – Laura Thomas PhD

Diettalk: Mich selbst schützen lernen

Am Anfang stand für mich ein bewusster Umgang mit Social Media, Werbung und (Frauen-)Zeitschriften. Über all diese Wege wird uns vermittelt, dass wir nicht gut so sind, wie wir sind. Dass wir das Produkt XY kaufen müssen, um so auszusehen, wie die Models oder Influencer auf Instagram. Lange Zeit habe ich mich erst gar nicht auf Instagram angemeldet, um diese Trigger zu vermeiden. Da Social Media aber in unserer Gesellschaft sehr wichtig geworden ist, ist ein bewusster Umgang und das Entfolgen triggernder Accounts eine zielführende Maßnahme.

Die Tatsache, dass die Selbstperfektion und die Diätkultur allgegenwärtig sind und man immer wieder damit konfrontiert wird, macht es nicht leichter. Meine Freunde erzählen mir manchmal, dass sie sich nicht schön finden, dass sie Diät XY ausprobieren oder dass sie unbedingt abnehmen müssen. In solchen Situationen muss ich für mich selbst entscheiden, wie ich damit umgehe. Einerseits sind es meine Freunde und ich habe gerne ein offenes Ohr. Andererseits möchte ich mich in einigen Situationen auch selbst zu schützen.
Wenn mich dieser Diettalk triggert, versuche ich auch heute noch das Thema zu wechseln oder es offen anzusprechen, dass mir solche Gespräche nicht gut tun. Ich habe allerdings nach einiger Zeit die Erfahrung gemacht, dass solche Gespräche oder Kommentare bezüglich meines Aussehens immer weniger interessant für mich geworden sind.

Iss so viel, wie du hungrig bist

Das klingt zunächst sehr banal. Aber durch das Essen nach äußeren Regeln hatte ich den Bezug zu meinen körperlichen Bedürfnissen verloren. Hunger und Sättigung wieder zu erkennen und die Bedürfnisse entsprechend zu befriedigen, bedarf nach einer langen Diätperiode viel Übung. Es hat eine Weile gedauert, bis ich meinen Körper wieder „hören“ konnte. Manchmal hat man eben keinen Hunger am Morgen, manchmal frühstückt man zweimal. Ich musste lernen, dass alles seine Berechtigung hat und ich kein schlechtes Gewissen haben muss, weil ich die Bedürfnisse meines Körpers befriedige.

Danach: Mehr als mein Aussehen

Ich kann heute von mir sagen, dass ich mich total erleichtert und befreit fühle. Ich esse was ich möchte, wann ich möchte und mache Sport dann, wenn ich mich danach fühle. Ob ich zugenommen habe? Ja, das habe ich – trotzdem mag ich mich selbst mehr denn je, bin zufrieden und im Einklang mit mir selbst. Mein Aussehen erhält nicht mehr meine ganze Aufmerksamkeit, weil ich erkannt habe, dass ich mehr als mein Äußeres bin. Ich habe Selbstbewusstsein, Selbstannahme und Selbstwahrnehmung gelernt. Ich vergeude keine Energie mehr, um darüber nachzudenken, wann ich endlich wieder Essen darf oder welches Workout am meisten Kalorien verbrennt. Heute nutze ich stattdessen meine Energie, um mich selbst kennenzulernen, um mich weiterzuentwickeln und um zu erkennen, was ich mir für mein Leben wirklich wünsche. Das neugewonnene Selbstvertrauen hat mich beflügelt, viele wichtige Entscheidungen zu treffen und Autonomie zu gewinnen. Ich genieße es, entspannt und spontan mit meinen Freunden Essen zu gehen oder Popcorn im Kino zu naschen. Ich habe aber auch echten Genuss an Salat gefunden und mache viel Sport – aber nur, weil ich möchte, nicht weil ich muss.

Die Reise zu mir geht weiter

Vermutlich klingt das alles sehr einfach. Die Wahrheit ist aber, dass es für mich ein jahrelanger und immer noch andauernder Prozess ist. Ich habe an mir gearbeitet und lerne jeden Tag etwas Neues dazu. Ich lese zu diesen Themen viele Bücher. Ich habe geübt, auf die Signale meines Körpers zu hören: Sowohl körperlich, als auch psychisch. Aber ich kann nicht oft genug betonen, wie sehr es sich lohnt, diese Reise zu beginnen. Oftmals sind es zwei Schritte vor und dann wieder einen zurück. Losgehen ist das Ziel.

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Bianca

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